Kaiserslautern Zwölfjähriger mit Gewalt aus seiner Familie geholt

Ein zwölfjähriger Junge aus Kaiserslautern wurde aus seinem Zuhause unter Zwang von zwei Polizisten in ein Kinderheim gebracht. Das Amtsgericht hatte zuvor „Teile der elterlichen Sorge“ dem Jugendamt übertragen. Staatsanwaltschaft und Jugendamt gaben gestern über die Hintergründe keine Auskunft.

Der Einsatz von Jugendamt und Polizei in der Wohnung spielte sich am Donnerstag ab. In der vergangenen Woche verhandelte auch das Amtsgericht in der Familiensache. Es übertrug dem Jugendamt insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Bei dem Jungen soll es sich um einen Schulverweigerer handeln, der in einem Kinderheim untergebracht werden sollte. Das Gericht hatte ferner bestimmt, dass „unmittelbarer Zwang“ angewendet werden könne und das Jugendamt die Polizei hinzuziehen könne. Bei der Vollstreckung des Beschlusses am Donnerstag waren zwei Polizeibeamte dabei. Der Einsatz wurde zum Teil mit einem Handy gefilmt, der Film kursiert im Internet. Gestern ging daraufhin bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige ein, die auf diesen Film Bezug nimmt und den Beamten gefährliche Körperverletzung vorwirft. Der Leitende Oberstaatsanwalt, Udo Gehring, erklärte dazu gestern gegenüber der RHEINPFALZ, der Film und die polizeiliche Dokumentation über den Einsatz würden gesichtet: „Danach entscheiden wir, ob wir ermitteln.“ Auch das Jugendreferat wollte gestern „keine Auskünfte in einem laufenden Betreuungsfall“ geben, wie der Leiter des Referats, Willi Gillmann, erklärte. Er berief sich auf Datenschutz und Schweigepflicht. In dem Handyfilm ist zu sehen, wie zwei Polizeibeamte versuchen, den Zwölfjährigen aus der elterlichen Wohnung mitzunehmen. Zuerst erteilen sie einer Frau einen Platzverweis, fordern sie auf, die Wohnung und das Grundstück zu verlassen. Der Junge, der nicht freiwillig mitgehen will, bittet seine Mutter immer wieder um Hilfe: „Mama, hilf mir doch“, ruft er. „Ich kann dir doch nicht helfen“, gibt sie ihm mehrfach zur Antwort. Es spielen sich dramatische Szenen ab, in deren Verlauf die beiden Polizeibeamten dem schreienden Zwölfjährigen Handschellen anlegen. Er wehrt sich, beißt offenbar auch, einer der Polizisten scheint ihn während des Handgemenges zu treten. Mal reden die beiden Polizisten beruhigend auf ihn ein, mal werden sie böse. Mehrfach redet ihm seine Mutter zu: „Geh’ doch freiwillig mit. Ich kümmere mich dann um alles.“ Erst als der Junge verspricht mitzukommen, nehmen sie ihm die Fesseln ab und bringen in vors Haus, wo der Handyfilm, der gut eine Viertelstunde läuft, schließlich endet. (ita)

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