Bad Dürkheim Hochleistungssport am Cembalo

Delia Stegarescu stellt verschiedene Musikstile des 18. Jahrhunderts vor.
Delia Stegarescu stellt verschiedene Musikstile des 18. Jahrhunderts vor.

„Bach als Europäer“ war der Titel des überaus hörenswerten Konzerts der Seebacher Abendmusiken mit der Cembalistin Delia Stegarescu. Zu hören waren eine Französische und eine Englische Suite sowie das Italienische Konzert Johann Sebastian Bachs.

Das 18. Jahrhundert war geprägt vom Gegensatz zwischen dem französischen und dem italienischen Musikstil. Sehr viel Tinte wurde an die Frage verwendet, welcher von beiden vorzuziehen sei und ob es dazwischen noch eine dritte Art – den gelehrteren deutschen Stil – gebe. Auch aufführungspraktisch war das von Relevanz: Der Musiker musste wissen, welcher Stilart der Komponist folgt, weil daraus unterschiedliche Ausführungsarten desselben Notentextes resultierten. Im Zuge der historisch informierten Aufführungspraxis wird das heute wieder studiert. Sinnfällig wird das an der schon aus dem 18. Jahrhundert überlieferten Anekdote: Händel sei in Italien unzufrieden gewesen, wie ein berühmter italienischer Musiker eine Händelsche Komposition dirigierte. Dieser entgegnete bissig, sie sei halt im französischen Stil geschrieben, von dem er nichts verstehe. Französische Musik setzte vor allem auf rhythmische Prägnanz und war melodisch eher kurzartig, während italienische Musik vorzugsweise sangliche Melodien ausspann. Johann Sebastian Bach indes kam nie weit aus seinem mitteldeutschen Lebensraum heraus, aber die Musik seiner Zeit kannte er gründlich, und er legte immer wieder Wert darauf, zu zeigen, dass er die verschiedenen Nationalstile beherrschte. Mit einer kleinen Überraschung wusste die Cembalistin, die in Bukarest und Stuttgart Musik studiert hat und an der Musikschule Ludwigshafen unterrichtet, dem Konzert einen interessanten Auftakt zu verleihen: Obwohl im Programm als Erstes die achtsätzige Französische Suite Nr. VI in E-Dur (BWV 817) verzeichnet stand, stand sie schon nach einen Satz auf zu einführenden Worten. Dann stieg sie in die Suite selbst ein, der sie mit schwerelos wirkender, ungemein flüssiger, anfangs allerdings nicht immer ganz makelloser Geläufigkeit Gestalt gab. Präzis wie ein Uhrwerk erklang die Allemande, besondere Freude macht die rhythmisch fein pointierte Gavotte. Da ist nichts schwer oder hölzern, alles hat raschen Fluss. Dieselben Qualitäten zeichnen den Vortrag der Englischen Suite Nr III in g-Moll (BWV 808) aus. Sie ist für einen englischen Auftraggeber gemacht. Ob damit auch stilistische Implikationen verbunden sind, ist schwer zu sagen. Die Musik wirkt jedenfalls um einiges interessanter als die der vorherigen Suite. Schon das Prélude ist mitreißend gespielt. Klar legt Stegarescu in den folgenden Sätzen bei durchweg straffem Tempo die Struktur dar, zieht sachte gestalterische Andeutungen massiven Akzenten vor, hier ist alles organisch und hochkonzentriert – das Zuhören ein reines Vergnügen. Nun das Konzert nach italienischem Gusto in F-Dur (BWV 971), ein sehr berühmtes Stück. Höchst einprägsam das erste Thema. Flott und flüssig rauscht dieses Allegro mitreißend am Hörer vorbei. Der langsame Mittelsatz wird durch den Lautenzug klanglich differenziert, und das Schlussallegro ist brillanter Hochleistungssport. Es beeindruckt die Hörerschaft in der voll besetzten Seebacher Klosterkirche so, dass der Schlussapplaus ungemein herzlich und ausgedehnt ausfällt. Als Zugabe: noch ein wenig Scarlatti.

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