Grünstadt Yoga mit der Luftdruckpistole

Alles im Blick: Wenn Claudia Odermatt ihre Athleten trainiert, kommt es auf kleinste Details an.
Alles im Blick: Wenn Claudia Odermatt ihre Athleten trainiert, kommt es auf kleinste Details an.

«Obrigheim.» Die coolen Revolverhelden aus Hollywood locken Claudia Odermatt gerade einmal ein müdes Lächeln hervor. „Das ist unglaublich, was man da auf der Leinwand gezeigt bekommt“, sagt sie. Sie muß es wissen – schließlich trainiert die Obrigheimerin die Bundesliga-Pistolenschützen der Schützengilde Waldenburg in Baden-Württemberg. Ein Gespräch über Waffen als Sportgeräte, psychische Ausnahmesituationen und die Liebe zu Details.

Der deutsche Schießsport kann sich über mangelnde Vorurteile nun wirklich nicht beschweren. Zu tief scheint das Bild von konservativen Waffennarren in der öffentlichen Wahrnehmung verankert. Und in trauriger Regelmäßigkeit wird auch im Zuge der Berichterstattung über Amokläufe mit dem Finger auf die Schützenvereine gezeigt. Es lohnt sich allerdings, einmal mit Claudia Odermatt über diese Dinge zu reden. Denn die 46-jährige Pfälzerin ist so ganz und gar das Gegenteil aller gemeinen Schützen-Klischees. „Nullkommanull“, sei ihre Liebe zur Waffe. „Das ist auf diesem Niveau einfach ein Sportgerät“, sagt sie. Wenn Odermatt über dieses Sportgerät spricht, dann geht es auch nicht um Projektilgrößen, Durchschlagskraft oder Reichweiten, sondern um Dinge wie Abzugs- oder Gegengewichte – fein einzustellende Faktoren, die das sportliche Ergebnis beim Wettkampf beeinflussen und eben nicht die Trefferwirkungen. Es geht überhaupt viel um Feinheiten. „Man muss Details lieben“, sagt Odermatt. Wenn sie die Bundesligaschützen der SGI Waldenburg an der Luftdruckpistole trainiert, stehen Atemtechniken, Ausdauer und das stoische Einstudieren kleinster Bewegungsabläufe auf dem Programm. „Jeder Vorgang muss millimetergenau und absolut identisch ausgeführt werden“, sagt Odermatt, die zuerst beim Schützenverein Ramsen mit dem Sport in Kontakt kam und bis heute auch bei der SSG Rheingönheim als Trainerin aktiv ist. „Es ist ein bisschen wie Yoga“, sagt sie deshalb über das Schießen. Der kleine Unterschied: Beim Yoga gibt es wohl eher selten Tränen. „Ich habe schon Schützen weinen sehen“, sagt Odermatt. Jeder Wettkampf sei ein Kampf mit sich selbst, eine psychische Ausnahmesituation, die es zu meistern gilt. Hier setzt sie als Trainerin an. „Ich muss meinen Athleten auch während des Wettkampf das richtige Werkzeug an die Hand geben.“ Das erfordert präzise Beobachtungen und Einfühlungsvermögen. In Waldenburg hat sie eine Truppe von Pfälzern um sich geschart. Athleten wie Tobias Backes (Rheingönheim), Philipp Käfer (Waldsee) oder Jens Klossek (Schwegenheim) wollen unter ihrer Ägide die Deutsche Meisterschaft über die Zehn-Meter-Distanz in den Hohenlohekreis holen. Grund für den pfälzischen Exodus über die Landesgrenze: „Es gibt leider keinen Bundesligaclub mehr in Rheinland-Pfalz“, beklagt sie. Die Verbundenheit zu Baden-Württemberg war aber auch davor schon da: Mit der SG Freiburg wurde sie als aktive Schützin deutsche Meisterin. 2015 hatte Odermatt dann das Traineramt in Waldenburg von ihrem verstorbenen Mentor Jürgen Gräfe übernommen, der auch Trainer am Landesleistungszentrum Rheinland-Pfalz gewesen war. „Ein schweres Erbe“, sagt sie. Aber auch eines, das sie erfolgreich weiterführen will.

x