Frankenthal Glücklich alleine

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Ziemlich viele singen auf Deutsch. Junge Kerle alle, diese Forsters, Poisels, Giesingers. Sie surfen die neue Welle ganz schön selbstbewusst und ein wenig neunmalklug. Auch Stephan Ullmann singt Deutsch. Aber die Stücke, die der gebürtige Ludwigshafener für seine Platte „Alles anders“ aufgenommen hat, sind die eines Künstlers, der auf und neben der Bühne schon ein bisschen mehr gesehen hat. Texte mit Tiefe, Musik mit Substanz, lebensklug – sich für das erste Soloalbum Zeit zu lassen, ist jedenfalls kein Fehler.

Alles anders – der Titel der CD, die exakt heute erscheint, ist Programm: Der Profimusiker Stephan Ullmann hat ziemlich viel seines Könnens als Sänger, Gitarrist und Produzent in den zurückliegenden zwei bis drei Jahrzehnten dafür eingesetzt, dass andere gut klingen. „Es lebt sich auch in der zweiten Reihe ganz gut“, sagt er über diese Arbeit im musikalischen Dienstleistungsbetrieb. Und so ist das eigene Album mit seinen elf Songs zwar ein mächtiges Stück künstlerischer Selbstverwirklichung. Der Grund, aus dem es diese Lieder gibt, liegt aber weit weg vom Egotrip: Ullmanns Vater stirbt vor gut drei Jahren. Er schreibt „Wenn die Blätter fallen wie Regen“ – eine anrührend-emotionale Reaktion auf dieses einschneidende Erlebnis. „Das war mein erster deutscher Text und mit ein wenig Abstand die Erkenntnis, dass ich einen Zugang zum Ausdruck in deutscher Sprache habe“, blickt der 48-Jährige zurück. Eine Weile hat es dann trotzdem noch gedauert, bis der Entschluss gefasst war, seine Gefühlswelt nach außen zu kehren. Seitdem ist an sehr verschiedenen Orten sehr verschiedene Musik entstanden: soulig-warme Ohrwürmer wie „Irgendwo im Nirgendwo“, poppige Schmeichler wie „Du lügst so schön“, heitere Rocker wie „Am offenen Herzen“. Aufgenommen hat Stephan Ullmann die Stücke teils im Studio, das er mit Musikern der Grönemeyer-Band in Wiesloch-Rauenberg betreibt, teils während eines längeren Engagements in Wien, aber auch im andalusischen Motril. Kleine und größere Pausen inklusive: „Du musst ja als Musiker auch existieren.“ Sprich: den Lebensunterhalt verdienen. Die auf diese Weise entstandenen Einzelteile zu einem großen Ganzen zu formen, hat der gebürtige Ludwigshafener bewusst anderen überlassen: dem renommierten Toningenieur Sascha Kohl in erster Linie. „Ich hatte festgestellt, dass ich selbst immer recht ähnlich arbeite, so in Richtung kerniger Rocksound“, sagt Ullmann über Ullmann. „Alles anders“ ist seinem Empfinden nach nun eine „zeitlose Produktion mit viel Farbe“ geworden. Und eine mit „erschreckend wenigen Gitarrensoli“, wie er scherzhaft feststellt und verspricht: „Live gehe ich aber schon auch wieder auf die Knie.“ Das Rampensau-Gen. Wie wichtig Stephan Ullmann, der auch als Coach für die Kika-Castingshow „Dein Song“ arbeitet, sein Solo-Projekt ist, lässt sich unter anderem daran ablesen, dass er bis auf den Vertrieb die komplette Produktion selbst organisiert hat: Das fängt beim eigenen Label „Dynamo Records“ an, das er gemeinsam mit dem Frankenthaler Musiker Michael Lorenz gegründet hat, und hört beim Artwork für das Album noch lange nicht auf. Zu warten, ob irgendeine Plattenfirma anbeißt, darauf hatte er schlicht keine Lust mehr. Der größte Gewinn dabei sei neben der künstlerischen Freiheit, die Chance, Dinge ganz nach dem eigenen Gusto anpacken zu können. Und so ganz nach Stephan Ullmanns Geschmack ist es, die Studio-Produktion jetzt auf die Bühne zu bringen: diese Woche Donnerstag im Kulturzentrum Gleis 4 in Frankenthal und dann im Laufe des Jahres mit einer Tour. Die eigenen Songs live zu spielen, fühle sich schon anders an. Anders deshalb, weil es nicht ums Interpretieren und Reproduzieren fremder Musik geht. Dass die Nummern beim Publikum funktionieren werden, davon ist Ullmann überzeugt. Also doch nicht alles anders ... Info Stephan Ullmann „Alles anders“: erhältlich unter anderem im Internet unter www.dynamo-records.com.

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