Donnersbergkreis Donnersbergkreis: "Fehlende Gründermentalität" bemängelt

„Wir brauchen das Handwerk“, betont Brigitte Mannert. Der Präsidentin der Handwerkskammer bereiten zwar manche Dinge Sorgen, sie
»Wir brauchen das Handwerk«, betont Brigitte Mannert. Der Präsidentin der Handwerkskammer bereiten zwar manche Dinge Sorgen, sie beobachtet aber auch einen Trendwechsel.

Wenn es um die Suche nach Nachwuchskräften geht, stehen auch im Donnersbergkreis viele kleinere Handwerksbetriebe oft vor Problemen.

«Rockenhausen.» „Ich habe das Gefühl“, sagt Brigitte Mannert, „dass wir irgendwann einmal soweit sind, dass bei einem Wasserrohrbruch keiner mehr kommt.“ Deutliche Worte von der Präsidentin der Handwerkskammer der Pfalz, die in Bayerfeld-Steckweiler lebt. Aber sie wählt diese in der RHEINPFALZ-Sommerredaktion auf der Terrasse des Hotels am Schloss in Rockenhausen aus gutem Grund. Denn die Suche nach Nachwuchs ist im Handwerk oft ein äußerst schwieriges Unterfangen. Auch im Donnersbergkreis. „Nachwuchs zu bekommen ist im Moment das größte Problem. Es gibt Handwerksbetriebe, die über Jahre hinweg keinen geeigneten Lehrling finden.“ Gründe dafür hat die 62-Jährige verschiedene ausgemacht. „Das Handwerk hat in der Öffentlichkeit nicht das Ansehen. Das ist schade.“ Mit Blick auf das Schulsystem ist aus ihrer Sicht nicht jede Entwicklung so gelungen gewesen. „Das dreigliedrige Schulsystem hatte auch seine Vorteile.“ Gerade die klassischen Realschulen, aber auch Hauptschulen hätten früher sehr guten berufsvorbereitenden Unterricht gehabt. Das gebe es heute durchaus auch noch an mancher Realschule plus oder Gesamtschule – aber: „In nur noch wenigen Schulen gibt es heute Werk- oder Kochunterricht. Da lernt man Maße und Gewicht kennen, lernt damit umzugehen. Learning by doing.“ Schüler kommen so in Berührung mit Dingen, für die sie sich später auch beruflich orientieren können. Ein weiteres Problem, das die Präsidentin der Handwerkskammer schon seit geraumer Zeit anspricht: Die Denkweise, ohne Studium seit man heutzutage nichts mehr wert. „Viele wissen gar nicht, dass man mit einem Abitur schon nach zwei Jahren seinen Gesellenbrief haben kann.“ Um die jungen Frauen und Männer besser zu informieren, gehe die Handwerkskammer nun auch in Gymnasien. Auch Studienabbrecher erhalten Tipps und Informationen für eine berufliche Perspektive im Handwerk. Nächster Punkt: der demografische Wandel. „Es gibt gerade in ländlichen Regionen nicht mehr so viele Kinder. Und diese werden dann durch die Schulen geschleust, durch das Studium.“ Dabei könne man auch mit einem Abschluss nach der zehnten Klasse gute Chancen für eine handwerkliche Berufsausbildung haben. Wenn Mannert in die Zukunft des Handwerks blickt, dann bilden sich gerade beim Gedanken an viele kleinere Betriebe einige Sorgenfalten auf ihrer Stirn. „Viele Firmeninhaber denken oft nicht daran, dass sie alt werden. In den nächsten Jahren stehen auch hier in der Region zig Betriebsnachfolgen an. Oft müssen dann Geschäfte zugemacht werden, weil kein Nachfolger da ist. Und oft sind das gute Geschäfte.“ Das hänge nicht nur mit dem fehlenden Weitblick von Firmenchefs zusammen, sondern auch mit der geringen Risikobereitschaft in der Bevölkerung. „Es ist keine Gründermentalität mehr da. Wenn die Leute gut verdienen, haben sie keine Lust, sich selbstständig zu machen.“ Die Handwerkskammer biete eine Begleitung bei Betriebsübergaben an. „Auch an Fremde. Wir helfen da beim Vermitteln, wenn jemand auf der Suche ist. Helfen, dass jemand nicht ins kalte Wasser springen muss, wenn er einen Betrieb gründen oder übernehmen will.“ Und es gibt für die Präsidentin gerade im Donnersbergkreis auch einige positive Beispiele, was Betriebsübernahmen betrifft. Sie denkt da beispielsweise an die Metzgerei Bessei. „Klasse, was die beiden Frauen da machen.“ Das sagt sie insbesondere mit Blick auf das neugestaltete Geschäft in der Rockenhausener Fußgängerzone. Auch bei der Bäckerei Kuhn – ebenfalls in Rockenhausen – habe man in der Vergangenheit erkennen können, dass eine Übergabe eines Betriebes gerade auch innerhalb der Familie wunderbar funktionieren könne. Nächstes Beispiel: Elektro Rahn in Schiersfeld. „Dort wurde einiges umgestellt. Die Übergabe von Vater an den Sohn gelang sehr gut.“ Oder das Heizungs- und Sanitärunternehmen Deiler in Alsenz. Das habe vor einigen Jahren der Mitarbeiter Michael Möll übernommen. „Was ich am Handwerk so schön finde ist, dass man während der Ausbildung schon selbstständig arbeiten und denken kann“, sagt Mannert. Eine Metzgerei oder eine Bäckerei vor Ort sei „etwas Tolles“. Generell beobachtet sie, dass die Menschen wieder „mehr Wert auf ein gutes Brot legen. Oder lieber ein Stück Fleisch weniger kaufen, dabei aber auf die Qualität achten. Ich bin froh, dass es da einen Trendwechsel gibt.“ Den wünscht sich die 62-Jährige aber auch in anderen Bereichen. So hätte sie gerne eine bessere Unterstützung bei Genehmigungsverfahren, wenn ein Betrieb anbauen oder umbauen möchte. Oder eine bessere Breitbandversorgung. „Auch für einen Handwerksbetrieb ist schnelles Internet heutzutage ein Muss. Das Handwerk ist nah am Verbraucher. Wir brauchen das Handwerk!“ Es ist ein Plädoyer der Handwerkskammer-Präsidentin. Ein Amt, das sie seit 2009 ausübt. Immer noch gerne. „Von vielen wird es positiv gesehen, dass dies von einer Frau ausgeübt wird. Mir macht die Arbeit Spaß.“ 2019 soll dann aber Schluss sein. „Dann bin ich 65. Zeit für jemand Jüngeres.“ Die Liebe zum Handwerk wird aber auch dann bleiben, betont sie. Und die Hoffnung ist da, dass auch in Zukunft Hilfe kommt, wenn es beispielsweise mal einen Wasserrohrbruch im eigenen Haus gibt. Brigitte Mannert will jedenfalls alles dafür tun, dass das Handwerk wieder besser angenommen wird. „Wir versuchen an allen Ecken anzusetzen.“

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