Rheinland-Pfalz Trittsicher durch die Ernte

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„Hoch hinaus – die Pfalz!“ Das ist in diesem Jahr das Thema des großen Fotowettbewerbs für RHEINPFALZ-Leser. Die schönsten Aufnahmen erscheinen im RHEINPFALZ-Fotokalender 2017. Die zwölf Siegerbilder werden zudem mit Geldpreisen belohnt. Unsere Begleitserie zum Fotowettbewerb zeigt Beispiele, wie und wo es in der Pfalz hoch hinaus geht, welche Hochgefühle und Höhepunkte es gibt. Heute: So kommen Gärtner zur Erntezeit unfallfrei hoch in ihre Obstbäume.

Was sind sie herrlich anzuschauen, diese etwa sechs Meter hohen Obstbäume im Garten von Pauline und Kurt Halberstadt in Hütschenhausen (Kreis Kaiserslautern). Fast 40 Jahre durften Kirschbaum und Co. ziemlich ungestört dem Himmel entgegen wachsen. Schlecht nur, dass mit der Krone von Jahr zu Jahr auch die Früchte immer weiter nach oben entschwanden. „Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere, weil diese Bäume hoch sind und diese Tiere groß sind“, besingt schon ein alter Schlager das Dilemma. „Die schönsten Kirschen hängen immer ganz oben“, weiß natürlich auch Kurt Halberstadt. In der Vergangenheit war das für den Westpfälzer kein Problem: flugs die Leiter angestellt und das Obst gepflückt. Dort wo selbst die Leiter nicht mehr ausreichte, na gut, die Stare haben ja auch Hunger! Vergangenheit. Heute kann Kurt Halberstadt auf keine Leiter mehr. Der Rentner hat sich bei einem Sturz von der Leiter erhebliche Rückenverletzungen zugezogen. Kein Einzelfall. Allein die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft – Teil der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – verzeichnet jährlich mehrere tausend Unfälle im Zusammenhang mit Leitern. Sie rät deshalb, unbedingt auf die richtige Leiterauswahl zu achten und nie ohne Sicherung der Leiter zu arbeiten. Die Berufsgenossenschaft kennt die häufigsten Gefahrenstellen: Es ist meist das Wegrutschen des Leiterfußes, das Brechen des falsch ausgewählten Anlegeastes oder das Umfallen der Leiter, weil der Leiterkopf nicht gesichert war. Hinzu komme der Verlust des Gleichgewichts. Herbert Ritthaler, Gartenbaumeister Fachrichtung Baumschule, weiß, worauf es ankommt: Für den Landessprecher der Interessengemeinschaft Streuobst ist der richtige Umgang mit der Leiter schlichtweg ein Stück Existenzsicherung. Der Mann ist Experte in Sachen alte Obstsorten und Obstbäume, er betreibt in Hütschenhausen eine Baumschule und ist als Obstbaumschneider unterwegs. Die Leiter ist somit sein täglicher Begleiter. Dem mittlerweile abgeernteten Kirschbaum im Garten der Halberstadts, es handelt sich um die Sorte „Schneiders große Knorpel-Kirsche“, rückt Ritthaler mit einer Dreibein-Leiter an die viel zu hohen Äste. Diese Leiter hat für ihn einen Vorteil: Sie ist nicht ganz so schwer wie eine Doppelstehleiter. Vor allem aber kann sie an jedem Hangstück sicher und gerade aufgestellt werden. Auseinanderschieben, das dritte Bein mit der Spitze in den Boden gerammt, und es geht bis auf vier Meter hoch in die Baumkrone. Der kurze Gurt am oberen Ende der Leiter wird an einem stabilen Ast fixiert. Umfallen kann diese Leiter nun nicht mehr. Ritthaler trägt zusätzlich noch eine Seilsicherung an der Hüfte. Der Griff geht zur Handsäge, und nun fallen sie. Nicht die Kirschen, die sind ja längst als Kirschenplotzer, als Beigabe zum Pfannkuchen oder von der Hand in den Mund verspeist worden. Es sind die abgesägten Äste, die zu Boden plumpsen. „Jetzt hat der Baum wieder Licht“, freut sich Halberstadt. Dass dabei die Krone am Ende nicht mehr so ausladend in die Höhe strebt und der Weg bis zur reifen Frucht kürzer wird: umso besser. In seinem Garten steht noch eine Doppelsteh-Leiter bereit für den Aufstieg ins Innere der Baumkrone. Eine Anlegeleiter aus Holz ist keine da. „Die werden so schnell morsch“, nennt Halberstadt seinen persönlichen Grund, warum er keine hat. Das sieht der Baumschneider ein wenig anders. „Wenn die Holzleiter immer im Trockenen steht, ist sie nicht schlechter als jene aus Aluminium.“ Aber auch die muss am Baum gesichert und nicht einfach nur „angelegt“ werden. „Jeder muss mit seinem Baum im Garten zurecht kommen“, lautet eine persönliche Empfehlung des Obstbaumexperten Ritthalers. „Will ich vom Boden pflücken, dann muss regelmäßig eine erzieherische Schnittmaßnahme her. Will ich mich an einem großen Baum erfreuen und einen Teil der Früchte den Vögeln überlassen: auch gut.“ Weil er schon mal im Garten von Halberstadts ist, legt Ritthaler die Säge auch gleich noch an einige Äste in der Krone des „Freiherr von Berlepsch“, des nebenstehenden Apfelbaums, an. Mit ein wenig mehr Licht gibt es später dickere, süßere Äpfel. Auch bei dieser Ernte muss aber die Leiter sicher stehen

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