Donnersbergkreis Hilfe für Mutter von Kind mit Prader-Willi-Syndrom

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Der Hilferuf erreichte ihn über eine Frau aus dem Inner Wheel Club. Und die Lage der jungen Mutter aus Orbis, auf die er hingewiesen wurde, hat Jamill Sabbagh sehr bewegt und davon überzeugt, dass hier Hilfe durch die Donnersberger Initiative für Menschen in Not, die er leitet, angebracht ist. Ein Auto soll über Spenden finanziert werden. Ein Auto, das die junge alleinerziehende Mutter dringend benötigt, um zu den Therapien für ihren kleinen Sohn Jano zu kommen, der an den Folgen eines seltenen Gen-defektes leidet. „Da hat sich das Leben auf den Kopf gestellt“, charakterisiert Sabbagh die Situation.

Wer Ines Steinert begegnet, spürt zunächst nichts von der Problematik. Eine lebhafte, herzliche junge Frau empfängt den Besucher an ihrem kleinen Haus, auf ihrem Arm der kleine Jano, ein auf den ersten Blick zufriedenes, hübsches Baby mit wuscheligem Haarschopf. Der kleine Kerl aber hat ein schweres Schicksal: Er ist vom sogenannten Prader-Willi-Syndrom (PWS) betroffen, und das heißt für die alleinerziehende Mutter zweier Kinder: Betreuung, Sorge, Aufmerksamkeit rund um die Uhr, alle paar Wochen Klinikaufenthalte, bis zu fünfmal wöchentlich Therapien und Arzttermine, und das nicht eben um die Ecke. Die Anlaufstellen liegen vielmehr in Hannover, Essen, Heidelberg, Ludwigshafen, Karlsruhe. PWS ist ein Gendefekt mit dramtischen Folgen – Ines Steinert kommt ins Sprudeln, wenn es um die Krankheit ihres Sohnes geht, ihr Wissen über PWS ist immens. Zentral sei die Beeinträchtigung des Hypothalamus und damit des gesamten hormonellen Systems mit vielfältigen Auswirkungen. Jano sei auf einem Ohr taub, habe eine weiße Netzhaut und sei damit sehbehindert. Die Nierenfunktionen seien beeinträchtigt, Wachstum und körperliche Entwicklung stark verzögert. Besonders gravierend sei, dass PWS-Kinder einen äußerst schwachen Muskeltonus hätten. Jano habe wegen Problemen beim Schlucken über eine Magensonde ernährt werden müssen. Auch könne es zu Atemstillständen kommen. „Und später wird er immer Hunger haben“, sagt Ines Steinert – PWS-Betroffene könnten kein Sättigungsgefühl entwickeln. „Das Gefühl ähnelt einer Drogensucht. Manche essen Ungenießbares, gehen an die Mülltonne vor lauter Zwang nach Essen. Die Küche muss oftmals verschlossen werden. Die Menschen müssen dabei ihr ganzes Leben strenge Diät halten, da sie zu ihrer Problematik noch weniger Kalorien benötigen als gesunde Menschen. Ein regelrechter Teufelskreis“, schildert die junge Frau, was auf Jano zukommen wird: „Alles muss genau geplant und geregelt sein für die PWS-Betroffenen. Jano wird niemals alleine leben können, allein nur durch die Essenssucht“, fügt sie an. Adipositas und Diabetes seien typische Folgeerkrankungen. Und das ist nur ein Ausschnitt aus der Fülle gesundheitlicher Probleme. Mit der Situation steht Ines Steinert, die aus Worms stammt, längere Zeit am Main gelebt hat und wegen ihrer Arbeitsstelle nach Orbis gezogen ist, zudem weitgehend allein da. Ihre Familie unterstütze sie nach Kräften, kümmere sich um Nela, wenn wieder ein Klinikaufenthalt ansteht und mache sich Sorgen um ihre Situation. Doch sei die räumliche Distanz ein Problem, und ohnehin traue sich niemand eine Betreuung von Jano zu für den Fall, dass sie selbst mal krank werde. Lediglich eine Kinderkrankenschwester, die in Worms arbeite und Jano von klein auf kenne, habe ihr mal helfen können, als sie selbst ins Krankenhaus musste, wofür Ines Steinert äußerst dankbar ist: „Sie hat meine Lage mitgekriegt und den Jano liebgewonnen.“ Sorge bereite die Situation der fünfjährigen Tochter Nela, für die notgedrungen weniger Zeit bleibe. Es traf sie unvorbereitet. Vor der Geburt gab es keine Anzeichen einer Beeinträchtigung. Nach der Niederkunft vor acht Monaten sei indes schnell klar gewesen, dass mit dem kleinen Jano etwas nicht stimme. Mehrere Diagnosen standen im Raum. „Am Ende war ich froh, dass es Prader-Willi ist“, bekennt Ines Steinert in Anbetracht der anderen Diagnosen, die ihm keine Überlebensperspektive gelassen hätten. Die hat er mit PWS, auch wenn er immer in Gefahr schwebt. Ines Steinert aber hielt von Anfang an zu ihrem Kind. Und sie klagt nicht. Die Liebe zu ihm und seiner gesunden Schwester scheint sie über die Einschnitte in ihrem Alltag hinwegzutragen. Und diese Einschnitte sind tief. Ines Steinert, die als Biologisch-Technische Assistentin bei einem Medizinunternehmen in Wendelsheim beschäftigt ist, musste umgehend ihre Arbeit aufgeben – und ist ihrem Betrieb für seine Solidarität zutiefst dankbar. Ihre Stelle bleibt ihr erhalten, man habe sogar für sie gesammelt und frage regelmäßig nach, wie es dem kleinen Jano gehe, erzählt sie. Finanziell geht sie aber auf schmalem Grat. Sie lebt mit ihren Kindern vom Elterngeld, das nun demnächst ausläuft. In etwa einem Jahr kann Jano in der Lebenshilfe-Kita in Rockenhausen aufgenommen werden, so dass sie dann wieder 30 Wochenstunden arbeiten kann. Die Zwischenzeit muss sie aber überbrücken mit Hartz IV, was der 32-Jährigen sehr schwer fällt. „Ich arbeite, seit ich 18 bin“, sagt sie. Auf diesem schmalen finanziellen Grat ist das Auto der große Risikofaktor. Der Opel Astra, mit dem sie fast bundesweit von Arzt zu Arzt tourt, hat über 220.000 Kilometer auf dem Tacho, unlängst ging die Kupplung kaputt, da wurde ihr schon gesagt: Das lohnt sich nicht mehr. Sie hat kein Vertrauen mehr in den Wagen, hat Angst, mit ihrem Jano im falschen Moment liegenzubleiben. Ein neues Auto ist in ihrer finanziellen Lage – auch um vieles andere wie einen Reha-Buggy muss sie kämpfen – aber nicht drin. Deshalb will Sabbagh an dieser Stelle helfen. Die Not-Initiative werde Geld dazu beisteuern, auch die Inner-Wheel-Frauen hätten signalisiert, etwas dazugeben zu wollen, was der Club auf Nachfrage bestätigt hat. Für den Rest, der anzusetzen sei für einen guten gebrauchten und belastbaren Kombi, in dem man ein behindertes Kind transportieren kann, bittet Sabbagh nun um Spenden. Ines Steinert hätte diesen Schritt, in die Öffentlichkeit zu gehen und um Hilfe zu bitten, von sich aus nicht getan, bekennt sie mit Blick auf ein viele Jahre lang eigenständiges Leben. Nachdem ihr Fall an Inner Wheel und an Sabbagh gelangt und die Geschichte in Bewegung geraten ist, zeigt sie sich aber offen und dankbar, auch weil sie gerne über PWS – etwa eines von 15.000 bis 30.000 Kindern (es gibt dazu unterschiedliche Angaben) ist von diesem Genfehler betroffen – informieren und in Zusammenarbeit mit einschlägigen Organisationen gezielte Forschung fördern möchte. Sie hat inzwischen ein Video gedreht über Jano für die Internetseite der „One small step foundation for Prader-Willi research“, das dazu beitragen soll. „Ich glaube, es wird einfach Zeit, auch in Deutschland auf die Problematik und generell auf das Syndrom aufmerksam zu machen. Denn so selten ist diese komplexe Genmutation nicht.“ Spenden —Spenden können überwiesen werden auf das Konto der Donnersberger Initiative für Menschen in Not DE 1354 0519 9000 3001 1001 bei der Sparkasse Donnersberg, Stichwort: Jano. —Das sehr bewegende Video, das Ines Steinert über Janos schwierigen Weg ins Leben gedreht hat, ist zu finden unter: https://youtu.be/dPg0oMwnoaw —Ein Bericht über ihre Geschichte und ein Spendenaufruf zugunsten der PWS-Forschung findet sich unter: https://onesmallstep.fpwr.org/dw/users/jano/VirtualFundraiserEurope2017.

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