Frankenthal Ende der Schonzeit

«Frankenthal.» Seit zwei Monaten läuft das Training mit Anna. Die ersten Erfolge stellen sich ein. Das Überhangmandat ist geschrumpft. Mein Küchenherd und ich haben Freundschaft geschlossen. Und selbst drei Wochen ohne meine Personal Trainerin habe ich schadlos überstanden.

Um es gleich vorwegzunehmen: Es läuft! Meine Waage zeigt mittlerweile 13 Kilogramm weniger an als zu Beginn des Programms. Dass es so schnell geht, hätte ich nicht gedacht, obwohl Anna ja gemeint hatte, dass es am Anfang ziemlich flott geht mit der Gewichtsreduktion. Dabei merke ich, wie mir der Alltag zunehmend leichter fällt – im wahrsten Sinne des Wortes. Und auch in Sachen allgemeine Fitness spüre ich eine deutliche Steigerung. Ich erklimme die Gipfel des Pfälzerwalds bei den Touren mit Kollege Frank Geller mittlerweile mit weniger Mühe. Drei Wochen lang musste ich zu Hause im Wohnzimmer trainieren. Anna war in Sachen Brazilian Jiu-Jitsu am Zuckerhut unterwegs. Sie hat mir dafür extra zwei Trainingsvideos auf DVD aufgenommen. Insgesamt 15 habe sie für all ihre Kunden vor den drei Wochen in Rio produziert. Die Übungen hat sie alle vorgemacht. „War ganz schön anstrengend. Deshalb fahre ich auch nicht gerne in Urlaub“, sagt sie und lacht. Ich glaube ihr. Anna ist wichtig, dass sie ihren Kunden keine Videos von der Stange mitgibt. Und so spricht mich die Anna auf dem Laptop-Bildschirm auch sofort mit meinem Namen an. „So, lieber Christian. Hol noch mal tief Luft. Rücken gerade, Bauch anspannen ...“ Ja, das ist wie bei den bisherigen Übungseinheiten in ihrem Trainingsraum. Also keine große Umstellung. Und Sie glauben gar nicht, was man alles in den eigenen vier Wänden ohne teure Geräte machen kann. Zwei Wasserflaschen und ein Stuhl reichen als Zubehör für den Kraft-Ausdauer-Zirkel. Die Wasserflaschen erhöhen die Intensität der Übungen. Man nimmt sie – anstelle von Hanteln – bei Ausfallschritten und Kniebeugen in die Hände. „Die Schonzeit ist vorbei“, sagt Anna noch, bevor sie gen Brasilien entschwindet. Ich höre kein Mitleid in ihrer Stimme. Immerhin: Die Ausführung der Kniebeugen sei bei mir mit Hanteln besser als ohne, meint meine Trainerin. Zurück ins Wohnzimmer. Ebenfalls ganz einfach: Liegestütze gegen die Wand. Die sind gut für die Stabilität des Rumpfs, die Brustmuskeln und den Trizeps. Je weiter die Füße von der Wand entfernt sind, desto intensiver ist die Anstrengung. Die Bauchmuskeln und den unteren Rücken kann man bequem mit einem Stuhl trainieren. Vorne auf den „Schnapper“ setzen, und dann so weit wie möglich zurücklehnen. Wichtig ist, dass man bei der Übung nicht ins Hohlkreuz fällt. Natürlich durfte auf den Videos der aus dem ersten Teil der Serie schon bekannte „Fallschirmspringer“ nicht fehlen. Dafür war eine Yoga-Matte, die mir meine Kollegin Britta Willeke überlassen hat, sehr nützlich. Es gab lediglich zwei Probleme. Das erste: Anna hat den Fallschirmspringer abgewandelt. Es gibt ihn jetzt auch in dynamischer Form. Also abwechselnd den rechten Arm und das linke Bein sowie den linken Arm und das rechte Bein heben. Das zweite: Wenn Sie sich in Ihrem Wohnzimmer, oder wo auch immer Sie die Übung nachmachen wollen, auf den Bauch legen, machen Sie sich darauf gefasst, dass Sie Dinge unter Ihrem Sofa entdecken, die Sie nicht sehen wollen. Auch die diversen Dehnübungen für Oberschenkel, Adduktoren und Arme sind zu Hause kein Problem. Allerdings tue ich mir beim Dehnen der Adduktoren noch ein bisschen schwer. Mit gespreizten Beinen auf den Boden setzen und dann mit geradem Oberkörper nach vorne beugen, ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Vor ihrem Abflug nach Südamerika hat Anna noch die Intensität der Übungen erhöht. Fünf Sekunden länger hier, fünf Sekunden länger da. Tja, von nichts kommt nichts. Die Steigerungen passe sie bei jedem Kunden individuell an. Meinen zarten Protest kontert sie mit: „Ich trau dir das zu!“ Da ist Widerspruch zwecklos. Aber ich will ja auch etwas von dem Training haben. Anna sagt, dass sie die Übungen zu Beginn des Trainings mit einer relativ niedrigen Intensität ansetzt. „Am Anfang müssen erst mal die einzelnen Muskelgruppen getestet werden. Ich muss schauen, wo Defizite sind.“ Bei mir habe sie relativ gering angesetzt, aber schnell die Intensität erhöht. „Steigerung ist wichtig. Die muss immer sein, sonst gibt es keinen Erfolg“, erläutert Anna. Das sehe ich ein. Apropos Erfolg. Wie im Vorspann schon angerissen, habe ich mich ganz sachte meinem Herd genähert. Den habe ich sonst nur gebraucht, um Nudeln abzukochen. Und Sie erinnern sich bestimmt noch an die bösen weiterverarbeiteten Lebensmittel aus Folge eins der Serie. Der Begriff „kochen“ verbietet sich da eigentlich. Mittlerweile klappt das mit der gesunden Ernährung. Ich schnipple fleißig Gemüse, wenn ich abends heimkomme. Dann wird für die nächsten Tage vorgekocht. Mit meinem Gemüsehändler bin ich schon per Du. Frikadellen klappen auch ganz passabel. Das Problem: Haben Sie schon mal beim Metzger Ihres Vertrauens Putenhackfleisch bestellt? Zum Glück hat meine Fleischwarenfachverkäuferin eine Lösung gefunden. Ich solle einfach kurz vor Ladenschluss kommen. Dann lasse sie das Putenhackfleisch zum Schluss durch die Maschine laufen. Meine Bratkartoffeln finden sogar bei manchem Kollegen Anklang. Annas Rezepte helfen. Ohne die Hilfe meiner Mutter wäre ich allerdings in Sachen Kochkünste aufgeschmissen (Danke Mama!). Dass Paprika zum Beispiel früher in die Pfanne kommt, weil’s länger dauert als Zucchini – das musste ich lernen. Die Umstellung in Sachen Ernährung war vielleicht die größte Herausforderung bei der ganzen Aktion. Zu einfach und verführerisch war es, sich eine Fertigpizza in die Mikrowelle zu schieben oder mit Freunden zum nächsten Fast-Food-Anbieter zu gehen. Leider fällt dieser Umstellung auch sehr oft die Mittagspause mit den Kollegen zum Opfer. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich keine Lust mehr auf den Fertigkram hätte. Aber ich bleibe standhaft, greife stattdessen zwischendurch lieber zu Obst. Und ein bisschen darf ich ja auch sündigen. Sie erinnern sich an die Cheat Days, an denen ich Sachen essen darf, die nicht Annas Gnade finden? Eigentlich ist der Begriff Cheat Meal treffender. Denn ganze Schummeltage habe ich bislang noch nicht eingelegt. Mal ein Abendessen mit Freunden, mal ein Treffen mit der Familie ... Aber unterm Strich kann ich sagen, dass mir das Fertigzeug nicht fehlt. Bisweilen verspüre ich sogar schon etwas Spaß, wenn ich am Herd stehe und in der Pfanne rühre. Mittlerweile haben wir das Training nach draußen verlegt. Bietet sich ja auch an. Der Umfang bleibt: zweimal pro Woche jeweils eine Stunde. Nach den ersten Open-Air-Einheiten muss ich sagen: Die Schonzeit ist wirklich vorbei. „Die ersten zwei Monate waren für die Grundlagen. Jetzt gehen wir an den Muskelaufbau“, sagt Anna. Auf jeden Fall hatte ich nach der Freiluftpremiere einen gepflegten Muskelkater. Also sind die Muskeln da. Sie sind nur an Stellen meines Körpers, die mir gänzlich unbekannt waren. Eines der zentralen Hilfsmittel außerhalb der sicheren vier Wände ist eine Parkbank. Liegestütze, Übungen für die Bauch- und unteren Rückenmuskeln – die spüre ich noch am Tag danach. Auch der erweiterte Kardio-Parcours zum Abschluss der Stunde hat es in sich. Damit wir der Hitze aus dem Weg gehen, finden die Einheiten statt, bevor ich ins Büro muss. Kein Problem. Wir sind beide passionierte Frühaufsteher. Und mit einer Fitnesseinheit zum Start, arbeitet es sich in der Tat leichter ... Info Video zur Serie „Mach mich fit“ und den ersten Teil des Selbstversuchs gibt es im Internet unter www.rheinpfalz.de/storys.

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