Eisenberg Der Burgus wird nie ganz freigelegt

Millimeter für Millimeter schaben die jungen Leute mit Spachteln Gramm für Gramm Bodenmaterial von den Steinen, die einst eine Burgusmauer im Römischen Vicus in Eisenberg gebildet haben. Viel Geduld und Umsicht sind bei dieser Arbeit vonnöten, die Studierende der Klassischen Archäologie der Universität Heidelberg gerade leisten. Am Wochenende war die Bevölkerung eingeladen, ihnen dabei über die Schulter zu schauen.

Erstmals hat die Landesarchäologie so eine öffentliche Grabung veranstaltet. Der Leiter der Außenstelle Speyer, Ulrich Himmelmann, bietet Führungen über das Gelände an, zu denen sich trotz des ungemütlichen Regenwetters am Samstag stets etwa ein Dutzend Interessierte einfinden. „Haben Sie keine Angst vor Grabräubern?“, möchte ein Besucher wissen. „Hier weniger, aber insgesamt haben wir große Probleme damit“, sagt Himmelmann. Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus legten viele Menschen ihr Geld in antiker Kunst an. Der Markt dafür boome. Fundstücke, die von herausragender wissenschaftlicher Bedeutung seien, müssten bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe abgegeben werden. Die Landesarchäologie setze aber auch Metallsucher ein – rund 65 sind es in der Pfalz –, die gezielt geschult werden und in festgelegten Bereichen mit ihren Detektoren die Erdoberfläche scannen. „Sie leisten eine wichtige Zuarbeit. Bringen sie uns zum Beispiel eine römische Münze von einem Acker, nehmen wir das in die Datenbank auf“, sagt Himmelmann. Wenn dann dort mal eine Umgehungsstraße oder ein Neubaugebiet entstehen soll, können Experten zuvor das historisch Wertvolle sichern, was in der Erde verborgen ist. Bei den Ausgrabungen sind auch Ehrenamtliche im Einsatz. Gerhard Buchinger, pensionierter Kinderarzt aus Grünstadt, war einer von ihnen. „Von 2004 bis 2013 hab ich in dem Schutzbau mitgemacht“, erzählt der 79-Jährige. Unter anderem habe er geholfen, im Haus 23 zwei große Grillgruben freizulegen und im Keller drei Amphoren zu bergen. „Das war schon anstrengend. Es gab Tage, da hab ich 40 Schubkarren Bodenmaterial herausgeschafft“, so Buchinger, der heute noch bei Führungen durch den Eisenberger Römerpark über das Leben im Vicus berichtet. Peter Funck beobachtet die mühevolle Arbeit der Studenten. „Das muss man wirklich wollen“, meint er. Beate Mitko will. Sie fühle sich ein bisschen wie ein Schatzsucher, sagt die 19-Jährige, die seit dem Lateinunterricht am Gymnasium von Römern und Griechen fasziniert ist. „Das macht richtig Spaß“, versichert die junge Frau, die im Regen kniend an Steinen des Burgus kratzt. Jetzt steht sie kurz auf und legt etwas in ein Körbchen am Rand der Grabungsstätte. „Ich glaub, das ist eine Scherbe“, erklärt sie. Ihre Kommilitonin Julia Zander findet es toll, dass sie bei einem Sommercamp in Eisenberg die Möglichkeit hat, Praxis zu erwerben. „Mich interessieren die Ursprünge unserer Zivilisation und ich finde es beeindruckend, dass die damals schon Wasserleitungen und Fußbodenheizungen hatten“, sagt die 21-Jährige, die allein das Gefühl genießt, einen Stein anzufassen, der zuletzt vor vielen hundert Jahren berührt worden ist. Am Mittagstisch im großen Zelt, in dem die Studierenden vier Wochen lang übernachten, sitzt Grabungsleiter Uli Mayer mit acht Mädchen und zwei jungen Männern. Der Frauenüberschuss sei bei diesen Sommercamps, die seit 2012 dem archäologischen Nachwuchs angeboten werden, normal, erzählt er. Und das, obwohl im Studienfach die Geschlechter gleichstark vertreten sind. Lars Sassmann begründet seine Teilnahme an der Lehrgrabung damit, dass sie bei seiner Fächerwahl Pflicht sei. Der 26-Jährige findet es schön, „die langweiligen Römer aus dem schulischen Geschichtsunterricht jetzt mal in der Hand zu haben“. Am Eisenberger Burgus werden die Studenten nur noch bis zum Jahresende dazu Gelegenheit haben. „Wir hoffen bis dahin alle Fragen, unter anderem zur Architektur, zu Bauphasen und der Nutzungsdauer der kleinen Festung geklärt zu haben“, so Himmelmann. Die seit 2014 gesammelten Daten werden ab Januar in einer Masterarbeit an der Uni Freiburg ausgewertet. Der Burgus wird dann nicht mehr weiter freigelegt. „Er ist in diesem guten Zustand einmalig in Rheinland-Pfalz, und wir sind ja Denkmalschützer, die die archäologische Substanz erhalten wollen“, erläutert er. Außerdem hätten künftige Forscher sicherlich bessere Untersuchungsmethoden, mit denen sich noch mehr über die Geschichte herausfinden lasse.

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