Kaiserslautern Au revoir!

„Auf der Ecke Mainzer Straße/Europaallee ist nach Renovierung noch ein Gebäude der Holtzendorff-Kaserne im Originalzustand mit d
»Auf der Ecke Mainzer Straße/Europaallee ist nach Renovierung noch ein Gebäude der Holtzendorff-Kaserne im Originalzustand mit dem Wachhäuschen erhalten. Das Gebäude ist in Privatbesitz.«

Militärzeremonie auf dem Stiftsplatz. Kommandostimmen hallen, Clairons schmettern, Trommelwirbel knattern. Ein offizieller Empfang in der Fruchthalle und eine Ausstellung im Rathausfoyer über die Geschichte des 5. Französischen Kürassierregiments sind weiter Programmpunkte bei der Verabschiedung der französischen Streitkräfte. Der 14. Juli, der französische Nationalfeiertag, steht nicht mehr im Kaiserslauterer Veranstaltungskalender. Die französischen Streitkräfte verlassen Kaiserslautern am 3. Juni 1992, vor 25 Jahren.

Die Bundeswehr verleiht dem Kommandeur des 5. Kürassierregiments Oberst Alain Petiot das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber, dazu gibt es ein vom Bundespräsidenten verliehenes Fahnenband für die Truppenfahne. Von den Amerikanern verabschiedete sich das Kürassierregiment mit einem Zapfenstreich bereits im Mai auf dem Sportfeld der Vogelweh. Zu dem Regiment bestehen heute keine Verbindungen mehr. Der 3. Juni 1992 reiht sich in die pfälzisch- französische Geschichte ein. König Ludwig XV. schenkte 1725 dem Ex-König Stanislaus von Polen das 5. Kürassierregiment Regiment, das „Royale Pologne“, zu deutsch: „Königliches Polen“. Das Regiment bezieht im März 1962, vor 55 Jahren, die bis dahin von den Amerikanern genutzte Holtzendorff-Kaserne im Osten der Stadt. Bereits um 1950/1951 laufen für die französischen Familien die Wohnungs-Großprojekte, die späteren „Franzosenwohnungen“ im Bereich Am Heiligenhäuschen, in der Mannheimer Straße und in der Fliegerstraße. Die Franzosen gehörten, wie die Amerikaner, im Laufe der Jahre zur Stadt. Sie sind Freunde geworden, und nach ihrem Abzug fehlt etwas in Lautern: Über 600 Arbeitsplätze gehen verloren. Die schönen blauen KFZ-Kennzeichen mit den Silbernummern sind aus den Straßen verschwunden. In Erinnerung sind die Tage der offenen Tür, „St. George“, der Tag des Schutzpatrons des 5. Kürassierregiments, und die französischen Neujahrsempfänge fehlen im Veranstaltungskalender. Der 14. Juli, der französische Nationalfeiertag, an dem Kaiserslautern immer teil hatte, ist jetzt ein gewöhnlicher Wochentag. Zu einem der vielen Kommunikationspunkte hatten sich die Foyers in der Eisenbahnstraße und in der Schneiderstraße entwickelt. Wer eine private französische Beziehung hatte, kam zollfrei an einen Flakon „Coco Chanel“, „Soir de Paris“ oder „Guerlain“, und der Kaiserslauterer Filmclub konnte das „Franzosenkino“ in der Eisenbahnstraße benutzen. Im Juni 1945 wird Kaiserslautern französische Besatzungszone. Am 13. Juli 1945 marschiert symbolisch ein tunesisches Regiment der französischen Armee durch die Fischerstraße. Die Autos bekommen das Kennzeichen „FR 06“. Die Stadtverwaltung muss ein „Requisitionssamt“ einrichten. Die Franzosen „bestellen“ dort, was sie brauchen und überlassen das Beschlagnehmen städtischen Bediensteten. Französisch wird erste Fremdsprache, und die Jugend büffelt aus dem Lehrbuch von Louis Marchand. Und: Im Anschluss an den ersten Lauterer Fastnachtsumzug nach dem Krieg, abgehalten im Jahr 1950, will die französische Militärregierung den gesamten Elferrat wegen Volksverhetzung verhaften. Oberbürgermeister Alex Müller und Ratsvertreter haben Mühe, den Franzosen Fastnacht zu erklären. Was bleibt aus pfälzisch-französischer Zeit? Aus der Holtzendorff-Kaserne wird der PRE-Park, und die Bau AG kommt in den Besitz der 156 „Franzosenwohnungen“. Im PRE-Park haben die Straßentäufer ganz Europa versammelt. Man könnte fragen, warum es keine „Kürrasier-Allee“ gibt, keine Allee „Royale Pologne“? Die Lauterer sagen schon seit den Franzosenzeiten im 19. Jahrhundert manchmal Trottoir, Portemonnaie oder Jackett. Und die Pfälzer haben etwas vom „Savoir-vivre“, von der französischen Lebensart, übernommen. Nach 1870 ist es schick, sich französisch zu kleiden und französisches Parfüm zu tragen. Die Leute wollen den Pfaffplatz 1893 zum Pariser Platz machen, was im Rat keine Mehrheit findet. In Bayern, heißen die Kaiserslauterer nach 1871 „Stockfranzosen“ – „verstockte“ Franzosen.

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