Kreis Kaiserslautern „Der Peak im Netz ist erreicht“

Wer Kunden gewinnen will, muss heute flexibel sein, sagen Gewerbevereinsvorsitzender Harry Dinges und Beisitzer Uwe Neu (rechts)
Wer Kunden gewinnen will, muss heute flexibel sein, sagen Gewerbevereinsvorsitzender Harry Dinges und Beisitzer Uwe Neu (rechts).

«Weilerbach.» Der Internethandel hinterlässt auch in Weilerbach seine Spuren. Gewerbevereinsvorsitzender Harry Dinges sieht darin einen Grund, weswegen im Sommer ein Geschäft geschlossen hat und ein weiteres bald vor dem Aus stehen könnte. Dennoch ist er sich mit Buchhändler Uwe Neu einig, dass das Bewusstsein für die Nachteile des Onlineeinkaufs wächst.

„Ich bin jemand, der an den Einzelhandel glaubt. Ich bin Optimist“, sagt Neu, der auch als Beisitzer im Gewerbeverein aktiv ist. Als er 2006 seinen Laden eröffnet hat, war für ihn klar, dass es ohne einen Onlineshop nicht geht. „Allerdings“, räumt er ein, „bin ich in der glücklichen Lage, dass es in meiner Branche eine Preisbindung gibt.“ Neu ist einer Genossenschaft von Buchhändlern angeschlossen, über deren Homepage bestellt werden kann. Käufer können ihre Ware bei ihm im Laden abholen oder sich nach Hause liefern lassen. „Ich muss mich um gar nichts kümmern und wäre auch gar nicht in der Lage, das alles logistisch zu bewerkstelligen“, weiß er diese Möglichkeit zu schätzen.

Beratung vor Ort, Kauf im Internet

Wie Dinges von Gesprächen mit Mitgliedern weiß, nutzen Kunden die Beratung vor Ort, kaufen dann aber im Internet. Nicht selten kommen sie später wieder ins örtliche Geschäft, um dort kostenlosen Service – etwa beim Einstellen von im Netz gekauften Brillen – in Anspruch zu nehmen. „Eigentlich müsste man diesen Service in solchen Fällen in Rechnung stellen, aber das ist nur umsetzbar, wenn alle Geschäftsleute mitziehen“, ist er sich mit Neu einig. Der Onlinekauf sei ausschlaggebend dafür gewesen, dass „Dietz Geschenke und mehr“ Ende Juni geschlossen hat, so Dinges. Auch Christel Parr-Feick, Inhaberin des „Schuhkästchens“, stelle Überlegungen in dieser Richtung an. Insbesondere in Sachen Mode habe sich das Einkaufsverhalten geändert. Kleidung und Schuhe werden online in verschiedenen Größen geordert, die passenden Artikel behalten, der Rest kostenfrei zurückgesandt. Wie Neu sieht auch Dinges die Gefahr, die vom Internethandel ausgeht, bewertet sie jedoch nicht als akut. „Beim örtlichen Handel steht ein Mensch dahinter, den man fragen kann. Das erübrigt oft eine zeitaufwendige Internetsuche.“

Buchhändler Neu: Stärken des Internets werden überschätzt

Auch Neu ist der Meinung, dass die Stärken des Internets überschätzt werden, wenngleich er auch soziale Medien für die Werbung nutzt. „Man muss heute flexibel sein, quasi ein Eventmanager, damit die Kunden kommen“, beschreibt er seine Strategie. Im Netz sei der Kunde im Jagd- und Spielmodus, beim Flanieren entspannt. „Man muss versuchen, die Sinne anzusprechen und Emotionen zu wecken. Der Kunde will heute ein Erlebnis.“ Dass dies nicht auf Sparten wie etwa das Handwerk zutrifft, ist dem Vorsitzenden klar. Er sieht den Verein mit knapp 100 Mitgliedern und einem vielseitigen Branchenmix gut aufgestellt. Bis auf zwei Leerstände – einer in der Danziger Straße, der andere in der Hauptstraße – seien ihm keine verwaisten Geschäftsräume bekannt. Eine Konkurrenzsituation zwischen den Geschäften in der Ortsmitte und denen im Gewerbegebiet bestehe nicht, da die Branchen zu unterschiedlich seien. Allerdings führt der Buchhändler ins Feld: „Ich bekomme immer wieder von Leuten zu hören, dass in der Ortsmitte Parkmöglichkeiten fehlen. Ich glaube, dass wir mehr Umsatz machen würden, wenn Parkplätze da wären.“

Fachleute informieren, wie Netzpräsenz aussehen sollte

Weil der Internethandel immer wieder Thema ist, lassen sich die Mitglieder beispielsweise von Fachleuten informieren, wie eine ansprechende Präsenz im Netz aussieht. „Wir pflegen auch untereinander einen regen Kontakt und empfehlen uns gegenseitig weiter“, berichtet Dinges. Für den Buchhändler ist klar, dass er an dem Onlineshop festhält, auch wenn der Großteil des Umsatzes nicht daher rührt. „Ich habe das Gefühl, der Peak ist erreicht“, sagt er. Insbesondere bei jungen Leuten habe er eine Wertschätzung des lokalen Angebotes bemerkt. „Im Laden kommt es zu einem ehrlichen Krämergeschäft: Ware gegen Geld.“ Dinges ergänzt: „Vielleicht ist auch das Bewusstsein für Datenschutz und die persönliche Ansprache gestiegen.“

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