Kaiserslautern Kaiserslautern: Das Erbe Müller-Emmerts

Vor dem Rathaus: Xaver Jung.
Vor dem Rathaus: Xaver Jung.

Xaver Jung, der CDU-Kandidat, will bei der Bundestagswahl das Direktmandat gewinnen, Gustav Herzog möchte die Erfolgsserie der SPD fortsetzen.

Der Wahlkreis Kaiserslautern war für die Sozialdemokraten in der Vergangenheit immer eine sichere Bank. Wer hier als SPD-Direktkandidat zur Bundestagswahl antrat, der konnte immer schon den Koffer in die Bundeshauptstadt packen. Sein Einzug in den Bundestag über das Direktmandat war eine klare Sache, noch bevor die Wähler an die Urnen gerufen wurden. Mit der Kandidatur von Adolf Müller-Emmert im Jahr 1961 begann für die SPD eine ununterbrochene Erfolgsserie, die zunächst ihn und in der Folge andere Kandidaten der Partei als direkt gewählte Wahlkreisabgeordnete in den Bundestag schickte. Zwischen 1961 und 1983 gewann Müller-Emmert, der zur politischen Vaterfigur im Wahlkreis Kaiserslautern wurde, sieben Mal das Direktmandat. In seine Fußstapfen traten ab 1987 zunächst die SPD-Politikerin Rose Götte, dann Hansjörg Schäfer und schließlich Gustav Herzog. Sie wahrten die Tradition, die Müller-Emmert mit dem regelmäßigen Wahlkreissieg aufgebaut hat, und setzten sich als Direktkandidaten im Wahlkreis immer durch. Gleichwohl: Die Luft ist für den SPD-Kandidaten im Wahlkreis Kaiserslautern dünner geworden. Bei der jüngsten Bundestagswahl 2013 lagen zwischen dem Wahlkreissieger Gustav Herzog und dem CDU-Herausforderer Xaver Jung nur noch 1,3 Prozentpunkte oder in absoluten Zahlen 2167 Erststimmen. Auf Herzog entfielen 38,5 Prozent, auf Jung 37,2 Prozent. Der Nimbus, ein tiefroter Wahlkreis zu sein, war schon bei der Bundestagswahl 2009 verloren gegangen, als die CDU erstmals bei den Zweitstimmen, den Parteistimmen, die auf langjährigen Erfolgen gebettete SPD überflügelte und dies bei der Bundestagswahl 2013 prozentual noch deutlicher tat. Was die Sozialdemokratie aber stolz die Fahne hoch halten ließ: Das prestigeträchtige Direktmandat blieb in ihren Händen ... Trotzdem: Der Wahlkreis Kaiserslautern, zu dem die Stadt Kaiserslautern, die Verbandsgemeinden Enkenbach-Alsenborn, Otterbach-Otterberg und Weilerbach im Landkreis Kaiserslautern sowie der Landkreis Kusel und der Donnersbergkreis gehören, behielt ein Alleinstellungsmerkmal im Land. Unter den 15 Wahlkreisen war er der einzige, der von einem SPD-Kandidaten direkt gewonnen wurde. Das gab ihm und seinem Wahlkreisabgeordneten in Berlin Gewicht. Es blieb ein politischer Schönheitsfehler, dass Gustav Herzog das Rennen um das Direktmandat gegen den CDU-Bewerber Xaver Jung in der Stadt Kaiserslautern und darüber hinaus in drei von damals noch fünf Verbandsgemeinden im Landkreis Kaiserslautern verlor. Die Ergebnisse, die er im Kreis Kusel und im Donnersbergkreis einfuhr, machten die Schlappen wett. Was passiert bei der Bundestagswahl am Sonntag, wenn es zu einer Neuauflage zwischen Gustav Herzog und Xaver Jung im Rennen um das Direktmandat kommt? Kann der SPD-Kandidat bei seiner vierten Kandidatur im Wahlkreis Kaiserslautern das Erbe des legendären Bundestagsabgeordneten Müller-Emmert, der 2011 in Neuhemsbach starb, fortführen? Für politische Beobachter ist es die spannendste aller Fragen. Die Entscheidung um das Direktmandat fällt vor dem Hintergrund schwacher bundesweiter Umfragewerte für die SPD und im Donnersbergkreis und im Kreis Kusel schmerzlicher Niederlagen für die Sozialdemokraten bei den jüngsten Landratswahlen. Im Kreis Kusel zeigte sich zuletzt eine regelrechte Wechselstimmung, weg von der SPD. Zu welcher Mobilisierung ist die SPD in ihrem früheren Stammland bei der Bundestagswahl in der Lage, und zu welcher der SPD-Kandidat selbst? Intensiv haben Gustav Herzog und Xaver Jung den Wahlkreis Kaiserslautern in den letzten Monaten rund um die Uhr beackert. Sie haben viele Möglichkeiten genutzt, sich dem Wahlvolk zu präsentieren. Gustav Herzog in dem Willen, das Wahlkreismandat zu behaupten, Xaver Jung in der Hoffnung, es erstmals seit 1957 wieder für die CDU zu holen. Der Wunsch, den Wahlkreis zu gewinnen, ist für Xaver Jung politisch existenziell. Nur ein Sieg im Rennen um das Direktmandat ist für ihn eine Garantie dafür, dass er nach 2013 erneut in den Bundestag einzieht. Ein Einzug über die Landesliste hängt davon ab, wie viele CDU-Kandidaten in Rheinland-Pfalz ihren Wahlkreis direkt gewinnen. Je mehr CDU-Bewerber das Direktmandat im Land holen, desto mehr verliert sein in einer Kampfkandidatur erstrittener Platz acht auf der Landesliste der Partei an Zugkraft. Die Wahlkreissieger ziehen an ihm vorbei ... Gustav Herzog und Xaver Jung waren im Wahlkampf auf breiten Kontakt mit den Wählern aus. Sie erfuhren prominente Unterstützung durch die Bundespolitik. Beide setzten auf Plakate und soziale Netzwerke. Sie präsentierten sich werbewirksam in hochglänzenden Imagefilmen. Xaver Jung posierte, je nach Standort der Wahlplakate, vor den Kulissen der Burg Lichtenberg, vor dem Donnersberg und in Kaiserslautern vor dem Rathaus. Gustav Herzog, ausgestattet mit einem kommoden Platz zwei auf der Landesliste der SPD, der ihm einen Wiedereinzug in den Bundestag garantiert, verwendete das klassische SPD-Plakat. Im Endspurt des Wahlkampfs wurde er persönlicher. Er plakatierte vereinzelt sein stilisiertes Konterfei mit dem Aufruf „Gustav wählen!“ Xaver Jung setzte im Wahlkampf auch auf die Wirkung von Wasser, Hopfen und Malz. Kistenweise verteilte er Gerstensaft der Brauerei Bischoff in Winnweiler mit der Aufschrift „Grün trinken, schwarz wählen!“. Als Werbung für die CDU und als ein Bekenntnis zu Land und Leuten.

Symbolisch: Gustav Herzog.
Symbolisch: Gustav Herzog.
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