Rhein-Pfalz Kreis Jetzt warten Aufgaben in der Küche

Die Krawatte wird Konrad Heller jetzt wohl öfter mal im Schrank hängen lassen. Statt jeden Morgen in die Kreisverwaltung zu fahr
Die Krawatte wird Konrad Heller jetzt wohl öfter mal im Schrank hängen lassen. Statt jeden Morgen in die Kreisverwaltung zu fahren, will er sich mehr um seine Familie kümmern.

Jonathan kann laufen. Diese frohe Botschaft verkündet Konrad Heller schon vor der Haustür, wo er die Gehversuche seines jüngsten Enkels begleitet, während er auf den Besuch wartet. Händeschütteln, herzliches Lachen. Dann geht es in die gute Stube. Den krähenden Jonathan auf dem Arm bittet Heller, doch Platz zu nehmen. „Das ist übrigens ein Grund“, sagt er und deutet auf den Knirps. Konrad Heller hat zur Sommerpause sein Amt als Kreisbeigeordneter niedergelegt, weil er mehr Zeit für Frau, Kinder und Enkel haben möchte. Bis zu den Kommunalwahlen 2019 wollte er nicht mehr warten. Und ein bisschen wird Erika Heller auch nachgeholfen haben. „Ich finde, es reicht jetzt“, sagt sie bestimmt, als sie Schwarzwälder Torte verteilt und Kaffee ausschenkt. 20 Jahre lang habe sie gesagt bekommen: „Das war’s, ich höre auf.“ Sie freut sich, dass es nun wirklich so weit ist. Dabei hätte ihr der Landrat beinahe noch ein Schnippchen geschlagen. Bei Hellers Verabschiedung während der letzten Kreistagssitzung vor den Ferien hätte er seinen Kreisbeigeordneten am liebsten zum Sonderbeauftragten erklärt – als absoluter Rhein-Pfalz-Kreis-Kenner und Repräsentant der Kreisverwaltung wird er nämlich fehlen. Zumal Heller sein Ehrenamt mehr als ernst genommen hat. Er ist fast jeden Tag ins Kreishaus nach Ludwigshafen gefahren. Und wenn er nicht in Ludwigshafen war, war er in den Dörfern unterwegs. Er hat Clemens Körner viele repräsentative Pflichten abgenommen: Geburtstage, Ehrungen, Vereinsjubiläen. Seine Zuverlässigkeit und sein Einsatz wurden bei seiner Verabschiedung nicht nur vom Landrat gepriesen. Die Sache mit dem Sonderbeauftragten hätte Heller schon irgendwie gefallen. Aber er sieht ein, dass seine Frau recht hat. „Irgendwann muss Schluss sein.“ Vier Jahre lang war Heller Kreisbeigeordneter. Das Amt nahm der Mutterstadter im Spätjahr 2013 an. Im April desselben Jahres war der Erste Kreisbeigeordnete Michael Elster (CDU) vom Kreistag abgewählt worden. Während dieser hauptamtlich angestellt war, wirkte Konrad Heller fortan ehrenamtlich – zunächst ohne festen Aufgabenbereich, vornehmlich als Körners Stellvertreter. Nach seiner Wiederwahl 2014 kümmerte er sich um den Eigenbetrieb Abfallwirtschaft. Ein Bereich, in den er sich hineinschaffte. „Man lernt eben nie aus, und es war eine spannende Aufgabe.“ Die größte Herausforderung sei mit Sicherheit die Einführung der Pflichtbiotonne und der damit verbundene Tonnentausch gewesen. Eine solche wartet auf ihn auch zu Hause in Mutterstadt. Und zwar in der Küche. Dort möchte Erika Heller ihren Mann künftig mehr einbinden. „Es wäre mein Traum, wenn er alles Geschirr dahin räumen könnte, wo es hingehört.“ Konrad Heller grinst. „Ich kann mir eben einfach nicht den Platz dafür merken.“ Die Küche ist nicht so sein Ding, lässt er durchblicken. Garten, Haus und Hof – hier packt er dagegen gerne an. Das Amt als Kreisbeigeordneter hat Hellers politische Karriere nur abgerundet. Als Mutterstadter war er vor allem in seiner Heimatgemeinde engagiert. Vor zwei Jahren hat er sein Mandat im Rat niedergelegt. Der Christdemokrat saß in diesem Gremium von 1974 bis 1993 und von 2007 bis 2015 – von 1985 bis 1993 war er Fraktionsvorsitzender. Außerdem fungierte er 1993 und 1994 als weiterer Beigeordneter und anschließend bis 2007 als Erster Beigeordneter. Im Kreistag saß er ab 1984. Und zu alledem kommen außerpolitische Ehrenämter. Allein seine Vereinsmitgliedschaften: MGV Frohsinn, DRK Mutterstadt, Elisabethenverein, Historischer Verein, Freiwillige Feuerwehr und so weiter und so fort. Alles hat er jetzt aber nicht an den Nagel gehängt. Vor allem musikalische Aufgaben nimmt Heller weiterhin wahr. Mit seiner Frau singt er etwa im Kirchenchor, den seine Tochter leitet. Und manchmal hilft er als Organist aus. Mit 68 hat er das Orgelspielen erlernt. Als der damalige Pfarrer Erik Klein hörte, dass Heller Klavier spielen kann, drückte er ihm den Kirchenschlüssel in die Hand – mit den Worten: „Jetzt kannste üben.“ Musik liegt in der Luft und bei Hellers in der Familie. Es gab sogar mal einen Heller-Chor. Den hatte seine Tochter ins Leben gerufen, als sie etwa 18 war. Die Familie ist groß. Heller hat zehn Geschwister, die übrigens alle noch leben. „Da standen hier 20 Stühle im Wohnzimmer, und unsere Angelika saß am Klavier“, erinnert sich Erika Heller. „Und wir hatten sogar Auftritte. In Mutterstadt war der Heller-Chor ein Begriff“, erzählt Konrad Heller. Tochter Angelika Grothe leitet heute viele Chöre. Die Begeisterung, sich ehrenamtlich zu engagieren, habe eben auf seine Kinder abgefärbt. Aber die moderne Berufswelt, der zunehmende Zeitdruck und das Pendeln zum Arbeitsplatz mache es jungen Menschen nicht leicht, sich zu engagieren. Ob ehrenamtliche Beigeordnetenposten künftig noch zu besetzen sind? Heller zuckt mit den Schultern. „Einfacher wird es sicher nicht.“ Der Mutterstadter hat 45 Jahre bei der BASF gearbeitet, am Ende als Lager- und Betriebsleiter. Zeit fürs Ehrenamt war trotzdem da. Weil er es wollte. Auszeiten gab es aber ebenfalls. Weil er es wollte – ein paar Wochen im Jahr nur mit der Familie. Konrad und Erika Heller schwärmen besonders von ihren Wohnmobilausflügen. „Die uns durch ganz Europa geführt haben“, sagt er. Sie: „Nicht ganz. Finnland und Polen fehlen.“ Erika Heller hat die Touren noch ganz genau im Kopf. Sie hat sie geplant, sie hat ihn über Straßen und Grenzen gelotst und sie hat die Reisen nachbereitet. Vom Schwarzwald auf dem Kuchenteller geht es nach Schweden auf Fotos. Als der Kaffee ausgetrunken und Jonathan wieder bei seiner Mama ist, lässt Konrad Heller es sich nicht nehmen, seinen Besuch zurück in die Redaktion zu fahren. Die Strecke kennt er. Die Strecke mag er. Außerdem hat er noch nicht fertig erzählt. Konrad Heller fällt immer noch was ein.

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