Frankenthal Vertikale Herausforderung

Mit ihrem ersten Platz bei den Westdeutschen Meisterschaften in Pfungstadt schaffte Annika Pidde den Sprung nach Berlin.
Mit ihrem ersten Platz bei den Westdeutschen Meisterschaften in Pfungstadt schaffte Annika Pidde den Sprung nach Berlin.

«BERLIN/FRANKENTHAL.» Beim Internationalen Turnfest in Berlin wurde nicht nur geturnt, sondern auch geklettert. An Pfingsten wurden in der Bundeshauptstadt die Deutschen Meister im Bouldern gesucht. Mit dabei war Annika Pidde aus Frankenthal, die sich bei der Westdeutschen Meisterschaft als Erste für die Endrunde qualifiziert hatte. Dort erreichte sie das Halbfinale.

Annika Pidde hatte gerade erst laufen gelernt, als sie beim Deutschen Alpenverein (DAV) in Frankenthal angemeldet wurde. „Meine ganze Familie war immer viel Wandern und selbst Mitglied im DAV“, erklärt sie. Als ihr Onkel dann beim Bau der Frankenthaler Kletterhalle Pfalz Rock half, sammelte sie mit elf Jahren ihre ersten Erfahrungen an den Klettergriffen. „Wir Kinder durften uns immer im Boulderraum austoben“, erzählt Pidde. Die heute 22-Jährige fand an der Kletterei Gefallen und begann, regelmäßig zu trainieren. Doch eines hatte sie damals schon: „Beim Seilklettern habe ich Angst runterzufallen. Das ist überhaupt nicht meine Sache“, erklärt Pidde. Obwohl beim Bouldern ohne Sicherung geklettert wird, sind ihr Angstgefühle hier völlig fremd. „Bouldern ist ganz anders. Es geht nicht so weit nach oben, unten liegen die Matten, und in meinen Bewegungen bin ich nicht durch das Sicherungsgeschirr eingeschränkt“, sagt Pidde. Weil die Halle in Frankenthal zum Bouldern jedoch eher ungeeignet war, fand sich schnell eine Fahrgemeinschaft, als in Kaiserslautern die Rocktown-Boulderhalle eröffnete. Dort fand Pidde ein zweites Zuhause. „Beim Bouldern gibt es viele verschiedene Dinge, die mich immer wieder antreiben“, erklärt Pidde ihre Liebe zu der vielfältigen vertikalen Fortbewegungsart. Sie werde stets vor neue Herausforderungen gestellt. „Es sind immer wieder neue Probleme zu lösen, für die man unglaublich viele Bewegungsformen verwenden kann.“ Die Studentin schätzt auch das Miteinander beim Bouldern. „Kaum jemand trainiert alleine. Man berät sich, gibt sich gegenseitig Tipps und Lösungsansätze, wie man die Boulder angehen kann. Im Wettkampf steht man zwar alleine vor der Wand, dennoch diskutiert man danach und tauscht sich aus, wie man die Route angegangen ist“, erzählt Pidde. Ob dieser Austausch unter den Sportlern so auch noch in ein paar Jahren stattfinden wird – Bouldern wird ab den Spielen 2020 in Tokio olympische Disziplin –, kann auch Pidde nicht einschätzen. „Je größer unser Sport wird, desto wahrscheinlicher ist die Gefahr, dass Konkurrenzkampf und Konkurrenzdenken wachsen“, fürchtet sie. Da Pidde in Darmstadt Umweltingenieurwesen studiert, kommt sie nicht mehr so oft nach Kaiserslautern oder Frankenthal zum Klettern. Ihre Trainingshalle ist jetzt das Studio Bloc in Pfungstadt, wo im Mai die Westdeutschen Meisterschaften stattgefunden haben. Dort landete Pidde auf dem ersten Platz und schaffte den Sprung nach Berlin zu den Deutschen Meisterschaften. „Bei der Westdeutschen kam mir der Wohlfühlfaktor zugute. Es waren viele Leute da, die ich vom Training kannte. Die haben mich mit ihren Rufen an der Wand natürlich motiviert“, berichtet Pidde. Wie die anderen sechs Finalistinnen schaffte sie den letzten Boulder nicht, während sie bei der zweiten Route mit zwei Versuchen einsame Spitze blieb. „Ich bin froh, dass ich mich für die erste richtige Deutsche Meisterschaft qualifiziert habe“, meint die Frankenthalerin. Vor großer Zuschauerkulisse ging es für Annika Pidde dann am Pfingstwochenende in Berlin in die Qualifikation, um die besten 20 Boulderinnen zu bestimmen. „In der Quali fürs Halbfinale lief es für mich ganz gut“, erläutert Pidde. Unter 29 Teilnehmerinnen landete sie auf dem neunten Rang. Sie schaffte lediglich den vierten Boulder nicht bis zum Bonusgriff, womit sie aber nicht alleine war. „Im Vergleich zu den Westdeutschen Meisterschaften waren die Boulder hier um einiges schwerer, aber immer noch sehr abwechslungsreich geschraubt“, sagt Pidde. Im Halbfinale konnte sie sich jedoch nicht mehr steigern und verpasste es, ins Finale der sechs Besten einzuziehen. Das musste sie dann von der Tribüne aus verfolgen. Pidde wurde 13., gehörte aber zu den sechs Damen, die alle vier Routen zumindest bis zum Bonusgriff gemeistert hatten. Allzu enttäuscht war sie deswegen nicht. „Einen Boulder hatte ich nicht gleich durchschaut. Dann hatte ich keine Zeit mehr, den Topgriff sicher zu halten. Es wäre natürlich schön gewesen, wenn ein paar Boulder mehr gegangen wären“, meint Pidde.

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