Kreis Kaiserslautern Beim Bierkasten gibt eine Flasche den Ton an

Gleich zwei Fastnachtsumzüge haben am Sonntagnachmittag bei strahlendem Sonnenschein zahlreiche Menschen in die Verbandsgemeinde Kaiserslautern-Süd gelockt. Sie säumten die Straßen, als sich zeitgleich in Linden und im Neuhöfertal bei Trippstadt die närrischen Lindwürmer in Bewegung setzten.

Viele sind nach Linden gekommen: Noch vor den ersten Häusern parken Autos auf der Wiese. Menschen strömen ins Dorf, wo Feuerwehrleute Absperrgitter aufgestellt haben. Die Umzugsstrecke ist beidseitig bevölkert von gut gelaunten Narren, viele haben sich extra herausgeputzt. Fast jeder trägt ein Kostüm oder zumindest Hut, Brille oder Perücke. Hier steht „Mama Großkatze“ mit ihrem kleinen „Löwen“, dort eine Banane im Ganzkörperoverall und eine Squaw ist auch nicht weit. Auch Märchenwesen haben sich unters Narrenvolk gemischt. Etwa Schneewittchen alias Angela Stuppy mit roter Schleife im dunklen Haar. Zu ihrer Eskorte gehören fünf Zwerge mit Zipfelmütze und ein „Überzwerg“, der lachend ein Geheimnis aus seinem Namen macht. Genauso wie der doppelte Wald im Ganzkörperkostüm mit Tarnmuster und flattrigen Blättern darauf. Die Gruppe ist seit vier Jahren dabei, 2016 als „Crazy Chicken“, verrückte Hühner. Warum nicht als eigene Zugnummer? „Vielleicht nächstes Jahr, mal sehen“, ist sich die lustige Truppe einig. Vor den ersten Wagen marschieren die beiden Bürgermeister Uwe Unnold (FWG) für Kaiserslautern-Süd und Peter Degenhardt (CDU) für Landstuhl in trauter Einigkeit. Während Unnold als Mitglied der britischen königlichen Garde mit hohem Zottelhut unterwegs ist, zeigt Degenhardt im Schottenrock der Sickinger Highlander Bein. „Mauer sucht Bau“, sagt das Schild am Wagen, der von zweibeinigen „Mauersteinen“ begleitet wird. Damit nimmt er den Nachbarort und dessen „Bauer sucht Frau“-Kandidaten auf die Schippe. Mit Dreizack in der Hand und in grün-blaue Gewänder gehüllt kommt der Fußballförderverein daher. Das Werkvolk aus Bann lässt mit seinen Fanfaren und Trommeln das Trommelfell der feiernden Narren vibrieren. Die Bännjer bücken sich immer wieder, um ihre Taschen mit Süßigkeiten und Popcorn zu füllen. Da ziehen Ballonfahrer vorbei, von denen jeder in einem eigenen kleinen Heißluftballon steckt. Grausige Gesichter gehören zu der Zombieparade und der Karnevalverein Horbach fährt seinen Wagen als Narrenkappe spazieren, um die sich Einhörner drapieren. Schielende Pandabären, Maulwürfe mit Blindenbinde und Astronauten ziehen mit dem Tross vorbei. Daran schließen sich Frauen mit dunkel gefärbten Gesichtern, Turban und farbenfrohen Gewändern an. Begleitet wird der „African Dream“ von einer Trommelgruppe. Kamele auf zwei Beinen und Wächter begleiten die rollende Sphinx mit Pyramide. So bunt und fantasievoll der Umzug, so gut gelaunt das Volk, das sich nachdem der Tross seine Tour beendet hat größtenteils zur Sporthalle aufmacht, wo die Party steigt. Schmetterling, Krümelmonster, Hamburger, Huhn, Elch und Kuh sind eigens dafür angereist. Mit dabei ist ihre „Tierärztin“. Die neunköpfige Gruppe aus jungen Erwachsenen zieht es alljährlich aus Gerhardsbrunn hierher. „Es sind immer alle Leute da, die man kennt“, sagen sie. Hans Werner Burkhard und seine Frau Luzia aus Bann sind als diabolisches Duo mit Hörnern auf dem Kopf und Dreizack in der Hand unterwegs. „Schöne Kostüme und tolle Ideen“, lobt er das Publikum. „Die Leute stecken immer viel Herzblut hinein und es sind immer viele Kinder dabei.“ Als gebürtiger Lindener erinnert er sich noch an ein Haus in der Flürchenstraße, in dem die Dame gewohnt hat, die vor einem halben Jahrhundert oder mehr emsig Kostüme genäht und sie an die Kinder weitergegeben hat. „Daraus ist der Umzug geworden“, beschreibt Burkhard die Anfänge. „Auch ich habe als Kind ein solches Kostüm bekommen.“ Klein, aber fein ist der Fastnachtsumzug im Neuhöfertal, durch das am Sonntag die närrischen „Daalau“-Rufe der Zugteilnehmer donnern. Die Antwort der kostümierten Zuschauer lässt nicht lange auf sich warten. Zum 25. Mal setzt sich die Parade vor dem Gasthaus „Zum Dengel“ in Gang. Zu Fuß, mit Bollerwagen, Aufsitzrasenmäher und Auto nehmen die Narren die fast 1,5 Kilometer lange Strecke in Angriff. Rechts und links ist ihr Weg gesäumt von großen und kleinen Faschingsfans. Die sonnigen Plätze entlang der Strecke sind beliebt. Denn im „Daal“ pfeift der Wind. So manche Kopfbedeckung macht sich da selbstständig. Wie der schwarze Hut einer Flamenco-Tänzerin. „Ich bin dein Held“, bejubelt sich ihr Begleiter im Sträflingsgewand selbst und bringt ihr mehrfach den Hut zurück. Bonbons fliegen durch die Luft – kleine Superhelden und Prinzessinnen bücken sich nach ihnen. Gerangelt wird dabei aber nicht, denn Bonbons sind genug für alle da. Ganz ungefährlich ist der Süßigkeiten-Regen allerdings nicht. Bei unerfahrenen Werfern wird die süße Gabe schnell zum Geschoss. Für die besonders kleinen Sammler machen die galanten Ritter des zweiten Wagens eine Ausnahme. „So, bitte schön“, sagt einer der Recken mit schimmernder Rüstung und rosa Strumpfhose und lässt bunte „Gutzjer“ in die kleine Tüte eines strahlenden Marienkäfers fallen, der sich artig bedankt. Doch nicht alle der elf Wagen setzen auf Süßes, auch an die trockenen Kehlen der Erwachsenen ist gedacht. Die Wagen aus Pappmaché und Holz sind etwas fürs Auge: etwa das Narrenschiff mit Prinzessin Sandra I. und Prinz Marcel I. an Bord sowie das Hexenhaus mit übergroßer Bewohnerin. Innovativ ist auch der rollende Bierkasten, der fast so breit ist wie die Fahrbahn. Überholversuche zu Fuß sind zwecklos. Gefüllt ist er mit zwölf kostümierten Männern und Frauen, die als braune Bierflaschen daherkommen und alle Hände voll zu tun haben. Denn gemeinsam mit dem überdimensionalen Flaschenöffner schieben sie ihren Wagen selbst. Eine Flasche geht vorneweg und gibt den Ton an. Dazwischen unterhalten verkleidete Klapprad-Fahrer und Musiker. Im Windschatten des „Daalgarde“-Wagens macht sich das närrische Gefolge auf zur nächsten Feierstation: zum Campingplatz Sägmühle. Dort wartet Musik und Verpflegung aller Art auf die Narren. Vollkommen unbeeindruckt zeigen sich davon die kleinen Faschingsfreunde. Schließlich sind ihre Beutel prall gefüllt mit Süßigkeiten, die sie erst einmal inspizieren müssen. |lmo/sgr

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