Donnersbergkreis Gehaltvolle Fest-Pause

«KIRCHHEIMBOLANDEN.» Über 150 Zuhörer – eine beachtliche Kulisse für ein Orgelkonzert und ein Zeichen dafür, dass sich gerade dieses Konzert immer größerer Beliebtheit erfreut: Martin Reitzigs musikalischer Beitrag zum Residenzfest. Wieder hatte der Bezirkskantor für sein Residenzfest-Orgelkonzert in der Paulskirche passend zum Anlass fröhliche, festliche Musik ausgewählt mit einem deutlichen Schwerpunkt in der Romantik.

Der große, anhaltende Beifall der Zuhörer erwirkte zum Schluss als Zugabe Mozarts 5. „Wunderkind“-Sonate – ihre beschwingte, luftige Heiterkeit wirkte wie eine Quintessenz des anvisierten freudigen Charakters dieses Konzertprogramms. Gleichwohl hielten in dieser Stunde immer wieder auch melancholische, träumerische Partien oder grell ausgeleuchtete Stimmungen den tänzerischen, munteren, festlichen Momenten die Waage. Bearbeitungen von Lob- und Dankchorälen von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) und Franz Liszt (1811-1886) setzte Reitzig in Kontrast zu Stücken der französischen Romantik – Orgelmusik von großer symphonischer Klangpracht. Mit Bob Chilcott und Stefan Ulrich kam auch die zeitgenössische Musiksprache zu Wort. Beeindruckend die Vielfalt und orchestrale Fülle der französischen Orgelmusik. Lebhaft und quirlig mit drängend pulsenden Akkorden, trumpfte eingangs Théodore Dubois’ (1837-1924) „Toccata in G-Dur“ auf, die sich zwischen kraftvollem Einstieg und Ausklang auch mal zurücknahm in ein zauberhaftes, pastorales Zwischenspiel. Ganz anders César Franck (1822-1890), von dessen „Grand Piece symphonique op. 12 Nr. 2“ Reitzig den Schlussteil spielte. Melancholisch, nachdenklich der Einstieg, dann das Vortasten in zunehmend spannungsgeladene Harmonien und die großen Kontraste zwischen den dominierenden Tonfolgen im Pedal in den dazu hingeworfenen flammenden Läufen, der Ausklang grell und voluminös mit sich auftürmenden Akkordfolgen. Heiterkeit – aber mit fast bedrohlichem Unterton. Wieder ganz anders Charles-Marie Widor (1844-1937). Der zweite Satz (Allegro cantabile) aus seiner berühmten 5. Orgelsinfonie war wie ein tiefes, entspanntes Atemholen, eine wehmütige Melodie über gemurmelten Akkorden, sanftmütig, volksliedhaft – ein zauberhaftes Stück, einnehmend und gefühlvoll gespielt. Die Entsprechungen aus der deutschen Romantik waren natürlich vom geistlichen Charakter der Kompositionen geprägt, beide auf Dankchorälen beruhend und damit deutlich mehr von Demut und Festlichkeit geprägt. Mendelssohns Choralvariationen über „Wie groß ist des Allmächt’gen Güte“ kosteten die Choralmelodie aus zwischen lichter Innigkeit und volltönendem Jubel, dabei vielfach an Bach erinnernd. Liszts Bearbeitung des Chorals „Nun danket alle Gott“, gut 60 Jahre später geschrieben, gab sich dagegen dramatischer und reicher an Kontrast, kam den Klangbildern der französischen Kollegen deutlich näher. Glanzlichter setzen stets Reitzigs Ausblicke in die zeitgenössische Musik. Sehr reizvoll: Bob Chilcotts (geb. 1955) „Sun Dance“, das mit grellen Akkorden zunächst den neuen Tag ankündigt, dann musikalisch zu schildern scheint, wie sich der Weckruf durch zähe Traumwelten arbeitet, bis die Sonne hell und machtvoll am Himmel steht und die Dämonen der Nacht vertrieben sind. Stefan Ulrichs (geb. 1955) „Intermezzo“ mutete dagegen an wie ein zartes Abendlied, meditativ und mit bluesigen Akzenten, auch das Glockenspiel kam zum Einsatz. Mehr nach Gospel und Jazz, mit stark rhythmischen Akzenten klang Ulrichs beschwingtes Rondo. Reitzig löste alle Aufgaben souverän, virtuos und mit sicherem Gespür für die passenden Ausdrucksmittel – und hatte zudem ein sehr reizvolles Programm zusammengestellt.

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