Rhein-Pfalz Kreis Genervt von Dreck und Geklapper

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Der starke Anstieg der Weißstorch-Population freut viele Bobenheim-Roxheimer und macht engagierte Umweltschützer stolz. Weniger erfreut sind Nachbarn des Vogelparks. Vor allem in der Roxheimer Straße sorgen Storchennester auf Hausdächern für Probleme. Bei der Info- und Diskussionsveranstaltung des Vereins für Naturschutz und Heimatpflege am Mittwoch ging es am Ende heiß her.

Vorweg die Fakten: Mitte der 70er-Jahre galt der Weißstorch in der Pfalz als so gut wie ausgestorben. Tiefgreifende Veränderungen in Landschaft und Umwelt, vor allem Flurbereinigungen und die Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtwiesen, hatten dem Vogel den Lebensraum genommen, die Nahrungskette war durchbrochen. Der 1998 in Bornheim gegründete Verein Pfalzstorch begann mit vielen engagierten Helfern und Sympathisanten, die Art wieder in der Pfalz anzusiedeln. Künstliche Nester wurden hergestellt und Aufzuchtstationen eingerichtet. Die Population wuchs von etwa 70 Brutpaaren im Jahr 2010 auf 224 im vergangenen Jahr. Viele davon leben im südpfälzischen Bornheim und in Bobenheim-Roxheim, wo man im vergangenen Jahr 22 bewohnte Nester zählte. Die Altrheinlandschaft bietet den Vögeln gute Lebensbedingungen und Nahrung. Ewald Marx, der Vorsitzende des Vereins für Naturschutz und Heimatpflege, sprach deshalb von „berechtigtem Stolz“. Die Störche lieben Bobenheim-Roxheim, doch längst nicht alle Bobenheim-Roxheimer lieben die Störche – wenngleich einige Nestbesitzer am Mittwoch immer wieder betonten, grundsätzlich nichts gegen die Vögel zu haben. Doch auf dem eigenen Dach will man sie eher nicht haben. Einer Zuhörerin im voll besetzten Vortragssaal des Heimatmuseums platzte fast der Kragen: „Jeder zeigt Verständnis für uns, aber keiner hilft uns.“ Nächtliches Storchengeklapper auf dem Dach raube ihr den Schlaf, der Kot stinke im Sommer zum Himmel, in Kamin und Regenrinnen befänden sich Äste, und die großen Nester könnten Ursache für Kohlenmonoxidvergiftungen sein. Von teuren Rechnungen für Vogelabwehr auf dem Dach war die Rede. Ein Teilnehmer sprach von vierstelligen Beträgen, die er zum Schutz vor Storchennestern bereits investiert habe. Die „Schuldigen“ waren schnell ausgemacht: Ehrgeizige Helfer des Vogelparks hätten die Vögel geradezu angefüttert, und nun würden es halt immer mehr, hieß es. Ewald Marx und Erster Beigeordneter Frank Peter (CDU) waren sichtlich um eine Versachlichung des Themas bemüht. Man habe Verständnis für die Sorgen und Probleme der Betroffenen und wolle gemeinsam nach Lösungen Ausschau halten. „Aber wir brauchen Zeit und Geduld“, so Marx. Ziel sei es, die Störche schrittweise vom Ortskern an die Ortsränder zu bringen. Anfänglich sei dies bereits gelungen durch die Bereitstellung künstlicher Brutmasten, aber auch durch das Zurechtschneiden von Bäumen. Hier böten sich vor allem Pappeln an, wie Marx anhand von Bildern zeigte. Immer öfter seien die Störche geneigt, solche Bruthilfen anzunehmen und Nester in der freien Landschaft zu bauen. Als großen Erfolg nannte der Vorsitzende des Naturschutzvereins den Storchenmast am Jugendzentrum im Kleinerweg. So ein Mast müsse allerdings auf einem eingezäunten Gelände stehen, und der Verein habe mit Kosten von 80 Euro pro Jahr eine Versicherung für das Nest abgeschlossen. Die Hoffnung von Ewald Marx: „Es stehen umfangreiche Gewässerrenaturierungen an, beispielsweise am Eckbach. Dort entsteht ein Eldorado für Störche.“ Denkbar, dass die Vögel dann in der Nähe dieser Nahrungsreviere nisten. Rainer Berenz, Vorsitzender des Vogelschutzvereins, versicherte, dass man die Fütterung im Vogelpark geändert habe. Der Verein sei finanziell gar nicht in der Lage, noch mehr Störche innerhalb des Parks zu ernähren. Die Änderungen haben offenbar schon Folgen: „Letztes Jahr wurden in 19 Bobenheim-Roxheimer Storchennestern nur noch 17 aufgezogene Jungen gezählt, also weniger als ein Jungvogel pro Nest. Am Anfang waren es noch drei bis fünf“, berichtete Berenz. Ausgesprochen hoch sei die Sterbequote der Wandervögel. Man habe 26 Störche mit Sendern ausgestattet. Diese Tiere seien aber wohl auf ihrem Weg nach Spanien und Nordafrika und zurück verendet. Womit die Vogelfreunde verdeutlichten, weshalb der Weißstorch immer noch ein bedrohter Vogel ist. Ewald Marx: „Wir suchen gemeinsam nach Lösungen, aber wir reden hier nicht über einen Störenfried, sondern über eine geschützte Vogelart.“

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