Donnersbergkreis In herrlichem französischem Licht

Soline Guillon vor der Stummorgel in der Paulskirche, die sie prachtvoll zum Klingen brachte. Das Konzert gehörte auch zum Progr
Soline Guillon vor der Stummorgel in der Paulskirche, die sie prachtvoll zum Klingen brachte. Das Konzert gehörte auch zum Programm des Doppeljubiläums von Sozialstation und Wolffstift.

«KIRCHHEIMBOLANDEN.» Wunderschön – das war das Orgelsommerkonzert mit der französischen, heute in Jülich lebenden und wirkenden Organistin Soline Guillon am Sonntagnachmittag in der Kirchheimbolander Paulskirche in mehrfacher Hinsicht. Ein recht stattliches Publikum hörte spürbar konzentriert zu und dankte hernach mit langem, herzlichen Applaus.

Wunderschön war die anspruchsvolle, abwechslungsreiche und beziehungsvolle Programmzusammenstellung, wunderschön war die elegante, leichte und souveräne, niemals strauchelnde Vortragsweise der Künstlerin, und wunderschön waren nicht zuletzt die farbigen zungen-stimmengesättigten – Trompete, Cornet, Vox humana kamen immer wieder zum Einsatz – Klangkombinationen, welche die Organistin der Stumm-Orgel zu entlocken wusste, ganz in französischer Tradition und erfreulicherweise deutlich stärker als das Gros deutscher Organisten das bei dieser Literatur tun würde. Hier zeigten sich auch die Stärken dieses ganz vorzüglichen Instruments. Im Zentrum des Programms stand Johann Sebastian Bach – die große Choralpartita über „Sei gegrüßet, Jesu gütig“, eine recht ausgedehnte Reihe von Varitationen eines Kirchenlieds, die man sinnvoll tatsächlich nur dann aufs Programm setzt, wenn das Instrument reiche klangliche Differenzierung ermöglicht. Davor Musik dreier frühbarocker Komponisten, die zwar noch nicht so komplex wie die Orgelkompositionen Bachs ist, aber viel zu schade, um unter dem Etikett „Vorläufer“ abgetan zu werden; danach Sprünge ins deutsche 19. und französische 20. Jahrhundert, denen die barocke Mozart-Orgel klanglich bemerkenswert gut gewachsen war. Ein schöner Beginn: Georg Böhms Präludium, Fuge und Postludium in g-Moll. Guillon maß den drei Teilen drei unterschiedliche Klangcharaktere zu: die recht einfach strukturierten Präludiumsakkorde wirken durch schnarrende, kraftvoll den Raum füllende Zungenregister. Die Fuge erfuhr eine klare, gewissermaßen nüchterne Interpretation im Prinzipalklang, in gemessenem Tempo und gleichmäßig-ruhiger Artikulation. Die Organistin strebte hier – wie meist auch sonst – mehr nach klanglicher Ausgewogenheit als nach markanter Hervorhebung charakteristischer Motive. Schließlich ein leichtes, transparent gebrachtes Flötenstück und wieder markante Schlussakkorde. Dietrich Buxtehudes Ciacona in c-Moll BuxW 159 brachte Soline Guillon in weitgehend gleichbleibender, nur gering variierter Klanggestalt. Auch hier hemmte nichts den Fluss der Musik, die man sich vielleicht aber doch etwas markanter gegliedert gewünscht hätte. In Vincent Lübecks Präludium Nr. 3 in d-Moll hingegen blieb in dieser Hinsicht kein Wunsch offen. Die Organistin stieg mit einem starken Pedalsolo ein, spielte in der Folge farbenreich frisch, vorwärtsdrängend, freudig und prachtvoll, setzte herrlich den Zungenchor ein. Auch der bereits erwähnten Bachpartita – völlig klar, verständlich und erfreulich gespielt – kam im Anschluss diese Registrierkunst zu Gute. Dann war es erstaunlich, wie bereits die ersten Akkorde in Gustav Merkels Choral „Schmücke dich“ eine ganz andere, nämlich romantisch-sehnsuchtsvolle Klangwelt evozierten. Zum wirklich großartigen Abschluss wurde Maurice Duruflés Variationswerk über den Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“, der von gleißendem flirrenden Akkordwerk umgeben erschien und schließlich zur prachtvollen Apotheose geführt wurde. Das war klanglich ganz französisch – und doch gar nicht weit von der Bach-Partita entfernt. Soline Guillon hat mit ihrem sehr sicheren, auf jede Effekthascherei verzichtendem Spiel ihr Publikum gewonnen und gab auf dessen großen Applaus hin noch eine köstlich modellierte Zugabe.

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