Kaiserslautern Wie ein Schweizer Uhrwerk

Wie ein Fels in der Brandung: Dirigentin Isabelle Ruf-Weber.
Wie ein Fels in der Brandung: Dirigentin Isabelle Ruf-Weber.

Das in allerhöchsten Tönen und Superlativen zu würdigende Konzert der Bläserphilharmonie Süd-West am Samstag im nur mäßig besuchten SWR-Studio war weit mehr als eine werbende Selbstdarstellung eines 1995 gegründeten überregionalen Auswahlorchesters. Das Konzert zeigte zugleich die erstaunliche Entwicklung des Laienmusizierwesens im Bläserbereich auf, die sich in rund 50 Jahren vollzog und förmlich explodierte.

Konventionelle Blasmusik in den Musikvereinen und Posaunenchören beinhaltet volkstümliche Ensembles im Stile der Oberkrainer, böhmisch-mährische Blasmusik nach dem Idol Ernst Mosch mit seinen „Egerländern“, gefolgt von der ebenfalls imitierten Bigband-Ära und auch Versuche, sich als Show- und Unterhaltungsorchester mit Revue und Varieté zu präsentieren. Schließlich setzten bislang Blechbläser-Ensembles die Tradition von Stadtpfeifern und Turmbläsern fort. Jede Besetzung und stilistische Ausrichtung, jedes Genre bringt eigene Herausforderungen mit sich. Doch der am Samstag vorgestellte sinfonisch-konzertante Bereich hat in dieser überaus hohen kompositorischen wie interpretatorischen Qualität darüber hinaus die Wirkung eines Leuchtturms, vielleicht gar eines Elfeinbeinturms. Der elitäre Charakter kommt durch den hohen Anspruch, das Miteinander von Musikstudenten, hochbegabten Laienmusikern und professionellen Kräften im südwestdeutschen Raum zustande. Und die in der Art von Ouvertüren, Sinfonischen Dichtungen und Konzertfantasien oder Suiten strukturierten Werke verlangen nicht nur den Ausführenden alles ab, Sie erschweren auch das Einhören, setzen bei den Interpreten und den Rezipienten einiges voraus. Weitere Grundsatzfragen bei diesem am Samstag monumentalen, ja bombastischen Programm – wie die sinfonische Ouvertüre von James Barnes – ergeben sich durch die erforderliche spieltechnische Brillanz im Holzregister: Die Klarinetten übernehmen hier und auch bei der Sphärenmusik von Philip Sparke die Rolle der Violinen im klassischen Sinfonie- und Theaterorchester. Also führend und zugleich in vielen Kapriolen immens gefordert. Welches regionale Blasorchester kann da annähernd mithalten? Ein weiteres grundsätzliches Problem zeigte sich dann bei den Suiten mit verschiedenen Tänzen nach historischen, bulgarischen, irischen und südamerikanischen Rhythmen. Das beinhaltete Takt- und Tempowechsel am laufenden Band, mitunter sogar innerhalb der Sätze. Eine Herkulesaufgabe also, für Spezialisten auf beiden Seiten des Dirigentenpultes. Die eine Seite war das in blendender Musizierlaune bestens disponierte und hochkonzentrierte Orchester, das sich in minuziöser spielerischer Präzision und nobler Klangkultur präsentierte. Dabei gut ausbalanciert und adäquat besetzt erklang, keinerlei Schwachstellen offenbarte. Selbst heikle Soli in Problemregistern wie Oboe oder Waldhorn gelangen immer wieder in superber Ausgewogenheit. Auf der anderen Seite stand die Dirigentin Isabelle Ruf-Weber wie ein Fels in der Brandung. Sie ist seit 2013 künstlerische Leiterin des Stadttheaters Sursee in der Schweiz, ist Gastdozentin an der Bundesakademie Trossingen im Fach Dirigieren und lehrte auch als Dozentin für Blasmusik-Direktion an der Musikhochschule Luzern. Ihre Schlagtechnik hat in den klaren Abläufen eine Präzision wie ein Schweizer Uhrwerk. Ihre fundierte Werkkenntnis und Übersicht sowie klaren Einsätze und werkgerechte Tempovorgaben waren sichere Garanten für den außerordentlichen Konzerterfolg. Im Hinblick auf diese Sternstunden war die Blasmusikszene unterrepräsentiert.

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