Rheinpfalz Pfälzerin will als erste deutsche Frau ins All

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KAISERSLAUTERN. Mithilfe von Sponsoren soll im Jahr 2020 die erste deutsche Frau ins All geschickt werden. Auch eine Wissenschaftlerin aus Kaiserslautern ist unter den Kandidatinnen. Jovana Džalto träumt davon, sich zur Astronautin ausbilden zu lassen. Mit über 400 anderen Frauen hat sie sich um diesen interessanten Job beworben.

Frau Džalto, mit 31 Jahren steht Ihnen die ganze Welt offen. Warum wollen Sie ausgerechnet ins All fliegen?

Weil ich mich schon immer für den Weltraum interessiert habe. Schon als Kind fand ich zum Beispiel Kometen faszinierend. Ich würde gerne wissen, wie sich die Schwerelosigkeit anfühlt. Und natürlich möchte ich die Erde von oben betrachten. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen. Viele kleine Jungs wollen unbedingt Lokomotivführer werden. Waren Sie das Mädchen, das von klein auf Astronautin werden wollte? Nein. Es gibt Bewerberinnen, bei denen das so war. Ich wäre als Kind nie auf die Idee gekommen, Astronautin werden zu wollen. Warum nicht? Das hätte überhaupt nicht in das Frauenbild gepasst, in dem ich fest verankert war. Es wäre mir vermessen vorgekommen. Wir Mädchen haben uns früher nicht so viel zugetraut. Jetzt bin ich aber zuversichtlich, dass ich mein Ziel erreiche. Wir Pfälzer drücken Ihnen fest die Daumen. Es sind aber immer noch 120 Bewerberinnen übrig – darunter Wissenschaftlerinnen, Ärztinnen und Pilotinnen. Haben Sie beruflich mit der Raumfahrt zu tun? Nein. Raumfahrt ist allerdings ein großes Thema für das Institut, in dem ich arbeite. Ich bin Maschinenbau-Ingenieurin und befasse mich an der Technischen Universität Kaiserslautern mit Verbundwerkstoffen und Leichtbau. Meine Doktorarbeit will ich bis Februar 2017 abgeschlossen haben. Wenn ich dann im März unter den Finalistinnen wäre, würde das genau passen. Dazu ist aber eine große Portion Glück nötig. Wie kam es denn, dass Sie sich als Astronautin beworben haben? Das war die Idee meiner Kollegin. Sie sagte: Du erfüllst alle Voraussetzungen, bewirb dich doch! Welche waren das? Vorausgesetzt wurden unter anderem ein Studium im wissenschaftlichen Bereich und einige Jahre Berufserfahrung. Außerdem sollte man sportlich und fliegerisch aktiv sein. Können Sie fliegen? Ja. Mein Hobby ist Segelfliegen. Seit August habe ich meine Fluglizenz. Mussten Sie schon schwierige Tests bestehen, um sich gegen die anderen Kandidatinnen durchzusetzen? Nein. Das Schwierigste war das Bewerbungsvideo. Es hat mir einiges abverlangt. Glücklicherweise haben mir Freunde und Kollegen dabei geholfen. Danach war die Warterei das Schlimmste. In der zweiten Runde musste ich jede Menge Fragebögen ausfüllen. In erster Linie ging es um meine körperliche Fitness. In Berlin stand vor ein paar Tagen die mediale Wirkung der Bewerberinnen im Mittelpunkt. Da mussten wir beweisen, dass wir auch kameratauglich sind. Wieso das denn? Sie wollen doch fliegen und keinen Film drehen. Das ist das Besondere an dieser privatwirtschaftlich gesponserten Ausbildung. Die erste deutsche Astronautin wird eine Sonderrolle spielen. Sie soll junge Frauen dazu animieren, sich für technische Berufe zu interessieren. Mädchen soll bewusst gemacht werden, dass intelligente Frauen heutzutage alles schaffen können. War es für Sie vor zehn Jahren schwer, in einer Männerdomäne zu studieren? Fachlich nicht, aber ich war in Kaiserslautern auf mich allein gestellt. Die Frauen konnte man an einer Hand abzählen, und in die Lerngruppen der Jungs wurde ich nicht eingeladen. Inzwischen werde ich anerkannt und auch als Kumpel von Kollegen akzeptiert. Heute studieren viel mehr Mädchen technische Fächer, aber das Verhältnis 50:50 ist noch weit entfernt. Wie geht es jetzt weiter? Ich hoffe, dass ich unter die 90 Kandidatinnen komme, die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt auf ihre Eignung getestet werden. Was steht Ihnen dort bevor? Da geht es um kognitive, medizinische und psychologische Tests, um räumliches Vorstellungsvermögen und ähnliches. Was uns genau erwartet, wissen wir nicht. Ich habe aber schon so viele Prüfungen abgelegt, dass mich das nicht schrecken kann. Hätten Sie keine Angst, in eine Rakete zu steigen? Die Bilder der zerstörten Raumfähren Challenger und Columbia hat man ja immer noch vor Augen. Furchtlosigkeit ist erfreulicherweise kein Einstellungskriterium. Angst habe ich vor dem Starten übrigens auch im Segelflugzeug, aber sie blockiert mich nicht in meinem Handeln. Und was sagt Ihre Familie zu Ihren Plänen? Sie steht mir nicht im Weg. Meine Mutter war völlig aufgelöst, als ich in Lachen-Speyerdorf mit dem Segelfliegen angefangen habe. Inzwischen findet sie es aber toll, dass ich mich beworben habe. Und mein Freundeskreis fiebert mit mir. Was geschieht, wenn Sie das Casting tatsächlich gewinnen? Dann werde ich im Sternenstädtchen bei Moskau und in Houston zwei Jahre lang zur Kosmonautin ausgebildet, um anschließend zehn Tage auf der Raumstation ISS zu verbringen. Ich muss also Russisch lernen und werde selten in der Heimat sein. Ihre Eltern sind aus Jugoslawien geflohen. Wo fühlen Sie sich daheim? Ich lebe jetzt schon so lange in Kaiserslautern, dass ich mich als echte Pfälzerin fühle. Gewohnt habe ich aber auch im Hunsrück und in der Eifel. Ich bin in Boppard und Cochem zur Schule gegangen. Was würden Sie in die ISS mitnehmen? Eine sehr gute Kamera und ein Maskottchen. Es wäre sehr spannend, den durchgetakteten wissenschaftlichen Alltag in der Station zu erleben und dort Experimente zu machen. Und wie ginge es hinterher weiter? Mit Öffentlichkeitsarbeit und Vortragsreisen, da die ESA vermutlich genug eigene Astronauten hat. Anschließend kann ich dann als Wissenschaftlerin oder in der Industrie arbeiten. | INTERVIEW: Petra Depper-Koch

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