Frankenthal Dünn oder derb, klassisch oder verspielt

Die Preisträger: Guido Sengle (Hauptpreis, dotiert mit 4500 Euro) mit Sarah Pschorn (links) und Aline Julie Hubschmid (Förderpre
Die Preisträger: Guido Sengle (Hauptpreis, dotiert mit 4500 Euro) mit Sarah Pschorn (links) und Aline Julie Hubschmid (Förderpreise mit jeweils 1500 Euro).

Wie schwer für die Jury die Auswahl des Perron-Kunstpreises war, ist bis 3. September im Frankenthaler Kunsthaus anhand der 58 Arbeiten von 44 Keramikern nachzuvollziehen, die eigentlich alle von der Idee bis zur Technik preiswürdig sind. Zu sehen sind alle Arbeiten, die es in die Hauptjurierung geschafft haben. Am Freitagabend fand vor rund 120 Besuchern die Preisvergabe durch Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) statt.

„Die Lust am Experimentieren bestimmt die Arbeit der Keramiker heute wie seit Jahrtausenden“, sagte die Laudatorin Monika Gass, Jurymitglied und Leiterin der Keramikwerkstatt Westerwald, über die Arbeiten. Und das trotz oder gerade wegen des schwierigen, mitunter unberechenbaren Materials Porzellan, das nach detailreicher Ausarbeitung beim Brand am Ende mitunter nicht zu dem erwarteten Ergebnis führt. „Mit Misserfolgen muss jeder Keramiker leben“, sagte Gass. Dennoch: Das „weiße Gold“ sei in unseren Breiten seit 1509 sehr geschätzt. So blickt man auf eine Vielfalt an Formen und Techniken. Im Kunsthaus sind sehr filigrane Objekte ausgestellt wie Michael Marx’ Arbeit „Zen“. Sie erinnert an ein Bonsaibäumchen mit schwarzem Fuß oder Stamm und hauchdünnem weißem Wipfel, für den als Formvorlage offensichtlich Eierkartons dienten, die sich nach oben öffnen: wie ein Gefäß – der Vorgabe des Wettbewerbs. Erstmals habe die Stadt sich dazu entschlossen, eine solche Vorgabe zu machen, erläuterte Hebich, um „eine bessere Vergleichbarkeit“ zu haben. Und so wurden klassische Vasen, Kannen, Schalen eingereicht – auch Klangschalen – und Geschirr, mal dünn-, mal dickwandiger, in bemalter Muschelform (Anke Roschka), in leicht geknickter Form übereinandergestülpt (Beate Leonards), in sehr sparsamen, fast ärmlich anmutendem Äußeren (Aino Nebel) oder geheimnisvoll als hauchdünne weiße Servierplatte auf derbem mit Symbolen bemaltem Holz (Sabine Mooshammer). Viele der Arbeiten sind auch nutzbar. Eher schmückend dagegen ist Niedziolka Tomasz’ „You make a storm around me“. Das Objekt ähnelt einem Füllhorn, das sich gleich ausschüttet. Futuristisch mutet Heide Nonnemachers orangefarbenes Gefäß „#M2222“ an, das an ein Molekülmodell aus kugelförmigen orangeroten Porzellanbläschen erinnert. Auch Vergänglichkeit ist ein Thema: etwa bei Sarah Bartmanns Bauhauskannen mit dem abgewetzten, eingedellten Charme des Alters, oder bei Barbara Hertwigs mit Fragmenten „geflickter“ Rosenmustervase. Lotte Buchs Objekte lassen an Schrottteile denken. Ulrike Uschmanns Kannenflaschen wirken, als seien sie einst als Flaschenpost abgestempelt aufgegeben worden. Interessant ist Verena Stiegers „Spice“, das aus drei mattweißen Porzellanbehältern mit Deckel besteht. Sie verbindet das edle Material mit einer industriell gefertigten Metallkurbel: einer der drei Behälter ist einwandfrei, der zweite angeknautscht, der dritte wirkt stark in Mitleidenschaft gezogen. Verspielt wirkt Bettina Graber Reckziegels Kanne „Meerjungfrau“: dekoriert mit aufgemaltem Tang oder kleinen Figürchen als Fisch und Korallen. Humor zeigt Petra Weifenbach bei ihrem „Blauen Wunder“: In fünf sparsamen, fast comichaften Zeichnungen hat sie brav als Gefäß Zwiebelmuster-Keramikscherben integriert als Badewanne, Vasen, Becher oder Eimer unter dem tropfenden Wasserhahn. Und schließlich sind da noch Dingqi Chens Streicheldosen als weiße Porzellantöpfchen mit einem pinselförmigen, vermutlich streichelzarten Inhalt. Musikalisch umrahmten den Festakt Andrea Silber (Sopran) und Rainer Diehl (Klavier) sowie die Porzellinen der Städtischen Musikschule Frankenthal. Öffnungszeiten Bis 3. September im Kunsthaus Frankenthal, Mina-Karcher-Platz 42a, täglich außer Montag von 14 bis 18 Uhr; Eintritt frei.

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