Rhein-Pfalz Kreis Streit um Gotteshaus eskaliert

Wegen Einsturzgefahr wurde sie im August 2015 gesperrt, bleibt für die Großniedesheimer aber ein Wahrzeichen: die protestantisch
Wegen Einsturzgefahr wurde sie im August 2015 gesperrt, bleibt für die Großniedesheimer aber ein Wahrzeichen: die protestantische Kirche mitten im Dorf.

Was jetzt in den Briefkästen von Bürgern dreier Dörfer gelandet ist, liest sich wie eine Endabrechnung mit dem evangelischen Presbyterium. Dieses habe dem Kirchenbauverein „jegliche Zusammenarbeit aufgekündigt“, heißt es in dem Flyer. Das Gremium sei bis heute untätig, was die Sanierung der Großniedesheimer Kirche betrifft. Zusätzlich hat der Vereinsvorstand seine Korrespondenz mit Dekanat und Kirchenregierung ins Netz gestellt. Pfarrer Klaus Schank, der gerade im Urlaub ist und durch die RHEINPFALZ von der Sache erfahren hat, sagt: „Eigentlich ist da jedes Wort zu viel, das ist ein unmöglicher Umgangsstil.“ Worum geht es in dem Streit, der dem Vernehmen nach das Dorf Großniedesheim und die Kirchengemeinde Heuchelheim-Niedesheim zu spalten droht? Im August 2015 wurde die protestantische Kirche in Großniedesheim wegen Einsturzgefahr gesperrt. Die grob auf 575.000 Euro geschätzten Sanierungskosten seien nicht annähernd aufzubringen, verkündete Klaus Schank als Vorsitzender des Presbyteriums. Die Kasse sei wegen der Kirchenrenovierung in Heuchelheim leer, und vorhabenbezogene Zuschüsse für solche Bausachen habe die Landeskirche abgeschafft. Günter Bewersdorff, der für die FWG im Gemeinderat sitzt, Bürgermeister Michael Walther (SPD) und rund 50 andere gründeten deshalb im Juli 2016 einen Kirchenbauverein. Er sammelt Spenden und will damit die Bedeutung des Gotteshauses für die Großniedesheimer deutlich machen. Die Vereinsleute sehen allerdings die Protestantische Kirche in der Pflicht, sich ein Finanzierungskonzept einfallen zu lassen und eigene Mittel locker zu machen. Zum Beispiel durch den Verkauf des Großniedesheimer Gemeindehauses. Pfarrer Schank verbat sich eine solche Einmischung in die Finanzen der Kirchengemeinde, willigte aber ein, sich in den Vereinsvorstand berufen zu lassen. Gegenüber der RHEINPFALZ bezweifelte er, dass die Finanzierung des Großprojekts in absehbarer Zeit gelingen könnte. Ohne professionelles Fundraising, also die Unterstützung durch größere Sponsoren, komme man wahrscheinlich keinen großen Schritt voran. Vereinsvorsitzender Bewersdorff sagt, in dieser Hinsicht habe die Kirche nichts unternommen. Der im Fundraising ausgebildete Pfarrer dagegen versichert: „Wir haben sehr wohl einen Versuch am Laufen, um mithilfe von Kooperationspartnern an Geld zu kommen, aber da ist noch nichts spruchreif.“ Über die Vorgesetzten von Pfarrer Schank wollte Bewersdorff Druck erzeugen. Im Februar schickte er Dekanin Sieglinde Ganz-Walther einen Brief, weil auch noch das Dach der Kirche undicht war und mutmaßlich nichts dagegen unternommen wurde. Nebenbei beschwerte sich Bewersdorff noch über stumme Glocken, die Reduzierung der Gottesdienstzahlen in Groß- und Kleinniedesheim und die Unlust des Presbyteriums, den Verein zu seinen Sitzungen zuzulassen. „Die offensichtlich ungleiche Behandlung der Gemeinden Groß- und Kleinniedesheim gegenüber Heuchelheim fördert nicht das christliche Zusammenleben in einer Kirchengemeinde“, heißt es in dem Brief. Die Dekanin widersprach Bewersdorff und stellte sich im März hinter das Presbyterium. Dieses müsse sich um vier Gebäude und den Gemeindeaufbau sorgen. Mehr als die Sicherung der Kirche sei im Moment nicht möglich. Dem folgte ein langer Widerspruch von Bewersdorff, unter anderem mit Vorschlägen, wie das Presbyterium zu Geld kommen könnte, und mit dem Vorwurf, der Pfarrer grüße ihn nicht mehr. Außerdem beschwerte er sich bei Oberkirchenrätin Marianne Wagner, bei der sich dann Anfang Juli alle Beteiligten trafen. Doch die Fronten blieben verhärtet. Im aktuellen evangelischen Gemeindebrief begrüßt das Presbyterium den Austritt des Pfarrers aus dem Vereinsvorstand, denn dieses Gremium habe kein Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit, und durch die Beschwerdebriefe sei das Vertrauen zerstört worden. Die Retourkutsche dafür ist der jetzt unters Volk gebrachte Flyer des Bauvereins. Pfarrer Schank ist den Streit leid, hat aber das Bedürfnis, sich gegen „in den Pamphleten verbreitete Unwahrheiten“ zu wehren. Zum Beispiel gegen die Aussage, das Presbyterium mache die Sanierung allein von Spenden abhängig. Der Geistliche ist zudem empört über die „Vermischung kirchlicher und kommunalpolitischer Angelegenheiten“. Es habe geheißen, den Pfarrgarten zum Baugrundstück zu machen gehe nur, wenn sich das Presbyterium verpflichte, den Erlös für die Kirchensanierung zu verwenden. Dekanin Ganz-Walther ist ebenfalls verärgert über das Vorgehen des Vereins. „Wir hatten doch zugesagt, unsere finanziellen Verhältnisse darzulegen, sobald wir herausgearbeitet haben, welche Ausgaben künftig geplant sind und was mittel- bis langfristig machbar ist“, sagt die Leiterin des Kirchenbezirks Frankenthal. Großniedesheims Bürgermeister Michael Walther will sich „von keiner Seite vereinnahmen lassen, auch wenn meine Sympathien derzeit eher dem Verein gehören“. Wenn die Kirche nicht in die Gänge komme, nutzten auch die Spenden nichts. Walther kritisiert, dass die kirchliche Seite Günter Bewersdorff nicht bei einem weiteren Klärungsgespräch dabei haben wollte. „Ich komme mir vor wie im Kindergarten“, sagt Walther.

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