Frankenthal Tanzen ist durchaus erwünscht

Milow hat bei seinem ersten Besuch in Worms beim Festival Jazz and Joy mit seiner musikalischen Wandelbarkeit und jeder Menge Charme begeistert. Der Belgier mit der Gitarre zeigte zu später Stunde auf dem gut besuchten Marktplatz, dass er nicht nur Schmuseballaden beherrscht, sondern auch mit tanzbaren Grooves den typischen Milow Sound transportieren kann.

„Ich bin zum ersten Mal in Worms“, sagt ein sichtlich gut aufgelegter Milow, nachdem er um 22.30 Uhr mit „Summer Days“ die Grundlage für eine sehr entspannte Atmosphäre gelegt hat. „Es ist Jazz and Joy, wir sind hier, um etwas Freude zu bringen“, ergänzt er und fordert seine Besucher auf, die Rhythmen nicht nur mitzuklatschen, sondern diese auch in Bewegung umzusetzen. Tanzen ist bei seinem anderthalbstündigen Konzert mehr als erlaubt, zumal auch der Singer und Songwriter aus Belgien zu den eingängigen Beats munter über die Bühne hüpft. Zwar dauert es ein paar Songs, bis die Energie des Sängers auch auf sein Publikum überspringt, aber dann wagen sich viele ebenfalls ausgelassen zu singen und zu tanzen – so, als wären sie alleine im heimischen Wohnzimmer und nicht auf einem Platz inmitten Tausender Menschen. Milow sorgt mit seinen direkten Publikumsansprachen für eine familiäre Atmosphäre – und der Name der Stadt, in der er zum ersten Mal in seiner Karriere, die 2008 startete, spielt, lässt den sympathischen Künstler wie viele andere englischsprachige Musiker schon vor ihm nicht los. „Diese Stadt werde ich nicht vergessen, diese Stadt mit dem schönen und lustigen Namen“, sagt er verschmitzt lächelnd und spielt damit auf die Bedeutung an, die Worms im Englischen hat: Würmer. Den Zuschauern gefällt diese lockere Art des Belgiers, der sich mit seinem aktuellen Album „Modern Heart“ von einer ganz anderen musikalischen Seite zeigt. Sanfte Töne und eine Melodie, die sich in den Ohren festsetzt – dafür war Milow, der eigentlich Jonathan Vandenbroeck heißt, bisher bekannt. Seine einfühlsame Stimme passt perfekt zu den meist ruhigen Balladen. Doch mit seinem sechsten Album erfindet sich der 35-Jährige quasi neu, indem er mit elektronischen Klängen experimentiert und damit den Wandel vom Folk über den Soulpop hin zu einem urbanen Sound mit tanzbaren Beats vollzieht. Dass seine Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist, demonstriert er mit noch unveröffentlichtem Songmaterial. Mit „Tourist“ bringt er karibisches Flair nach Worms, indem Reggae- und Calypsoklänge dem Marktplatz quasi eine Strandbar-Atmosphäre bescheren. Trotz seines Wandels schafft es Milow, sich selbst treu zu bleiben. Seine Lieder haben einen hohen Wiedererkennungswert. Und so ganz kann er sich noch nicht von seiner Gitarre trennen. Immer wieder schnappt er sich das Instrument, um in das Spiel seiner Band einzustimmen – etwa beim Akustikset, das für ruhige, aber sehr intensive Momente bei dem Open-Air-Konzert auf dem Marktplatz sorgt. Auf diese musikalisch reduzierte Weise kommt seine stimmliche Ausdruckskraft voll zur Geltung und sorgt für Gänsehaut-Momente. Emotional wird es bei „Way up High“ – einem Lied, das er seinem verstorbenen Vater gewidmet hat. Milow schafft mühelos den Spagat zwischen sanftem Akustikset und fetziger Disco-Atmosphäre und weiß in jedem Genre zu überzeugen. Neben all den intensiven, etwas melancholischen Momenten bringt der Belgier seinem Publikum auch jede Menge „Joy“ (Freude). Das schafft er ganz besonders mit „Ayo Technology“, jenem Hip-Hop-Stück von 50 Cent und Justin Timberlake, das er 2008 in einer so groovigen Rockversion coverte, dass ihm der Erfolg garantiert war. In Worms glänzt Bandmitglied Tom Vanstiphout dabei mit einem Gitarrensolo, das von den Zuschauern begeistert gefeiert wird. Mit dem reggaeartigen „Against The Tide“, dem leichtfüßig-poppigen „You And Me“ oder dem flotten „Little In The Middle“ versprüht Milow eine Fröhlichkeit, die das Publikum ansteckt. So ist es kein Wunder, dass Handys und Feuerzeuge in den Nachthimmel gereckt werden, um der positiven und ausgelassenen Stimmung Ausdruck zu geben. Spätestens das gemeinsame Hüpfen zu „Howling At The Moon“ zeigt, wie viel Spaß Milow nach Worms gebracht hat.

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