Donnersbergkreis Kirchheimbolanden will „W-Lan-Hauptstadt" werden

Wir sind digital: An immer mehr Stellen in Kibo ist mittlerweile freies Internet via W-Lan verfügbar. Innerhalb von nur knapp zwei Monaten hat die Initiative „Freifunk Westpfalz“ rund 80 Zugangsknoten geschaffen. Zahlreiche Gewerbetreibende, aber auch Privatleute machen beim „Bürgernetz“ bereits mit.

Kirchheimbolanden. Beim Friseur online Zeitung lesen, im Wartezimmer noch ein paar E-Mails beantworten oder im Café auf Facebook surfen – in Kirchheimbolanden ist das an vielen Stellen seit einigen Wochen keine Zukunftsmusik mehr. In großen Teilen der Stadt ist nun ein Internetzugang via W-Lan möglich, und das vollkommen kostenfrei und ohne Anmeldung. Der Initiative „Freifunk Westpfalz“, die auf den Chaos-Computer-Club in Kaiserslautern zurück geht, ist es durch die Unterstützung von Klaus Brand und Thomas Bock innerhalb kürzester Zeit gelungen, im Stadtzentrum das kostenlose Bürgernetz auszubauen. Im April war die Initiative in Kirchheimbolanden gestartet (wir berichteten). Seitdem konnten rund 80 Zugangsknoten mit W-Lan-Routern in Betrieb genommen werden. „Wir sind selbst begeistert von dem schnellen Erfolg“, sagt Klaus Brand, der die Idee des „Freifunkens“ aus Mainz mitgebracht hat. Dort ist die gemeinnützige Initiative schon seit längerem aktiv, hat rund 100 Router in ihrem Netz. „Dass es bei uns jetzt schon 80 sind, ist super“, freut sich Brand. Privat- und Geschäftsleute können ganz einfach mitmachen: „Nötig ist ein W-Lan-Router. Er muss lediglich die spezielle, kostenlose Freifunk-Software verarbeiten können“, erklärt Thomas Bock. Wer keinen geeigneten Router hat, sich aber dennoch beteiligen möchte, kann über die Initiative einen einfachen (Kosten rund 20 Euro) oder auch ein besseres Modell, das sogar im Freien aufgehängt werden kann (rund 65 Euro), bekommen. „Es gibt zwei Möglichkeiten, wie sich der Router dann mit dem Freifunknetz verbindet. Erstens: Er wird einfach nur irgendwo in eine Steckdose gesteckt und greift das Signal eines benachbarten Freifunk-W-Lan-Router auf und trägt es weiter. Quasi wie ein Verstärker“, so Bock. Die zweite Möglichkeit ist, dass der Router an das eigene DSL-Netz angeschlossen wird. Dann nutzt der Freifunk-Router die Bandbreite des eigenen Internetanschlusses und vergrößert so die Reichweite des gesamten Freifunk-Netzes. Zahlreiche Geschäftsleute, Gastronomen, Ärzte oder auch Hoteliers beteiligen sich bereits an dieser Idee und haben in den vergangenen Wochen einen Router installiert. „Neben den Kosten für das Gerät fallen nur minimale Stromkosten an“, sagt Bock. Die Vorteile seien dagegen vielfältig. „Für mich steht an erster Stelle der gemeinnützige Zweck“, sagt Brand. „Ich finde es großartig, dass durch das Freifunk-netz allen Menschen das Internet zugänglich gemacht wird. In Mainz werden so auch Flüchtlingsheime oder Studenten kostenlos versorgt.“ Außerdem sei der Freifunk ein echtes Bürgernetz. „Und zwar absolut dezentral. Jeder kann jederzeit mitmachen oder auch wieder aufhören“, sagt Bock. „Es gibt niemand, der irgendwo einfach den Stecker ziehen kann.“ „Der große Vorteil ist zudem, dass niemand seine eigene, private Internetverbindung freigeben muss. Ist der eigene Netzwerkschlüssel beispielsweise an Freunde rausgegeben, muss er schon aufwändig geändert werden, wenn man das nicht mehr will“, sagt Bock. Mit dem Freifunk könne Kunden oder Besuchern auch an Stellen eine Verbindung zu Verfügung gestellt werden, wo es sonst schwierig sei, beispielsweise in Arztpraxen, wo unter Umständen nicht gewünscht sei, dass Patienten über das praxiseigene Netz surften. Rechtliche Bedenken brauchen die Knoteninhaber laut Brand nicht zu haben. „Die Router selbst sind anonym und dienen nur zur Weiterleitung. Für all das, was fremde Nutzer im Internet tun, sind nur sie selbst verantwortlich. Rückschlüsse darauf, über welchen Router sie ins Internet gegangen sind, sind nicht möglich.“ Mit den rund 80 Routern, die bislang im Netz integriert sind, wollen sich Bock und Brand aber noch nicht zufriedengeben: „Das nächste Ziel ist es, Mainz mit 100 Knoten zu schlagen und W-Lan-Hauptstadt von Rheinland-Pfalz zu werden“, sagt Brand lachend. „Aber eigentlich geht es uns ja um eine flächendeckende Versorgung für alle. Das ist ja beispielsweise auch für Touristen ein Riesenbonus, wenn sie überall in Kirchheimbolanden kostenfrei ins Netz kommen.“ Dazu hoffen die Initiatoren, die sich ganz ausdrücklich nur als Mitstreiter der Gesamt-Initiative „Freifunk Westpfalz“ sehen, auf weitere Unterstützer. „Wir haben beispielsweise noch ein Loch zwischen AOK und Sparkasse“, sagt Bock. „Wir hoffen auf viele weitere Gewerbetreibende, die auch einen Router bei sich installieren. Toll wäre, wenn auch große Firmen, mit einem schnellen eigenen Breitbandzugang dazu kämen.“ Bock hofft aber auch auf das Engagement der Stadt. „Verschiedene politische Gruppierungen haben bereits acht Outdoor-Router gestiftet. Für die benötigen wir jetzt nur noch einen Platz in der Stadt zum Aufhängen. Da wäre doch die Stadthalle zum Beispiel perfekt.“ „Und nebenbei hätten künftig auch noch alle Besucher der Bierwoche, des Residenzfestes oder die Wohnmobil-Nutzer freies W-Lan. Das wäre doch prima“, findet Brand. Infoswww.freifunk-westpfalz.de —Fragen beantworten Thomas Bock (thbock@kibo24.de) und Klaus Brand (Klaus-G.Brand@web.de). —Ein Infoabend für alle Interessierten der Gruppe „Freifunk Westpfalz“ findet heute um 19 Uhr im Brauhaus Drey Kronen in Kirchheimbolanden statt.

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