Kaiserslautern Kaiserslautern: Stefan Hofers Credo ist das Miteinander

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Stefan Hofer hat schon die Stufe der Auskenner erklommen. Er trägt seit Jahresbeginn den Chef-Kittel der Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin.

Ein eigenes Büro hat er noch nicht, aber Kaffee gibt es schon für den Besuch an seinem Arbeitsplatz. Professor Stefan Hofer strahlt Ruhe aus, das kann in einer Klinik mit Intensivpatienten und Notfällen, mit schwerst kranken Menschen nur von Vorteil sein. „Wir sind aufgestellt für Extremsituationen, wir müssen trainiert sein für Extremsituationen“, beschreibt der 46-Jährige einen Teil seiner Aufgaben in der Klinik, in der er mit gut 60 Beschäftigten zusammenarbeitet. Und um es noch deutlicher zu sagen, ergänzt er: „Wenn sie zu mir kommen, legen sie mal kurz ihr Leben in meine Hände.“ Auf der Intensivstation liegt ein Patient aus dem Kreis Kusel. Seit Jahresanfang wird er dort versorgt. Nach einem schweren Unfall. Lange Wochen sah er − im Bett auf dem Rücken liegend − nur die blau gestrichene Zimmerdecke. „Du liegst flach und nichts passiert“, verdeutlicht Stefan Hofer das Problem der Intensivpatienten: „Das ist das Schlimmste.“ Der Patient muss so schnell es geht aus der Horizontalen in die Vertikale. Dabei hilft der neue Mobilisierungsstuhl, den der Chefarzt angeschafft hat. Ein 13.000-Euro-Stuhl, der parallel zum Patientenbett aufgestellt wird und den man, wenn der Patient umgelagert wurde, von der Waagerechten in die Senkrechte stellen kann. Damit kann der Patient auch mal vor die Klinik-Tür gefahren werden, damit er Licht und Sonne sieht. Auch ein Liegefahrrad dient diesem Zweck: „Wer sich bewegen kann oder Muskeln aufbauen muss, der kann aufs Fahrrad“, sagt Hofer. Der Physiotherapeut Peter Zeugfang führt es an einem anderen Intensivpatienten vor: Liegend im Bett tritt der Kranke in die Pedale, die je nach Kraft leichter oder schwer gängiger eingestellt wird. Hofer stammt aus dem Stuttgarter Raum, beide Eltern waren Lehrer, weshalb seine „Sozialisierung“ viel mit Menschen, mit Jugendarbeit zu tun hatte. In Tübingen hat er nach dem Zivildienst ab 1993 Humanmedizin studiert. 2000 die Promotion, 2001 die Approbation; beruflich wissenschaftlicher Angestellter am Universitätsklinikum Heidelberg. Im selben Jahr Fachkundenachweis für den Rettungsdienst, 2004 die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin und schließlich 2006 die Anerkennung als Facharzt für Anästhesiologie. Ein Jahr ist er danach „ausgebüxt“, wie er es nennt, und arbeitete als Funktionsoberarzt in der kinderkardiologischen Intensivstation. 2007 ging er zurück in die Anästhesiologie und blieb dort. Bei seinem vorherigen Arbeitgeber, dem Universitätsklinikum Heidelberg, war Hofer schließlich ab 2008 Geschäftsführender Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie, erarbeitete sich 2010 die Zusatzbezeichnung spezielle anästhesiologische Intensivmedizin und erhielt Ende 2010 die Lehrbefugnis. Die Anästhesie ist seiner Meinung nach ein Querschnittsfach, eine Mischung aus vielen Fachbereichen. Wie viele Notfallmediziner fasst auch Hofer die Anästhesie unter den Schlagworten „Hours of boredom, minutes of thrill, seconds of terror“ zusammen. Das Fachgebiet mag aus Stunden der Langeweile und Minuten des Nervenkitzels bestehen, doch wenn die Sekunden des Terrors ticken, muss der Anästhesist richtig anpacken können, für alles zu gebrauchen sein. 20.000 Narkosen im Jahr, im Zentral-OP des Klinikums betreut die Anästhesie acht Säle, dazu kommen die Außenstellen des Krankenhauses. Mit dem Rettungsdienst sind die Mediziner auf den Straßen unterwegs: „Wir besetzen den Rettungsdienst mit zwei Autos.“ Die Therapeuten laufen durchs ganze Haus und machen Schmerztherapie auf den Stationen. Und: „Wir wollen uns an der Palliativmedizin beteiligen“, schildert der Chefarzt ein weit reichendes Fachgebiet. Die zentrale Frage im Rettungsdienst lautet seiner Ansicht nach: „Wie schnell muss ich beim Patienten sein?“ Sie stellt sich gerade für Häuser der Maximalversorgung wie dem Westpfalz-Klinikum, die ein großes Einzugsgebiet haben. Ein gleichzeitiges Schwinden der Hausärzte macht die Frage noch brisanter. Hofer sieht sich in der Pflicht, „unsere Patienten hierher zu bringen“, nicht nach Mainz oder sonstwohin. Denn: „Wir sind gut aufgestellt.“ Noch wohnt Stefan Hofer, der sich als Familienmensch bezeichnet, mit seiner Frau, einer Physiotherapeutin, und seinen drei Töchtern − bei Heidelberg. „Dort bestelle ich mein Feld.“ Will heißen: Er baut Kartoffeln, Salat, Tomaten, Kürbisse und anderes Grünzeug an. Apropos bauen: In Kaiserslautern würde er noch einmal ein Haus bauen. Das würde ihm Spaß machen. Weil es kreativ ist. Und fürs Leben sein muss.

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