Donnersbergkreis In Kibo sind die Wikinger los

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Kirchheimbolanden. Unter den vielen Kampfsportarten zählt Muay Thai, hierzulande auch als Thai-Boxen bekannt, zu den härteren. „Das ist Vollkontaktsport“, sagt Marc Wagner. Und es ist seine Leidenschaft. Damit ist der 42-Jährige nicht alleine. Selbstverteidigung lernen, fit bleiben – im Verein Vikings Muay Thai haben sich mittlerweile rund 70 Mitglieder zusammengeschlossen, die den Sport lernen und perfektionieren wollen. Seit Jahresbeginn hat der Verein in Kirchheimbolanden seine Heimat gefunden.

„Gerader Oberkörper! Die Knie so weit wie möglich nach oben!“ Kritisch lässt Marc Wagner den Blick über die rund 35 großen und kleinen Kampfsportler vor ihm wandern. Die haben sich im Kreis aufgestellt, immer ein Kind mit einem Erwachsenen, und lauschen aufmerksam den Anweisungen ihres Trainers. Es ist ein besonderes Muay-Thai-Training, das Wagner an diesem Tag abhält. Normalerweise üben in seinem Kampfsportstudio in der Gasstraße entweder Kinder oder Erwachsene. Heute aber ist alles anders. Jedes Kind hat sich einen erwachsenen „Buddy“ gesucht. Der soll seinen kleinen Schützling bei den Fitness- und Koordinationsübungen unterstützen. Den kleinen Kämpfern macht es sichtlich Spaß. „Kinder, ihr macht die Erwachsenen heute fertig! Ihr seid ja topfit!“, ruft Wagner schmunzelnd. Marc Wagner ist nicht nur Trainer, sondern auch Vorsitzender des Vereins. Der ist zwar bereits zwei Jahre alt, in Kirchheimbolanden aber ist er noch neu. Anfang Januar ist er von Mehlingen in die ehemaligen Räume einer Videothek in der Gasstraße übergesiedelt. „Meine Familie lebt hier“, erklärt Wagner, warum es ihn in den Donnersbergkreis gezogen hat. Nun baumeln in den neuen Räumen riesige Boxsäcke von der Decke, der Fußboden ist mit Matten ausgelegt. Fünfmal pro Woche werden hier neue Techniken einstudiert, arbeiten große und kleine Kämpfer an Fitness und Koordination. Muay Thai, erklärt Wagner, ist für viele Altersstufen geeignet. „Unsere Jüngsten sind drei, der Älteste ist 58“, sagt er. Gerade das Training mit den Kleinsten sei „sehr intensiv für die Trainer“, erzählt Wagner lächelnd. „Aber es lohnt sich.“ Mittlerweile bietet der Verein Übungsstunden für Erwachsene und Kinder an, auch Fitness-Thaiboxen für Frauen und Selbstverteidigung, beim Muay Thai „Pongkan Tua“ genannt, gehören zum Programm. „Wir verwenden nur thailändische Begriffe, wenn wir unterrichten“, merkt Wagner an und erklärt: „Bei uns liegt der Fokus überwiegend auf dem Breitensport. Aber wir haben mittwochs auch eine extra Einheit für Leistungssport.“ Als einziger C-Lizenz-Trainer des Vereins betreut Wagner derzeit noch alle Übungsstunden persönlich. Zu seinem Team zählen aber auch vier Trainer mit einer F-Lizenz. Langfristig sollen sie ebenfalls Stunden eigenständig übernehmen. Der Zuspruch ist groß. Regelmäßig, so Wagner, kämen neue Interessierte ins Training: „Zurzeit haben wir zehn Probeschüler.“ Das hänge einerseits mit der Qualität des Vereins zusammen, andererseits auch mit der Atmosphäre in der „Vikings-Familie“, wie Wagner sie nennt. „Bei uns ist die Gemeinschaft wichtig“, bestätigt auch Jott Fürwitt. Er ist eines von sieben Mitgliedern, die den sogenannten „Vikings-Rat“ an der Vereinsspitze bilden. „Wir sind überkonfessionell. Es spielt nur eine Rolle, dass man das Herz am rechten Fleck hat“, betont Fürwitt. „Der soziale Aspekt ist wichtig.“ Kinder und Jugendliche etwa würden durch den Sport selbstbewusst und fänden eine Gemeinschaft – abgesehen von der Ausbildung. Die Vikings – für Fürwitt eine bunte Gemeinschaft, „ein bisschen wie St. Pauli“, sagt er und grinst. Der Kampfsport Muay Thai hat sich aus den traditionellen thailändischen Kampfkünsten heraus entwickelt. Erst Anfang Dezember vergangenen Jahres hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) Muay Thai vorläufig anerkannt. Bis zur Vollmitgliedschaft im IOC dauert es noch drei Jahre, danach kann der internationale Muay-Thai-Verband IFMA beantragen, seinen Sport ins olympische Programm aufzunehmen. Ein langer Weg. Auch die Vikings aus Kirchheimbolanden haben sich viel für die Zukunft vorgenommen. Selbstverteidigungskurse an Schulen wie zum Beispiel „Muay Thai against drugs“. Vielleicht komme ja auch ein Sponsor auf sie zu, glauben Fürwitt und Wagner. Und der Vereinsvorsitzende hat noch einen Traum: die Landesmeisterschaften einmal nach Kirchheimbolanden zu holen. Die Organisation vor Ort „wäre ein Klacks“, glaubt er – schließlich halte die Familie zusammen. Das hat sie auch am vorigen Wochenende getan, als sich ein 50-Mann-Bus von Kirchheimbolanden auf den Weg nach Rommerskirchen (Nordrhein-Westfalen) zur Deutschen Meisterschaft gemacht hat. Dort wollte Wagners zehnjährige Tochter Solveigh in der Klasse bis elf Jahre und 42 Kilogramm antreten – eine Gegnerin hat es allerdings in dieser Kategorie nicht gegeben. Dieses Schicksal teilte ein elfjähriges Mädchen in der Klasse bis 67 Kilo. Kurzerhand stieg Solveigh – nachdem die Organisatoren grünes Licht gegeben hatten – außer Konkurrenz gegen die einen Kopf größere und über 20 Kilo schwerere Kontrahentin in den Ring. Erst nach drei packenden Runden und nicht ganz unumstritten musste sich die junge Nordpfälzerin geschlagen geben. Für ihren tollen Fight bekam sie aber nicht nur von mehreren neutralen Zuschauern, sondern auch von Dr. Peter Nelles – Ringarzt beim Profiboxen – großen Respekt gezollt. So kämpfen eben echte Wikinger ... Info www.vikings-muaythai.de

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