Frankenthal Frankenthal: Stadt will für fast sechs Millionen Euro mobile Unterkünfte

5,4 Millionen Euro sollen die in zwei Abschnitten geplanten Unterkünfte zwischen Siemens- und Robert-Bosch-Straße nach Schätzung
5,4 Millionen Euro sollen die in zwei Abschnitten geplanten Unterkünfte zwischen Siemens- und Robert-Bosch-Straße nach Schätzung der Stadt kosten.

Die Stadt möchte den schon länger gehegten Plan in die Tat umsetzen und auf einem 5300 Quadratmeter großen Grundstück im Gewerbegebiet Nord mobile Unterkünfte aus Holzmodulen errichten. Einziehen sollen dort rund 290 Flüchtlinge, die bisher in den Messehallen auf dem Festplatz und in Wohnheimen gelebt haben. Zwei Probleme gibt es: die Kosten und das Baurecht.

Für Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) ist das vergangene Woche im Umwelt- und Planungsausschuss und am Dienstag im Haupt- und Finanzausschuss beratene Projekt ohne Alternative: Ein anderes Gelände mit vergleichbarer Lage und Größe gebe es in Frankenthal nicht, sagte er. Und dann sei da noch der Faktor Zeit: „Wir müssen in die Pötte kommen“, formulierte es der OB vor dem Ausschuss.

Im Stadtgebiet verteilte kleinere Objekte seien für die Verwaltung nicht zu leisten

Nach inzwischen anderthalb Jahren, die manche Bewohner in den als Notunterkünften genutzten Messehallen lebten, müssten diese Menschen eine angemessene Wohnung bekommen. „Man kann diese Leute nur für ihre Geduld loben“, betonte der OB. Für Flüchtlinge und ihre Familien über die Stadt verteilt kleinere Objekte zu errichten, sei vielleicht stadtplanerisch sinnvoller, vom Aufwand her für die Verwaltung aber nicht leistbar, zeigte sich Hebich überzeugt.

Dadurch wird der Festplatz wieder nutzbar

Billig wird das Ganze auch so nicht: Die auf dem Grundstück in der Siemensstraße geplanten Gebäude in Form mobiler Holzmodulbauten hochzuziehen, kostet für zwei Abschnitte rund 5,2 Millionen Euro plus die Kosten für den Kauf des Grundstücks von den Pfalzwerken. Im Gegenzug sei der Festplatz wieder für Veranstaltungen nutzbar, es kehre ein Stück Normalität ein, betonte Hebich. Diesen Umstand streichen im Haupt- und Finanzausschuss die Redner aller Fraktionen heraus. „Für jemanden, der gut 15 Monate hinter Planen wohnen musste, sind diese Wohnungen ein großer Fortschritt“, sagte Tobias Busch (CDU). Von einer „absoluten Notwendigkeit“ sprach Rainer Schulze (Grüne).

Das Projekt hat zwei Haken: die Kosten und das Baurecht

Einig waren sich die Kommunalpolitiker allerdings auch in der Diagnose, dass das Projekt im Gewerbegebiet Nord mindestens zwei Haken hat. Der erste: die Kosten. Fast sechs Millionen Euro für eine möglicherweise temporäre Baumaßnahme sei eine Menge Geld, konstatierte CDU-Fraktionssprecherin Gabriele Bindert. Der Grüne Schulze sagte, er habe angesichts der Investitionskosten „Bauchgrimmen“. Diese Bedenken gegenüber einem kurzfristigen Vorhaben für eine Millionensumme teilte auch Bernd Leidig (SPD). Der zweite Haken: das Baurecht. Geplant ist laut Stadtverwaltung, die Unterkünfte auf der juristischen Grundlage von Ausnahmeregelungen zu errichten, die dem Baugesetzbuch unter dem Eindruck der Flüchtlingswelle 2014 und 2015 hinzugefügt wurden (siehe „Zur Sache“). Das Problem: Der dafür erweiterte Paragraf 246 sieht für unter diesen besonderen Bedingungen errichtete Flüchtlingsunterkünfte eigentlich eine Nutzungszeit von höchstens drei Jahren vor.

Noch keine konkreten Pläne für die Zeit nach der Nutzung als Unterkunft

„Aber was passiert nach den drei Jahren?“, fragte FWG-Fraktionsvorsitzende Ingrid Hezel. Christdemokratin Bindert regte an, während dieses Zeitraums ein Bebauungsplanverfahren anzuschieben. Das Projekt an der Siemensstraße sei zu groß und biete zu viele Chancen, um es nicht länger als drei Jahre zu nutzen. Sie hob die Möglichkeit hervor, Asylbewerber aus anderen Unterkünften wie den Wohnheimen in der Heßheimer Straße und Am Nußbaum in Mörsch im Gewerbegebiet unterzubringen – um diese alten Standorte dann sanieren zu können. Der Oberbürgermeister ist in dieser Frage offenbar selbst noch unentschlossen: Einerseits appellierte er an die Kommunalpolitiker, dass diese „Farbe bekennen“ könnten, indem sie das Aufstellen eines Bebauungsplans unterstützten. Es sei schon naheliegend, an der nun gewählten Stelle Baurecht zu schaffen. Andererseits wies Martin Hebich auf die Schwierigkeit hin, dass gegenüber benachbarten Anliegern des Areals bisher mit dem provisorischen Charakter der geplanten Wohnanlage argumentiert worden sei. „Wenn wir dann aber Fakten schaffen, würden die Betroffenen das dann auch anders aufnehmen“, sagte der OB. Nicht jeder sei von dem Vorhaben begeistert.

Stadtratssitzung im Juli wird letztes Wort haben

„Ohne Ansatz, wie es nach den drei Jahren weitergeht, haben wir mit dem Thema Schwierigkeiten“, fasste Bernd Leidig die SPD-Sicht zusammen. Unter anderem deshalb stimmte der Haupt- und Finanzausschuss vorgestern nicht über das Vorhaben ab. Das letzte Wort hat in der letzten Sitzung vor der Sommerpause im Juli der Stadtrat. Der Wunsch des Oberbürgermeisters: „Das ist eine Geschichte, die wir mit größtmöglicher Mehrheit beschließen sollten.“ Kommentar

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