Wissen Ab durch die Mitte

Eine der größten Erfindungen in der kurzen Geschichte des Homo sapiens gelang dem Belgier Lambert Adolphe Jacques Quetelet im Jahr 1831 als er – den Durchschnitt gebar. Der ihm aus dem Schädel entsprang wie weiland dem Zeus seine Tochter Athene. Jetzt durfte der Mann sich endgültig überlegen fühlen. Denn es war einfach geworden, neben den vielen kleinen Pinschern, die nun den Schnitt nach unten drückten, als überdurchschnittlich herauszuragen. Und da die Kopfgeburt des Durchschnitts sich auf alles anwenden ließ, gab es fortan immer etwas, was man besser konnte als der Durchschnitt – und sei es, die größten Kartoffeln zu haben, die sich ja bekanntlich immer zum dümmsten Bauern hingezogen fühlen und so weiter und so fort. Die Kartoffelmaßeinheit wurde übrigens inzwischen vom PS abgelöst. Heute haben die Deutschen, wie der Stuttgarter Mathematiker Christian Hesse in seinem Band „Wer falsch rechnet, den bestraft das Leben“ ausführt, im Schnitt einen Eierstock und einen Hoden. Verfügen sie über zwei Eierstöcke, werden sie im Mittel 82 Jahre und 4 Monate alt, mit zwei Hoden dagegen schaffen sie nur 77 Jahre und 3 Monate und fahren meistens nach Spanien in Urlaub. Für 5 Tage. Der Durchschnitt hat noch einen anderen Effekt: Er ermöglicht dem Mann kleine Fluchten aus der Mühsal seines immerwährenden Alltags. Etwa wenn er ins Kreuzverhör gerät nach einer harmlosen Nacht mit den Kumpels und die heilige Inquisition ihn streng fragt, was er denn getrunken habe, weil er nicht mehr wisse, warum ihr Auto, das er sich ausgeliehen und rechtzeitig zum Frühstück heimgebracht hat, frauenfeindliche Sprüche aufgesprüht hat. Guten Gewissens kann er dann sagen, es sei eine „durchschnittliche Nacht“ gewesen. Das mit dem Auto könne er sich auch nicht erklären, aber vom durchschnittlichen Außerirdischen wisse man ... Dafür gibt es durchschnittlich 6 Wochen Wohnzimmersofa ohne Ausgang bis zum Wecken. Strafverschärfend kam hinzu, dass noch Zeugen der Unschuld benannt wurden, der Wolle, der William, der Gregor und der Bernhard. Im Schnitt sieht man außerdem immer noch gut aus, egal wie fortgeschritten der eigene Körper daherkommt. Vor allem, wenn man sein Spiegelbild nur von vorne anschaut und sich nicht ins Profil dreht. Das tun nur Frauen. Schließlich ist man nur ein einfacher Mann, der nichts dafürkann, was andere über seinen Kopf hinweg entscheiden, die bekanntlich sowieso machen, was sie wollen, und die uns die Suppe auslöffeln lassen. Auf diesen ehrlichen Durchschnitt reinsten Wassers setzt auch die Politik. Er ist der Fels, auf den die Wahlversprechen gebaut sind, das Urnenfeld des Amtserhalts sozusagen, das parteilich bestellt sein will. Und bitte! Nur durchschnittlich gedüngt.

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