Kaiserslautern Anregender Reger

Die evangelische Kirche Weilerbachs von 1898 ist eine der größten Dorfkirchen der Pfalz und „gesegnet“ mit einer einmaligen Atmosphäre und Akustik. Und die im gleichen Jahr eingeweihte historische Walcker-Orgel ist eine bedeutende, pneumatische Orgel. Grund genug, um nach erfolgreicher Orgelrenovierung den ersten Weilerbacher Orgelsommer zu initiieren. Und der hatte mit dem ersten Konzert am Sonntag mit vielversprechender Publikumsresonanz und künstlerischem Erfolg durch den jüngsten Organisten der Reihe, Dominik Hambel, einen würdigen Auftakt.

Die Kirche mit der auf einer Linie positionierten Trilogie aus Altar, Kanzel und Orgel nach dem so genannten Wiesbadener Programm ist optisch wie akustisch für diese Reihe prädestiniert. Und die Orgel erfüllte für sämtliche vorgestellten Werke aus Barock sowie deutscher und französischer Romantik alle Voraussetzungen für werk- und stilgerechte Aufführungen. Allerdings sind die nach romantischer Disposition und orchestralen Klangvorstellungen konzipierten Orgeln dieses Typs durch die Pneumatik für fein ziselierte, scharf konturierte und gestochen klar artikulierte Passagen wie bei Johann Sebastian Bachs Präludium Es-Dur etwas heikel, weil die punktierten Spielfiguren eher triolisch erklangen. Und die Kolorierungen und Umspielungen bei der Choralbearbeitung zu „Wachet auf ...“ wirkten in Rhythmisierung und Betonung ebenfalls nicht klar genug. Sie klangen etwas verwischt, was aber die einzige Einschränkung eines sonst vorbildlich einstudierten und in der Präzision und Klarheit minutiös umgesetzten Konzertprogramms bleiben sollte. Und möglicherweise auch dem ungewohnten Anschlagsverhalten geschuldet sein kann. Eigentlich hätten die Werke von immerhin acht Komponisten und deren oft mehrsätzige Anlage zwei Konzerte füllen können. Und sie beinhalteten zudem auch schwere Prüfsteine der Orgelliteratur. Hambel legte schon beim Auftakt der Reihe sowohl quantitativ wie qualitativ die Messlatte sehr hoch, hatte sowohl filigran und fein ziselierte Werke im Repertoire wie auch reißerische Wirkungen und Romantiker mit orchestraler Opulenz, wozu die Walcker-Orgel mit ihrem Reichtum an Klangfarben und Registermixturen adäquat befähigt. Mit Josef Gabriel Rheinbergers Thema Variato entdeckte der Organist die grundtönigen Register, den pastosen, getragenen und kammermusikalischen Klang. Mit dem Variationszyklus von Mendelssohn-Bartholdy und dessen zweiter Orgelsonate gelangen eine exemplarische formale und strukturelle Klarheit und fließende Eleganz der organischen Abläufe und zwar als Synthese aus barocken und klassizistischen Formen mit einem schwärmerisch beseelten, romantisierenden „Grundton“, den der Organist ebenso stilsicher und dezent einbrachte. Der nächste deutsche Romantiker mit dem ursprünglichen Namen Siegfried Theodor Karg nannte sich Sigfrid Karg-Elert und gelegentlich auch Teo von Oberndorff. Er entdeckte den im Programm mit Bach begonnenen Choral und dessen Bearbeitung als Choralfantasie oder Choralvariation für sich neu und führte das Loblied „Nun danket alle Gott“ als triumphalen, majestätischen und monumentalen Konzertmarsch durch. Mit glissandierenden Läufen als Überleitung und mit raffinierten Klangwirkungen reizte Hambel diese Finessen aus. Leon Boellmanns Gebet „Prière à Notre Dame“ (aus der „Suite Gothique“) ist dagegen kontrastierend ein verinnerlichtes, ruhig fließendes und sehr durchsichtig gehaltenes und hier dezent registriertes Kleinod, das der Verinnerlichung und Entrückung dient. Durch die Übertragung des gesamten Orgelkonzertes auf Leinwand im Altarraum wurde der Blick auf Spieltisch, Partitur und Pedal gelenkt, und es ergaben sich im wahrsten Wortsinne neue Perspektiven. Max Regers Orgeloeuvre stößt bei Rezipienten und Interpreten gleichermaßen auf Skepsis durch überbordende Überfrachtung mit Alterationen, mit kühnen harmonischen Modulationen und Rückungen und durch eine bis zur Unkenntlichkeit sich auflösende thematische Substanz. Hier kam die pneumatische Traktur dem Spieler entgegen, enorme grifftechnische Probleme durch weite Lage und große Intervallsprünge ließen sich kräfteschonend bewältigen, und auch sonst konnte Hambel viel zur Aufwertung dieser verkannten Choralvorspiele beitragen, die sich als Meisterwerke ihrer Art erwiesen, wenn sie so gestaltet werden. Konzert Die nächste Ausgabe des Weilerbacher Orgelsommers findet am Sonntag, 27. August, 17 Uhr, in der evangelischen Kirche Weilerbach statt; es spielen die Kurpfälzer Drehorgelmusikanten; der Eintritt ist frei.

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