Kaiserslautern Mit Cello und Rucksack zur Wiege der Musik

Ende der 1970er machte sich die US-amerikansiche Cellistin Marcia Friedemann mit kleinem Gepäck und schmalem Geldbeutel auf nach Europa. Inzwischen heißt sie Cinato und hat musikalisch und privat Wurzeln im Landkreis wie am Pfalztheater geschlagen.

Zum Cello kam die stellvertretende Solo-Cellistin am Pfalztheater Kaiserslautern erst mit neun Jahren. Das Klavierspiel begann die kleine Marcia deutlich früher. Aufgewachsen im US-Bundesstaat North Carolina genoss sie schon als Vierjährige die pianistischen Qualitäten ihrer Mutter, die als Klavierlehrerin arbeitete und noch heute als 91-jährige gelegentlich spielt. Die Frage nach dem Haupt- und Nebeninstrument fand erst im Internat der „School of the Arts“ (eine Art Musikgymnasium) eine Antwort, als sie dort den international renommierten Konzertcellisten Janos Starke kennenlernte und von diesem unterrichtet wurde. Gleichzeitig begleitete sie dessen Celloklasse am Klavier und profitiert bis heute von dieser Fähigkeit. Als Studentin am Peabody Conservatory of Music in Baltimore lernte sie auch noch das Orgelspiel. 1977 schloss sie mit den Abschlüssen Bachelor und Master of Music ab. Der Bezirksverband Pfalz hat sie kürzlich für das 40. Dienstjubiläum geehrt. Was Ende der 1970er-Jahre folgte, klingt wie ein Abenteuerfilm, denn Marcia, damals noch Fräulein Friedemann, reiste mit Cello, einem Koffer und Rucksack und wenig Geld, aber viel Enthusiasmus, zur „Wiege der abendländischen Musikkultur“. Nach einem Umweg über Heidelberg kam sie in Wien an, nahm bei einem Cellisten der berühmten Wiener Philharmoniker Unterricht und spielte in einem Streichquartett. Noch heute ist sie voll des Lobes über die Offenheit und Freundlichkeit, die ihr entgegenschlugen. „Habe ich überhaupt Aussichten?“, war ihre bange Frage. Doch sie wurde zu allen Probespielterminen eingeladen, war immer in engster Auswahl, hatte nie mit Vorurteilen zu kämpfen. Und erspielte sich gleich beim ersten Termin im Göttinger Symphonieorchester eine Solostelle. 1980 wurden Marcia Stellen in Flensburg und Kaiserslautern angeboten. Sie entschied sich fürs Pfalztheater, wo eine stellvertretende Solostelle bessere Perspektiven bot. Vieles habe sich seit damals beim Theaterorchester verändert: „Damals waren wir nur zwei Frauen – und die Männer mindestens doppelt so alt und wir wurden hofiert“, erinnert sich Marcia. Mit sechs von zehn Diensten bei auswärtigen Terminen sei das Ensemble viel häufiger auf Dienstreisen gewesen, man habe mehr Zeit miteinander verbracht, die Atmosphäre sei familiärer und intensiver gewesen. Durch das Neue Haus (Marcia Cinato spielte noch 15 Jahre lang im früheren Haus am Fackelrondell) sei aber das Repertoire gewachsen, der künstlerische Anspruch gestiegen. Zum beruflichen Glück gesellte sich das private mit dem Musikerkollegen Franco Cinato. Parallel zum Theateralltag organisierte sie den familiären mit drei Kindern, was ihr rückblickend selbst kurios vorkommt. So fand sie in Beruf und Familie die Erfüllung, blieb in der Pfalz und wirkte neben den Theateraufführungen auch bei Kammerkonzerten mit. Überschattet wurde ihre Karriere erst vor einigen Jahren, als ein Karpaltunnelsyndrom an der Bogenhand diagonistiziert wurde. Eine Operation führte zur Symptomverschlimmerung und zu Taubheitsgefühl in zwei Fingern. Erst, als ihr nach weiteren Operationen Nerven aus dem Bein transplantiert wurden, trat eine leichte Verbesserung ein. Dennoch musste sie ihre ganze Lebensenergie einsetzen, um eine neue Form der Bogenführung zu entwickeln und an die frühere Leistungsfähigkeit anzuknüpfen. So will sie noch mindestens drei Jahre bis zum nahenden Ruhestand spielen, für den sie schon Pläne hat – natürlich musikalische: neue Instrumente lernen und andere Stilrichtungen. Ehemann Franco, inzwischen pensionert, hat sich schon dem Jazz verschrieben.

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