Frankenthal Individuelles Coaching statt strenger Lehrpläne

Frühstück ist fertig (von links): die Auszubildenden Pascal Bähr, Niklas Kerbitz, Pia Merten, Fabienne Lorenz und Alessia Sciand
Frühstück ist fertig (von links): die Auszubildenden Pascal Bähr, Niklas Kerbitz, Pia Merten, Fabienne Lorenz und Alessia Sciandrone.

Überall klagen Arbeitgeber über Fachkräftemangel und nicht besetzte Ausbildungsstellen – auch im Hotelgewerbe, das wegen seiner Arbeitszeiten bei jungen Menschen nicht sonderlich hoch im Kurs zu stehen scheint. Ganz anders die Situation bei Victor’s Residenz-Hotel Frankenthal, das sich über Mangel an qualifizierten Nachwuchskräfte nicht beklagen kann. Sechs Auszubildende haben dort ihre neue Stelle angetreten.

Hoteldirektorin Martina Kubis hat ein Erfolgsrezept: Die Azubis – aktuell sind es insgesamt zwölf – werden in ihrem Haus gezielt gefördert und genießen hohe Wertschätzung. Sie dürfen Verantwortung übernehmen und beispielsweise das Hotel einen Tag lang selbstständig führen. „Unsere Ausbildung hat Coaching-Charakter, wir gehen individuell mit den Azubis um“, erläutert die Chefin im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Eine frühzeitige Akquise in Schulen und auf Jobmessen sowie die Kooperation mit der Arbeitsagentur hätten sich bewährt. Die Zahl der Bewerber sei in diesem Jahr sehr groß gewesen. „Allein bei den Kaufleuten für Büromanagement haben wir 70 Absagen erteilen müssen“, sagt Kubis. Was die Auswahlkriterien angehe, hätten Schulnoten längst nicht mehr das Gewicht wie früher. Die Bandbreite der Ausbildungsberufe bei Victor’s ist groß und reicht von den klassischen Hotelfachleuten bis zum dualen Studium im Hotel- und Tourismusmanagement. In jeder Abteilung des 104-Zimmer-Hauses, das rund 30 Mitarbeiter beschäftigt, gibt es einen Ausbilder. Direktorin Kubis legt gesteigerten Wert auf Planungssicherheit für ihre Mitarbeiter, weshalb auch der monatliche Dienstplan sehr frühzeitig aufgestellt wird. Und noch einen Vorteil bietet das Hotel: Die Azubis bekommen nach erfolgreichem Abschluss eine Übernahmegarantie – nicht zwingend in Frankenthal, sondern an einem der insgesamt 13 Victor’s-Standorte. Das „Willkommenspaket“ für die sechs Neuen – drei Kaufleute für Büromanagement, zwei Hotelfachleute und eine Fachkraft Gastgewerbe – hat Lukas Neidlein geschnürt. Er studiert im dritten Semester Hotel- und Tourismusmanagement und absolviert den Praxisteil bei Victor’s. Den Auftakt machte ein gemeinsames Frühstück über den Dächern Frankenthals. „Wir haben uns nicht nur einen Tag, sondern eine ganze Woche für unsere Azubis vorgenommen“, erläuterte Neidlein sein Projekt. Es umfasst neben einer Frankenthal-Tour auf Fahrrädern und „spannenden Schulungen“ zum Thema „positive Kommunikation“ auch eine Hausführung, ein Hotelquiz sowie eine Schatzsuche. „Lernen ist immer in Verbindung mit Aktivitäten am effizientesten“, ist sich Neidlein sicher. Und Ende August durften die Azubis ihre Angehörigen beim „Family-and-friends-day“ ins Hotel einladen. Wie stellt sich die Ausbildungssituation in anderen Frankenthaler Beherbergungsbetrieben dar? Im Hotel Central gibt es derzeit nur eine Auszubildende, die am 1. Juli als Hotelfachfrau angefangen hat. Insbesondere mit Blick auf die sehr frühen Arbeitszeiten sei es nicht einfach, geeignete Bewerber zu bekommen, erklärte auf Anfrage die Rezeptionistin Conny Hirche. Ähnlich äußerte sich auch Deniz Tschunke, Direktorin des Achat-Hotels, wo gegenwärtig vier Azubis im Einsatz sind. Häufig fehle bei den jungen Menschen neben der notwendigen schulischen Bildung auch die richtige Einstellung für einen Beruf im Hotelgewerbe. Eine neue Auszubildende im Servicebereich hat das Hotel Filling seit 1. August.

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