Grünstadt Mörderischer Ausflug

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Auf eine mörderische Schottland-Reise entführt unser Kolumnist Rainer Scheer die Leser in dieser „Crime Corner“-Ausgabe.

John Cartwright und seine Frau haben sich in Lochdubh, einem kleinen Dorf in Schottland, eine Existenz aufgebaut. Sie bieten einem betuchten Publikum Angelkurse an – Fangerfolg fast immer garantiert. Und so ist auch die neue Gruppe, die anreist, eine höchst illustre Gesellschaft. Die Stimmung ist gut, auch wenn die zahllosen Übungen, in denen das richtige Auswerfen der Angel erprobt wird, etwas nervig sind. Nur an einer Teilnehmerin stoßen sich alle: Lady Jane. Sie hat das Talent, wirklich jeden in der Gruppe gegen sich aufzubringen, so provokant sind die Behauptungen, die Lady Jane aufstellt. Der Ermittler im Dorf heißt Hamish Macbeth. Er vermittelt den Eindruck, die Arbeit nicht erfunden, es aber dennoch geschafft zu haben, einen neuen Dienstwagen abzustauben. Auch bekommt er bei seinen scheinbar unmotivierten Gängen durch das Dorf oder dem Schnorren von einer Tasse Tee erstaunlicherweise das Wesentliche mit: diese feinen Misstöne innerhalb der Angeltruppe. Und so ist es für Hamish auch nicht wirklich überraschend, dass ausgerechnet Lady Jane als besonders großer Fisch tot aus dem Wasser gezogen wird. Hamish Macbeth steht nicht in dem Ruf, der schlaueste Constable zu sein, und so versucht ein auswärtiger, ranghöherer Ermittler den Fall an sich zu reißen und Hamish möglichst außen vor zu lassen. Doch es ist Hamish, der die entscheidenden Hinweise aufspürt. Die schottische Autorin Marion Chesney schreibt unter anderem unter dem Pseudonym M.C. Beaton. Mit „Hamish fischt im Trüben“ eröffnete sie 1985 die Reihe mit Hamish Macbeth, ganz anders angelegt und doch ebenso erfolgreich wie ihre Agatha-Raisin-Reihe, die übrigens seit dem 10. Februar freitags auf ZDF neo läuft. Hamish eckt auch an, doch eigentlich eher durch sein scheinbares Nichtstun als durch exzessive Auftritte im Stile einer Frau Raisin. Fast etwas betulich sammelt er seine Information und bastelt an dem großen Finale im Stile von Poirot. Alle Verdächtigen werden in einen Raum gebeten zur Auflösung des Falles. Diese Verweise machen Freude in einem spannenden Fall, in dem es schnell an Verdächtigen keinen Mangel gibt, als sich herausstellt, dass die Ermordete eine Klatschkolumnistin ist, die keine Grenzen beim Ausspielen ihrer woher auch immer erlangten Informationen kennt. „Hamish fischt im Trüben“ ist ein guter Start zu einer Reihe, bei der es gerne schnell weiter gehen darf. Intelligente Fälle, ohne übertriebene Gewaltexzesse, viel schottische Atmosphäre und kauzige Typen. Einfach beste Zutaten zu einem britischen Krimi der alten, aber doch so geliebten Art. Welcome Hamish. Lesezeichen M.C. Beaton: Hamish fischt im Trüben. Bastei Lübbe 2016, Taschenbuch, 221 Seiten, 9,00 Euro. Der Autor Rainer Scheer ist bekennender Bücherfreak und liebt Kriminalromane, Fantasy, Comics und Brettspiele. Seit 2008 ist er regelmäßig in Grünstadt, bedingt durch seine monatlich stattfindende Leseveranstaltung „Crime Time“, die in diesem Jahr ihre 100. Veranstaltung sehen wird. 2011 entstand in Zusammenarbeit mit dem Jacko´s zudem das „Jacko’s Crime Menü“, bei dem die Gäste ein landestypisches Menü zu einem dazu passenden Kriminalroman serviert bekommen. Er lebt mit seiner Frau und zwei Hunden an der Grenze zwischen Wetterau und Vogelsberg in Hessen.

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