Donnersbergkreis Regieren via Ereigniskarte

Geschichten aus dem politischen Leben der Landeshauptstadt hat Andrea Nücken-Calvi in bei der Entwicklung in ihr Spiel mit einfl
Geschichten aus dem politischen Leben der Landeshauptstadt hat Andrea Nücken-Calvi in bei der Entwicklung in ihr Spiel mit einfließen lassen.

«MAINZ.» Die erste Ereigniskarte ist gleich ein Reinfall: „Das Mikrofon auf einer Veranstaltung der IHK ist kaputt, man hört dich schlecht – du verlierst einen Beliebtheitsstein“, heißt es auf der „Weltenlaufkarte“. Und es gibt noch mehr Hindernisse: Meine Plakatserie wird zerstört, die Miete meines Wahlkreisbüros wird teurer – und meine Trickserei mit der Spendenquittung ist beim Finanzamt aufgeflogen. „Wahlkampf in Mainz“ – das ist wahrlich kein Zuckerschlecken.

„Wahlkampf in Mainz“, so heißt das ungewöhnliche Brettspiel, das die Mainzerin Andrea Nücken-Calvi erfunden hat. „Ich wollte mal zeigen, wie viel Arbeit Wahlkampf ist und was das für die Politiker bedeutet“, sagt Nücken-Calvi. Bei ihrem Spiel schlüpft man in die Haut eines Politikers, bewegt sich auf verschlungenen Pfaden quer durch die Stadt. Gelb sind die Straßenwahlkampffelder, auf denen die Weltenlaufkarten gezogen werden, rot sind Medienfelder, dort finden Fernsehduelle oder Podiumsdiskussionen mit anderen Spielern statt. Die Kandidaten müssen Plakatserien kaufen und bekommen Penunzen als Startgeld. Wer am Ende die meisten Beliebtheitssteine gesammelt hat, gewinnt. Es kommt aufs Mittelmaß an“, sagt Nücken-Calvi schmunzelnd, „man darf nicht zu viel heiße Luft produzieren, aber auch nicht depressiv daher kommen.“ Sichtbar muss man sein, sich tummeln, seine Botschaften unters Volks bringen. „Ich wollte mal zeigen, was ein Politiker alles so machen muss, wie ein Wahlkampf gemacht wird“, sagt Nücken-Calvi, „viele Menschen wissen gar nicht, wie viel Arbeit dahinter steckt“. Die 47-Jährige spricht aus Erfahrung, sie selbst hat schon zahlreiche Wahlkämpfe mitgemacht, Flyer verteilt, Plakate geklebt, an Wahlkampfständen gestanden, aus Überzeugung. Ihr Wahlkampf-Spiel ist aber strikt neutral gehalten, es gibt keine Parteien oder Parteibotschaften, statt farbiger Spielsteine dienen Flusskiesel als Stellvertreter auf dem Spielfeld. Es geht um ganz praktische Aspekte des Politikerlebens, aber natürlich auch um Skandale. „Sie kandidieren Ihrer Partei wegen für ein Amt, obwohl Sie es wegen ihres Berufs aus Befangenheit gar nicht werden annehmen können“, rügt mich die nächste Ereigniskarte. „Das ist eine wahre Geschichte“, sagt Nücken-Calvi und lächelt fein. Tiefe Einblicke in die Parteiarbeit hat sie in den vielen Jahren gewonnen, die hat sie nun für das Brettspiel verarbeitet. „Ich selbst könnte auch nicht für ein Amt kandidieren“, sagt sie – Nücken-Calvi ist Beamtin bei der Stadt Mainz. 96 Geschichten hat sie auf den Ereigniskarten verarbeitet, auch viele positive sind dabei. Ich habe „eine gute Idee für die Lösung von Raumproblemen für junge Musikgruppen“ - und bekomme zwei Beliebtheitssteine. „Mir geht es um Demokratieförderung, Aufklärung und darum, Spaß zu haben“, betont Nücken-Calvi. Es werde so viel herumgemäkelt an Politikern und am Wahlkampf, dabei sei doch gerade die Auswahl wichtig für eine Demokratie. „Woanders lassen sich die Menschen verprügeln, um zur Wahl gehen zu können“, sagt Nücken-Calvi, „bei uns muss man die Leute beizerren“. Auch die vielen Helfer im Hintergrund will sie ein bisschen mit dem Spiel würdigen: „Die sind bei Wind und Wetter draußen, und dann gehen nur fünfzig Prozent wählen“, sagt sie, verstehen kann sie das nicht: „Wenn mir einer sagt, er weiß nicht, was er wählen soll, da krieg` ich `nen Föhn.“ Es gebe nun wirklich genug Auswahl, gerade jetzt seien die Politiker überall präsent, da könne man nun wirklich nicht mehr sagen, man kenne den Kandidaten nicht. „Die Leute machen sich leider nur wenig kundig“, seufzt sie. Die nächste Ereigniskarte kostet mich richtig Geld, meine Plakatserie in der Boppstraße ist gerade zerstört worden – die Realität lässt grüßen. Tatsächlich lässt einen das Spiel die Facetten eines Politikerlebens nachvollziehen, die Jagd nach Beliebtheit gestaltet sich ausgesprochen komplex und gar nicht so einfach – und zieht den Spieler in seinen Bann. Für vier Personen ist das Spiel ausgelegt, im Duell mit dem politischen Gegner verliert man mal und gewinnt dann wieder. „Man muss ein bisschen ins Risiko gehen, man braucht Würfelglück, und man muss auch ein bisschen strategisches Denken haben“, sagt die Erfinderin. Ihre Spielidee setzte sie gemeinsam mit einem Freunde, Holger Beckenbach, um. Einen Spieleverlag haben sie noch nicht gefunden, doch ein paar Exemplare des liebevoll gemachten Spiels sind schon fertig. INFO Wer Interesse hat: Für 35 Euro kann man das Spiel erwerben, Kontakt über die Internetzeitung Mainz& unter www.mainzund.de.

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