Grünstadt Ein Taubsi auf dem Schreibtisch

Ein wildes Nils. Es setzt „Erklären“ ein. Die Attacke ist sehr effektiv.

„Da! Ein Evoli – mitten in der Fußgängerzone!“ Wer in diesen Tagen Menschen begegnet, die pausenlos auf ihr Smartphone starren und solche Sätze von sich geben, braucht sich keine Gedanken zu machen. Derzeit sprengt das Spiel Pokémon Go alle App-Charts. Auch im Leiningerland gibt es eine große Community.

Wer vor einer Woche durch Neuleiningen gelaufen ist, sah ein historisches Dorf mit kleinen, gemütlichen Gassen, vielen Kellern und natürlich der Burgruine. Seit dieser Woche pilgern Menschen auf den Berg wegen zahlreichen Pokéstops und der Arena. Auch ich, Level 9, Team Rot, silberne Medaille „Vogelfänger“. Mit meinem Tauboss (WP 534, 39,5 kg, 1,38 m) tingele ich so durchs Leiningerland und halte meine Augen offen. Und jetzt nochmal für alle, die immer noch ahnungslos diesen Text lesen: Bei der App handelt es sich um eine Art moderne Schnitzeljagd per GPS. Man muss im Gegensatz zu den alten Pokémon-Versionen für Gameboy echte (!) Wege laufen, um bunte Manga-Viecher (die Pokémon) zu fangen. Das geschieht, indem man durch die Smartphone-Kamera die echte Welt sieht, worin sich jedoch virtuelle Pokémon befinden. Mit sogenannten Pokébällen bewirft man sie dann. Wenn der Ball dreimal blinkt, hat man das Ding gefangen. Mit seinen gefangenen Pokémon kann man dann gegen die der anderen Pokémon-Trainer kämpfen, sie weiterentwickeln und trainieren. Daneben gibt es Pokéstops, die sich oft an Denkmälern, Kirchen und besonderen Orten befinden. Hier kann man neue Pokébälle und andere sogenannte Items bekommen. Den Sinn von Belebern, Tränken, Himbeeren, Rauch und Lockmodulen zu erklären, würde definitiv den Rahmen sprengen. Wie groß der Hype um die App momentan ist, konnte ich vorgestern feststellen. Zwei Kumpels, die in meinem Auto saßen, machten mich auf einen Pokéstop an der Kirche in Kindenheim aufmerksam, also hielt ich kurz an. Zur selben Zeit hielt ein zweiter Wagen hinter uns, dessen Fahrer kurz auf seinem Handy tippte und gleich weiterfuhr. Als er uns auch mit unseren Handys sah, musste er lachen. Offenbar ist er auch Trainer. Und auf Facebook wird die App auch diskutiert. Die Seite „Memes uff Pälzisch“ hat eine Fotomontage veröffentlicht, die so aussieht, als fange man sich gerade eine Elwetrische (WP 578). Einige Nutzer beschweren sich auch über Pokémon-Spieler, die sich auffällig verhielten. Ein Facebook-User bemerkte ein Rudel Spieler auf dem Globus-Parkplatz. An der Grünstadter Friedenskirche, die eine Arena ist, treffe ich Laura Dotzauer aus Grünstadt und Anastasia Vasilkova aus Carlsberg. Letztere (Team Blau) hat soeben die Arena eingenommen mit ihrem Tauboss. Verzweifelt versuche ich, sie wieder für Team Rot zu gewinnen, doch dann ... Akku leer. Nach dem Aufladen in der Redaktion geht die Pokémon-Jagd weiter. Wie erkläre ich dem Chef am besten, dass da ein Taubsi auf seinem Schreibtisch sitzt?

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