Donnersbergkreis Kirchheimbolanden: Landrat Werner verabschiedet sich nach 26 Jahren

Einer der wichtigsten Verträge in Werners Amtszeit regelt die Verbrennung von Donnersberger Müll in Mainz. Hier die Unterzeichnu
Einer der wichtigsten Verträge in Werners Amtszeit regelt die Verbrennung von Donnersberger Müll in Mainz. Hier die Unterzeichnung im Januar 2000 mit dem Mainzer Umweltdezernenten Reichel.

Donnersberger Begegnungen: 26 Jahre lang war Winfried Werner Donnersberger Landrat – länger als seine drei Vorgänger

zusammen. Morgen wird er in der Stadthalle verabschiedet und gibt das Staffelholz weiter an seinen Nachfolger Rainer Guth. Wir sprachen mit dem scheidenden Landrat über seine lange Amtszeit, blicken in einigen Stichworten darauf zurück.

Dem Ruhestand geht er gelassen entgegen. „Ich hatte Zeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen“, sagt Noch-Landrat Winfried Werner mit entspanntem Schmunzeln. „Erstmal mache ich drei Monate gar nichts.“ Aufgaben bleiben ihm, etwa der Landesvorsitz bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, der Vorsitz im Nordpfälzer Geschichtsverein – „Geschichte macht mir Spaß“, merkt er hier an. Funktionen im Zusammenhang mit der Kreisverwaltung werde er dann aber nicht mehr ausüben.

Sozialdemokrat strebte immer Konsens an

Kreisgeschichte hat der Sozialdemokrat in 26 Jahren als Landrat und weiteren elf zuvor als Dezernent jedenfalls kräftig mitgeschrieben. Krankenhäuser, Müllentsorgung, Schulentwicklungsplanung, Kinderbetreuung, Bahnreaktivierungen, ÖPNV, Keltendorf und Keltengarten, der Ausbau des Tourismus, Wirtschaftsförderung: Die Liste der Stichworte, die für diese Jahre stehen, ist beliebig erweiterbar – darunter auch heftig Umstrittenes. Die Konfrontation zu suchen war dabei nie Mittel seiner Wahl. „Konsens ist etwas, was ich immer anstrebe.“ Möglichst viele mit tragfähigen Kompromissen mit ins Boot zu nehmen, Beschlüsse auf breite Zustimmung zu stellen: Dafür hat er oft zäh gerungen, in den Gremien, in Bürgerforen, hinter den Kulissen. „Es gab Tage in meinem Berufsleben, da habe ich nur telefoniert. Reden, Zuhören, Werben für eine Position.“ Salzberg Solche Eigenschaften wurden im ersten Jahrzehnt seiner Amtszeit stark strapaziert. Stichwort Salzberg. Der Streit um eine Kreismülldeponie bei Göllheim war die härteste politische Kontroverse dieser Jahre. Eine 1200 Mitglieder starke Bürgerinitiative begehrte gegen diesen Deponiestandort auf und kämpfte auch mit harten Bandagen, schockte mit Steckbriefen oder gar mit Galgen. „Das vergisst man nicht“, sagt Werner – gleichwohl sei mit der Zeit ein gutes Miteinander mit den damaligen BI-Protagonisten entstanden. Verletzungen seien keine zurückgeblieben. Ob er die Tatsache, dass die Deponie am Ende nicht gebaut wurde, als Niederlage empfunden habe? „Ich sehe die Sache zweigeteilt“, erwidert Werner. „Wir hatten einen Entsorgungsnotstand, die Deponie in Eisenberg war voll und Deponiekapazitäten waren damals ein teures Gut.“ Nur unter der Bedingung einer eigenen Deponieplanung habe der Kreis in Kusel einen zeitweiligen Abnehmer für seinen Müll gefunden – sonst hätte man den vielleicht nach Nordrhein-Westfalen karren müssen. Insofern sei eine solche Planung alternativlos gewesen. Dann drehten sich Markt und gesetzliche Vorgaben. „Im Nachhinein bin ich zufrieden damit, dass wir keine eigene Deponie gebraucht haben“, so Werner zu dem Projekt, für das schon Baurecht bestand, erste Aufträge ausgeschrieben waren. Im Januar 2000 brachte der Vertrag über die Müllverbrennung in Mainz die Müllentsorgung in den seither sicheren Hafen. Krankenhäuser Auch das andere große Thema der 90er, die Sicherung der Kreiskrankenhäuser, „hat große Wellen geschlagen“, erinnert sich Werner. Die zwischen West- und Ostkreis, zwischen Kibo und Rockenhausen seit Kreisgründung schwelenden Spannungen traten nochmal offen zutage. Die Zusammenführung beider Häuser 1994 in einer GmbH unter der Voraussetzung einer medizinischen Schwerpunktbildung – Chirurgie und Geburtshilfe in Kibo, Innere Medizin in Rockenhausen – löste in Rockenhausen sogar Demonstrationen aus. Aber: „Ohne die Zusammenführung wären die Krankenhäuser nicht zu halten gewesen – es gab schon Vorschläge, sie in Seniorenheime umzuwandeln. Und durch die Zusammenlegung kam dann viel Geld vom Land.“ Dabei sorgte die kreisinterne Diplomatie mit einem „Paketbeschluss“ für Kompensation: die Zusammenlegung der Krankenhäuser wurde verknüpft damit, dass nach einer Fusion der beiden Kreissparkassen der juristische Hauptsitz der neuen Sparkasse Donnersberg nach Rockenhausen gegeben wurde, auch wurde der Berufsschulstandort in Kibo zugunsten der in Rockenhausen und Eisenberg aufgelöst. Die Fusion mit dem Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern, mit der die bis heute bewährte Konstellation entstand, ging dann 2002 zumindest nach außen geräuschlos über die Bühne. „Eigentlich ist das ganz gut gelaufen“, zeigt sich Werner mit dem Stand der Dinge bei den Krankenhäusern auch mit Blick auf deren stetige Weiterentwicklung seither zufrieden. Schulen Im neuen Jahrzehnt ging es weniger turbulent zu, obwohl weiter um vieles gerungen werden musste. Beispiel: Schulentwicklungsplanung. Ende 2008 beschlossen, brachte sie für Eisenberg die IGS – die aber zuerst von Göllheim gewünscht war. An „viele lange Gespräche“ dazu erinnert sich Werner. Göllheim bekam dann eine Fachoberschule. Und in die auslaufende Regionalschule Alsenz zog die Erzieherfachschule ein und wurde damit neuer Standort der BBS – von der aber ungeliebt. Die geplante Zweizügigkeit hat die Schule dort nie erreicht. Den Vorwurf, dass mit der Verlegung nach Alsenz einer politischen Erwägung anderes hintangestellt worden sei, lässt Werner nicht gelten. „Ja, das war eine politische Entscheidung, die auch vom Land mitgetragen wurde. Schule ist schließlich Infrastruktur für die Region“, so Werner, der sich in der BBS mehr Aufgeschlossenheit für diese Außenstelle gewünscht hätte. Unterm Strich seien alle Schulstandorte im Kreis gestärkt worden, das schulische Angebot legte deutlich zu. Bahnreaktivierungen Ein Stück weiter wäre Werner gerne beim Thema Zellertalbahn – 2001 war ihre Reaktivierung für den Freizeitverkehr ein gefeierter Erfolg. Aber der erhoffte Regelbetrieb, wie im Eistal und zwischen Kibo und Alzey ermöglicht, ist auf der Zellertalbahn erstmal gescheitert, und bei der dringenden Ertüchtigung der Strecke stehe nun die Frage im Raum, ob die EU die Landesförderung eventuell als unzulässige Beihilfe bewerte. Könnte also sein, dass der für Oktober erwartete Bewilligungsbescheid einen für Investitionsentscheidungen problematischen Vorbehalt enthält. Beim ÖPNV ist in der Summe gleichwohl vieles vorangekommen, von der Einbindung in den VRN über Ruf- und Freizeittaxen bis zur Modernisierung der Busflotte. Die ganz große Hürde sieht Werner in den Köpfen der Donnersberger: „Das größte Problem ist noch immer, den Leuten klarzumachen, wie gut unser Angebot ist.“ „Denk“ Wie weit der Landkreis energiepolitisch vorangekommen ist, lässt den scheidenden Landrat selbst staunen. Den Kreis rechnerisch energieautark aufstellen: das war eine kühne Vision, mit der das Donnersberger Energiekonzept (Denk) 1998 an den Start ging. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir das Ziel nicht nur erreichen, sondern noch übertreffen“, bekennt Werner. Auch hier gab es stets Gegenwind etwa zum Windkraftausbau – siehe BI Bürger für ein zauberhaftes Zellertal. Aber auch aus entgegengesetzter Richtung: Als dem Kreistag 2005 eine Resolution gegen weiteren Windkraftausbau vorlag, demonstrierte dagegen die Juwi-Belegschaft im Kreistag. Damals waren 40 Windräder gesetzte Obergrenze. Heute recken über 100 die Rotoren in den Wind. Freilich, das eigene wirtschaftliche Engagement des Kreises schmälert diese Bilanz. Die Erträge der Windparkbeteiligungen der kreiseigenen AöR lassen Verluste befürchten. „Der Wind weht nicht wie erhofft, es liegt viel Geld im Feuer“, räumt Werner ein. Alle Gutachten hätten zuvor klar grünes Licht signalisiert. Es sei ja auch darum gegangen, nicht nur zu fördern, sondern auch selbst voranzugehen. Die AöR lasse zwar prüfen, wie ein Verkauf der Beteiligungen ablaufen könnte. Aber: „Ob die Entscheidung falsch war, wird man noch sehen.“ Investiert sei auf längere Sicht, da sollte man noch zuwarten. Kreisbewusstsein Viel von seinen Intentionen läuft zusammen in einem Begriff, der aus Werners Mund häufig zu hören war: Kreisbewusstsein. Kürzlich habe er seine ersten Reden als Landrat hervorgekramt, da habe dieser Begriff stets am Anfang gestanden. Die Menschen kreisweit zusammenzuführen, ihren Zusammenhalt zu stärken, ihre Mitwirkung zu gewinnen – das sei ihm stets Kernanliegen gewesen. Dem dienten kleinere Dinge wie die Reihe „Treffpunkt Donnersbergkreis“, eine Idee des unlängst verstorbenen Büroleiters Hartwig Wolfs – es freut Werner, dass sein Nachfolger Rainer Guth die Reihe fortsetzen will – oder der Kreisheimattag, der indes für den Entschuldungsfonds dem Rotstift zum Opfer fiel. Doch auch die Stärkung des Ehrenamtes, ein Kernthema Werners, oder eine Kreisumlage, die trotz hoher Verschuldung des Kreises unterm Landesdurchschnitt liegt, sollte dem Wir-Gefühl vor und hinterm Berg aufgeholfen werden. Die Entwicklung in Alsenz-Obermoschel, wo es einen Teil der Menschen Richtung Bad Kreuznach zieht, wirft hier zwar einen Schatten. Doch ist Werner überzeugt, dass das Kreisbewusstsein vorangekommen ist und sich – etwa bei Projekten in der Leader-Förderung, auch so ein Stichwort dieser Jahre – viele Gemeinsamkeiten entwickelt haben. „Der Kreis hat sich gut entwickelt“, sagt Werner. „Das ist nicht mein Werk, aber ich habe dazu beigetragen.“

Vereidigung 1991 durch Kreisbeigeordneten Ulrich Dittrich.
Vereidigung 1991 durch Kreisbeigeordneten Ulrich Dittrich.
Freut sich auf den Ruhestand: Winfried Werner.
Freut sich auf den Ruhestand: Winfried Werner.
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