Rheinland-Pfalz Zweibrücken: Prozess gegen mutmaßlichen Terror-Kämpfer eröffnet

Rechtsanwalt Ali Aydin (links) hat Erfahrung mit Staatsschutzverfahren. Er hat schon mehrere mutmaßliche Terroristen vertreten.
Rechtsanwalt Ali Aydin (links) hat Erfahrung mit Staatsschutzverfahren. Er hat schon mehrere mutmaßliche Terroristen vertreten. Derzeit verteidigt er einen 27-Jährigen aus Speyer, der sich vor dem Zweibrücker Landgericht verantworten muss.

Zweibrücken. Beim Auftakt des Prozesses gegen einen jungen Speyerer, der zusammen mit Terrormilizen in Syrien gekämpft haben soll, verzichtet der Angeklagte darauf, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Der rechtsradikale „Nationale Widerstand Zweibrücken“ nutzte den Termin gestern jedoch zu einer Mini-Mahnwache.

Wortlos hat sich das halbe Dutzend Rechtsextremer gegenüber des Landgerichts postiert. Zwei halten schwarz-weiß-rote Fahnen in der Hand, die anderen ein schwarzes Banner. Darauf steht in weißen Buchstaben: „Kein Dschihad in unserer Stadt“. So richtig aufmerksam werden Passanten erst, als die Polizei anrückt. Vier Beamte kontrollieren die Personalien der Banner- und Fahnenträger.

Der Angeklagte wartete im Gefängnis auf den Prozess

Während des Vorgangs fährt ein unauffälliges weißes Justizfahrzeug an der Szene vorbei. Darin befindet sich der Angeklagte, der in den vergangenen Tagen nur wenige hundert Meter entfernt in der Zweibrücker Justizvollzugsanstalt auf seinen Prozess warten musste. Drinnen, im Saal 4 im Erdgeschoss des Zweibrücker Landgerichtes, sitzt etwa ein Dutzend Prozessbeobachter. Es sind fast genau so viele Journalisten wie andere Zuschauer.

Anwalt hat Erfahrung in solchen Fällen

Kurz nach 15 Uhr betritt der Angeklagte den Saal. Der 27-Jährige trägt blaue Jeans, einen grauen Blouson und: Handschellen. Zwei Justizbeamten begleiten ihn. Ein weiterer hat sich an der Tür des fensterlosen Sitzungssaals postiert. Das Gericht geht auf Nummer sicher – „sitzungspolizeiliche Verfügung“ nennt sich das im Juristendeutsch. Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht vor den Fotografen und Kameraleuten hinter einer hellbraunen Ledermappe. Scheinbar ungerührt vom großen medialen Interesse an seiner Person tauscht er sich im Schutz der Ledermappe mit seinem Anwalt Ali Aydin aus. Der Frankfurter Jurist hat Erfahrung mit Staatsschutzverfahren wie diesem. Er hat schon mehrere mutmaßliche Terroristen vor Gericht vertreten. Als die Fotografen den Sitzungssaal verlassen, taucht hinter der Ledermappe ein bärtiges bebrilltes Gesicht auf. Strenggläubige Moslems verzichten bekanntermaßen darauf, sich zu rasieren. Das gilt besonders für Islamisten und Salafisten.

Vorwurf: Teilnahme an Terror-Trainingslager

Und genau für einen solchen, also für einen Moslem, der extrem radikale Ansichten vertritt, hält ihn Oberstaatsanwalt Thomas Lißmann. Knapp zehn Minuten dauert es, bis er die Anklageschrift verlesen hat. Im Wesentlichen wirft er dem 27-Jährigen vor, dass dieser zweimal in Syrien gewesen sei. Dort habe er an einem Trainingscamp für Terroristen teilgenommen und sich militanten Gruppen angeschlossen, um die syrische Regierung zu bekämpfen. Diese Vorwürfe waren schon länger bekannt. Neu ist, dass der Angeklagte bei seiner ersten Reise nach Syrien nicht alleine war. Seine ihm nach islamischem Recht angetraute Frau begleitete ihn – weil er es sich ausdrücklich gewünscht habe, wie Lißmann erklärt.

Angeklagter schweigt

Zumindest an diesem ersten Verhandlungstag will sich der zum Islam konvertierte 27-Jährige nicht zu den Vorwürfen äußern. Sein Verteidiger erklärt, dass ihm erst vor ein paar Tagen weitere Akten mit knapp 400 Seiten Umfang zugegangen seien. Die müsse er erst studieren. Dafür hat er nun zwei Wochen Zeit.

Keine Staatsbürgerschaft

Die Verhandlung ist nicht nur das erste Terrorverfahren gegen einen Salafisten in der Pfalz. Das Verfahren birgt noch eine weitere Besonderheit. Wie berichtet, ist der Mann, der in Deutschland geboren wurde und mit der serbischen Staatsangehörigkeit aufwuchs, mittlerweile staatenlos. Weil es sich also um einen Nicht-Deutschen handelt, der außerhalb der Bundesrepublik ein Verbrechen begangen haben soll, musste das Bundesjustizministerium eine sogenannte Strafverfolgungsermächtigung erteilen. Andernfalls hätte die Verhandlung nicht beginnen dürfen.

Er wirft der Mutter einen Luftkuss zu

Nach einer knappen halben Stunde ist alles vorbei. Der Großteil der Journalisten und Zuschauer verlässt den Raum. Lediglich die Schwester und die Mutter des jungen Salafisten sitzen noch auf ihren Plätzen in der ersten Reihe. Der Angeklagte wirft ihnen trotz Handschellen einen Luftkuss zu. Die Justizbeamte führen den Angeklagten weg. Seine Mutter schluchzt.

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