Grünstadt Gewinn für Erzieherinnen und Eltern

„Das ist mein Traum“: Die syrische Lehrerin Sana Alhosen (zweite von links) kümmert sich in der Kindertagesstätte in Ebertsheim
»Das ist mein Traum«: Die syrische Lehrerin Sana Alhosen (zweite von links) kümmert sich in der Kindertagesstätte in Ebertsheim um Flüchtlingskinder. Kita-Leiterin Claudia Amodeo und Ortsbürgermeister Bernd Findt freuen sich über die neue Kollegin.

Ebertsheim ist zwar mit seinen 1250 Einwohnern kein großer Ort. Aber groß genug, um die alltäglichen Herausforderungen eines Kindergartens aufzuzeigen. Die Ebertsheimer Kindertagesstätte wird von 60 Kindern besucht – und 23 von ihnen haben Eltern oder Elternteile, die nicht in Deutschland geboren sind und zum Teil überhaupt kein deutsch sprechen. Die Eltern von 15 Kleinen kommen aus Italien und Mexiko, aus Polen, Rumänien, Kenia, Bulgarien und Russland, dazu kommen acht Flüchtlingskinder aus Syrien, dem Libanon und Afghanistan. Claudia Amodeo (40), die die Kindertagesstätte „Lachend Leben Lernen“ leitet, beschreibt die Stimmung, nachdem die Kita innerhalb kurzer Zeit acht Flüchtlingskinder aufgenommen hatte, so: „Wir waren völlig überfordert mit der Situation.“ Die elf Erzieherinnen hätten unterschätzt, was auf sie zukomme, berichtet Amodeo und fügt an: „Wir hatten keinerlei Möglichkeit, mit den Eltern zu sprechen.“ Dabei sei es so wichtig, sowohl die Kinder als auch die Eltern mit den Werten und Regeln der Kita und des Landes vertraut machen zu können. Bei einem Gespräch mit dem Jugendamt des Kreises sei die Idee geboren, eine Person in die Kita zu holen, die mit den ausländischen Eltern und Kindern sprechen und arbeiten kann, erinnern sich Amodeo und Ortsbürgermeister Bernd Findt (FWG). Eins kam zum anderen: Monika Grundmann, die Koordinatorin für Asyl in der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land und der Stadt Grünstadt, habe die Idee weitergetragen und Sana Alhosen, die mit Mann und zwei Kindern in Grünstadt wohnt, angesprochen. Die 38-Jährige floh 2014 vor dem Krieg aus der syrischen Hauptstadt Damaskus, lebte ein Jahr in der Türkei. Mit Mann, Sohn und Baby im Bauch fuhr sie im Boot über das Mittelmeer und kam im Oktober 2015 in Deutschland an. Alhosen hat die pädagogische Ausbildung, die Bedingung für die halbe Stelle als interkulturelle Fachkraft im Kindergarten war: Sie hat in Syrien 14 Jahre lang als Grundschullehrerin, vor allem für Musik, gearbeitet (und sie spielt Akkordeon). Über ihre Aufgaben erzählt die Syrerin: „Ich spiele mit den Kindern und ich spreche mit den Kindern aus Syrien und dem Libanon auf Arabisch.“ Für Kita-Leiterin Amodeo hat sich schon nach kurzer Zeit vieles verbessert in der Kommunikation mit den Eltern der Flüchtlingskinder: „Es ist ein ganz neuer Kontakt zu den Eltern entstanden. Seit sie da ist, finden mehr Tür- und Angelgespräche statt.“ Für die Kita-Erzieherinnen ist es wichtig, mehr über die Kinder und die Eltern zu erfahren: „Wir kennen bisher die Vorgeschichten der Familien nicht, da erhoffen wir uns Unterstützung und Aufklärung“, sagt Amodeo. Denn woher sollen die Erzieherinnen wissen, warum ein Kind fast zwei Monate lang weint und schreit? Sana Alhosen, die die üblichen Aufgaben einer Erzieherin übernimmt, vor allem aber für die Flüchtlingskinder zuständig ist, ist zufrieden mit ihrer neuen Stelle, für die sie bei der Verbandsgemeindeverwaltung ein Vorstellungsgespräch vor fünf Leuten bestehen musste: „Das ist mein Traum, mein Wunsch. Claudia und die Erzieherinnen hier sind sehr nett“, sagt sie. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sie, ihr Mann und die Kinder schnell die deutsche Sprache lernen, dass sie arbeiten kann und ihre Familie in Syrien wieder in die Arme nehmen kann. Das setzt voraus, dass ihr größter Wunsch in Erfüllung geht: „Dass der Krieg in Syrien zu Ende geht.“

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