Kreis Bad Duerkheim Ernüchterung überwinden

Liebe Leserinnen und Leser, gerne nehme ich die Gelegenheit war, Ihnen wieder von unserem Flüchtlingshilfeprojekt im Dürkheimer Mehrgenerationenhaus zu berichten. Ich bin dort in erster Linie damit beschäftigt, Sprachkurse zu organisieren und halte zum Teil auch selbst Unterricht. Im letzten halben Jahr ist bei uns weniger los als vorher. Das liegt unter anderem auch an der Schließung der Balkanroute. Es kommen längst nicht mehr so viele Flüchtlinge zu uns wie noch vor ein oder zwei Jahren. Also kann sich die Vielzahl der engagierten Helferinnen und Helfer zurücklehnen und entspannen? Das wäre schade! Denn es gibt immer noch viele Probleme, die gelöst werden müssen. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle haben wir Deutsche eine Willkommenskultur vorgelebt, auf die wir mit Recht stolz sein dürfen, weil sie etwas ganz Besonderes war. Eine Woge der Spenden- und Hilfsbereitschaft schwappte über unser Land und viele Menschen stellten sich mit offenem Herzen als Paten zur Verfügung. Mit großem Elan wurden zahlreiche und gute Hilfsprojekte initiiert und alle dachten, wenn wir nur kräftig mit anpacken, schaffen wir das. Heute, drei Jahre danach, ist bei vielen Engagierten Ernüchterung eingetreten. Wir dachten, dass manche Dinge leichter sind. Wir haben unterschätzt, dass die Menschen zum Teil stark traumatisiert sind und deshalb manchmal „ungewöhnliche“ Reaktionen zeigen oder bestimmte Dinge einfach nicht tun können. Es war uns vielleicht auch nicht bewusst, dass es „die Flüchtlinge“ nicht gibt, sondern die Einzelnen aus ganz verschiedenen Kulturen kommen und nun alle möglichst schnell unsere deutsche Kultur verstehen sollen. Ein großes Problem sind auch die unterschiedlichen Bildungssysteme und die zum Teil nicht vorhandene Vorbildung der Menschen. Wer im Alter von acht Jahren in Afghanistan oder Pakistan seinen Lebensunterhalt mit Näharbeiten verdienen musste und nie eine Schule besuchte, kann auch nach zwei Jahren Sprachkurs noch keine Sprachprüfung ablegen. Ich weiß, dass gerade bei unseren Paten, die viel Zeit und Mühe in die Betreuung der Menschen investiert haben, hier einiges an Frustration entstanden ist. Doch an dieser Stelle möchte ich allen Engagierten und solchen, die es vielleicht noch werden wollen, ausdrücklich Mut zusprechen. Wir brauchen nach wie vor ihre Hilfe und ihr Engagement ist für unsere Gesellschaft sehr wertvoll. Denn jetzt geht es um die zweite Phase der Integration. Viele Asylbewerber sind anerkannt und fallen somit aus der „offiziellen“ Statistik heraus. Diese Menschen brauchen oft noch sprachliche Förderung. Sie müssen in Arbeitsplätze oder Ausbildung vermittelt werden und wir müssen sie Schritt für Schritt mit unserer Kultur vertraut zu machen. Dass dabei das Prinzip Fördern und Fordern gilt, ist selbstverständlich. Und natürlich gibt es auch die guten Beispiele, wo unsere Arbeit Früchte getragen hat. Nicht wenige unserer Flüchtlinge arbeiten bereits bei ortsansässigen Unternehmen, machen Ausbildungen oder Praktika. Auch viele Flüchtlingskinder haben sich gut in der Schule integriert, sprechen ein sehr akzeptables Deutsch und machen gute Fortschritte. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen schönen Sommer und freue mich über jeden, der sich bei uns engagieren möchte. —Stephan Krämer ist Familienreferent im Gemeindepädagogischen Dienst beim Protestantischen Kirchenbezirk Bad Dürkheim-Grünstadt.

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