Frankenthal Zwischen Schwermut und Leichtsinn

Bekannte und weniger bekannte Chansons und Couplets von Komponisten wie Hollaender und Weill stellten die Pianistin Olga Lenkeit
Bekannte und weniger bekannte Chansons und Couplets von Komponisten wie Hollaender und Weill stellten die Pianistin Olga Lenkeit und die Sopranistin Patricia Polizzano vor.

Ein Abend voll Schwermut, gewürzt mit einer Prise Leichtsinn – das bot das Duo Kleinkunststückchen am Sonntagabend in der Zwölf-Apostel-Kirche im Rahmen der Frankenthaler Kulturtage. Sopranistin Patricia Polizzano und Pianistin Olga Lenkeit entführten das Publikum mit ihrem Programm „Verloren“ in die Zeit der 20er- und 30er-Jahre und präsentierten Chansons und Couplets von Hollaender bis Weill.

Nachdenklich und melancholisch beginnt das rund anderthalbstündige Konzert mit einem Klavierstück aus dem Film „Schindlers Liste“. Es bildet den passenden thematischen Einstieg zu dem musikalischen Abend, der bekannte und unbekannte Werke von Künstlern der 1920er- und 30er-Jahre bot: Künstlern, die wegen ihrer jüdischen Abstammung in der NS-Zeit verfolgt wurden, Deutschland deshalb verlassen mussten oder sogar umgebracht wurden. „Es ist uns ein besonderes Anliegen daran zu erinnern, was damals verloren gegangen ist“, erklärt Patricia Polizzano den rund 60 Zuschauern. Die Sopranistin führt durch den Abend, und es ist ihr immer wieder anzumerken, wie sehr sie die Thematik berührt. Den Einstieg bilden drei Werke Friedrich Hollaenders, einer der erfolgreichsten und bekanntesten Komponisten dieser Zeit, der 1933 ins Exil ging und 1955 nach Deutschland zurückkehrte. Während „Eine kleine Sehnsucht“ und „Münchhausen“ nachdenklich stimmen, zeigt Polizzano beim auf Berlinerisch gesungenen „Groschenlied“ auch komödiantisches Talent. Bei Oskar Straus’ bekanntem Stück „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“ brilliert Lenkeit allein am Klavier. „Wir sind in der Kirche, deshalb haben wir den Text weggelassen“, scherzt Polizzano, an deren Notenständer ein roter Regenschirm hängt. Es folgen Werke von dem ins französische Exil emigrierten Kurt Weill, die allesamt unter die Haut gehen. „Youkali“, dessen Text Polizzano zunächst auf Deutsch verliest, um ihn dann auf Französisch zu singen, handelt von der Suche nach einer Insel der Liebe und Geborgenheit, die auf dieser Welt nicht zu existieren scheint. Bei dem sehr berührenden Stück reizt die Sopranistin alle Höhen ihrer Stimme aus. Ganz im Gegensatz zu „Und was bekam des Soldaten Weib“: Da bedient sie sich verschiedener Utensilien, um dem Lied mehr Ausdruck zu verleihen. So legt sie sich am Ende des Stückes den schwarzen Witwenschleier um, den die Soldatenfrau aus Russland geschickt bekommt. Und die Ergriffenheit der Künstlerin überträgt sich dabei auch auf die Zuschauer. Es folgt ein Instrumentalstück von Emmerich Kalman („Wieder hinaus ins strahlende Licht“) und ein Medley verschiedener Stücke von Fritz Löhner-Beda, die musikalisch gesehen einen fröhlichen Gegenpart zu den Werken von Kurt Weill bilden. Die bekanntesten Titel des Programms kommen gegen Ende: Werner Richard Heymanns „Ein Freund, ein guter Freund“ etwa. Und bei Ralph Benatzkys „Ich steh’ im Regen“, mit dem Zarah Leander Furore machte, löst sich auch das Rätsel um den roten Regenschirm, der immer noch am Notenständer der Sängerin hängt. Den spannt Polizzano nun auf, um dem Text kabarettistisch mehr Nachdruck zu verleihen. Mit drei Zugaben, darunter dem Schlaflied von Max Raabe, der seine Konzerttournee 2010 mit einem Besuch in Israel krönte, schließt das Duo ein anspruchsvolles und äußerst nachdenklich stimmendes Konzert.

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