Rheinpfalz Mehr Rechte für die Polizisten

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Mainz. Damit die Bürger, aber auch die Sicherheits- und Rettungskräfte besser geschützt werden, will die Mainzer Regierungskoalition das rheinland-pfälzische Polizeigesetz in vielen Punkten verändern. Gestern haben Vertreter von SPD, FDP und Grünen die Details präsentiert. Die Politiker beteuern: Ihr Entwurf bringt mehr Sicherheit, wahrt aber auch die Rechte der Betroffenen.

Eine eigene Vorschrift für Bodycams

Schon seit Juli 2015 testen rheinland-pfälzische Polizisten kleine Kameras, die sie am Körper tragen und nach einem entsprechenden Hinweis einschalten, wenn jemand Ärger macht. Dass Wissen um die Aufnahmen soll vor allem Angreifer bremsen, schließlich können die Filme vor Gericht gegen sie verwendet werden. Die Videos können aber auch zeigen, ob sich die Polizisten korrekt verhalten haben. Als Rechtsgrundlage wurden bislang allgemeine Regeln für Filmaufnahmen der Polizei benutzt, nun kommt ein eigener Bodycam-Paragraf. Er schreibt fest: Unangekündigte Vorab-Aufnahmen bleiben verboten, und wenn sie anschließend nicht für Ermittlungen gebraucht werden, sind die Filme nach 30 Tagen zu löschen. Die Regierungskoalition verspricht sich von dem neuen Paragrafen mehr Rechtssicherheit für die Polizisten. Doch ihr Entwurf lässt zum Beispiel offen, ob das Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses noch als öffentlich zugänglicher Raum gilt – oder doch schon als Wohnung, wo die Mini-Kameras in jedem Fall ausgeschaltet werden müssen. Im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen hingegen darf die Polizei auch bei Einsätzen in Privaträumen filmen. Schließlich wird es oft brenzlig, wenn Beamte zu Familienstreitigkeiten gerufen werden. In Rheinland-Pfalz allerdings rechnen SPD, FDP und Grüne damit, dass der Kameraeinsatz in Wohnungen ohnehin vom Bundesverfassungsgericht unterbunden würde. Videoüberwachung bei Großveranstaltungen Bei Großveranstaltungen mit mindestens 500 zu erwartenden Teilnehmern – zum Beispiel bei Fasnachts-umzügen, Weihnachtsmärkten und Weinfesten – soll die Polizei in Zukunft vorsorglich filmen und die Aufnahmen speichern dürfen. So können Beamte hinterher die Videos in Ruhe durchschauen und prüfen, ob in der Menschenmenge Straftaten begangen wurden. Ist nichts passiert, sind die Dateien „unverzüglich“ zu löschen. Ausgeschlossen bleibt in Rheinland-Pfalz, dass die Polizei wie zum Beispiel in Baden-Württemberg besonders gefährliche öffentliche Plätze mit fest installierten Kameras überwacht. Kennzeichen-Scanner für die Fahndung nach Autos Wenn die Polizei nach einer Straftat nach einem Auto mit einem bestimmten Kennzeichen sucht, müssen Beamte danach Ausschau halten. Doch wenn intensiv gefahndet wird, wird dafür viel Personal gebraucht. Außerdem können sich die Polizisten bei einem flüchtigen Blick auch leicht irren. Dabei gibt es längst Kennzeichen-Lesegeräte, die – auf Polizeiautos montiert oder am Straßenrand aufgestellt – diese Arbeit automatisch erledigen können. Das Land will solche Apparate für insgesamt 350.000 Euro anschaffen. Verwendet werden sollen sie aber nur „anlassbezogen“. In Bayern hingegen sind solche Geräte an mehreren Autobahnen im Dauereinsatz. Schläger sollen leichter aus der eigenen Wohnung fliegen Die Polizei kann gewalttätige Menschen aus ihrer eigenen Wohnung werfen, wenn sie dort auf Angehörige losgegangen sind. Bislang dürfen die Beamten den Täter aber nur wegschicken, wenn sie davon ausgehen müssen, dass er sonst gleich weiterwüten wird. In Zukunft sollen sie ihn auch vor die Tür setzen können, wenn er sich äußerlich wieder beruhigt hat, er aber trotzdem weiterhin eine Gefahr für seine Angehörigen sein könnte. Bußgeld fürs Ignorieren polizeilicher Anweisungen Die Polizei hat das Recht, Störer von einem öffentlichen Platz zu verbannen. Doch wer so einen „Platzverweis“ ignoriert, kann bislang nur wieder und wieder ermahnt werden. In Zukunft soll solchen Menschen ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro drohen. Die Strafe soll auch Leute treffen, die sich zum Beispiel über Meldeauflagen hinwegsetzen. Zugriff auf Daten von Telefon- und Internetanbietern Um zum Beispiel einen potenziellen Selbstmörder oder Amokläufer zu stoppen, soll die Polizei sogenannte Bestandsdaten bei Telefon- und Internetanbietern abfragen können. Gemeint sind damit Informationen über die Adresse eines Handynutzers oder den vollen Namen eines bei einer Internet-Plattform registrierten Nutzers. Schließlich kommt es vor, dass Menschen derartige Taten im Internet oder telefonisch ankündigen, aber ohne dabei ihre Identität preiszugeben. Kontrolle der Polizei durch den Datenschutzbeauftragten Wenn Verdächtige von der Polizei heimlich überwacht, aber nie vor Gericht gestellt werden, erfahren sie nicht unbedingt, dass sie im Visier der Fahnder waren. Deshalb soll in Zukunft der Landesdatenschutzbeauftragte nachträglich prüfen, ob die Ermittler Menschen zurecht beobachtet haben. Außerdem will die Koalition die Vorgaben für heimliche Polizei-Operationen an verschiedenen Stellen präziser machen. Sie beruft sich dabei aufs Bundesverfassungsgericht. Das hatte nach einer Klage der Bundes-Grünen im April 2016 das Gesetz mit den Regeln fürs Bundeskriminalamt zum Teil verworfen, weil es zu vage formuliert sei und die Bürger deshalb nicht genug vor staatlicher Überwachung schütze. Unberücksichtigt geblieben: Fußfesseln und Musikanlagen Außen vor geblieben ist die Idee, Gefährder mit elektronischen Fußfesseln zu überwachen. Die Politiker der Koalition meinen: Normalerweise wird vor den Betroffenen ohnehin geheimgehalten, dass die Behörden sie überwachen. Also kann man ihnen auch kein solches Gerät anlegen. Nicht durchgesetzt hat sich eine Idee aus Polizeikreisen, die gegen Ruhestörungen helfen sollte. Beamte wollten das Recht, Musikanlagen zu beschlagnahmen, wenn deren Besitzer sie nach Beschwerden der Nachbarn partout nicht leiser stellen. Doch dazu müssten die Ordnungshüter zunächst einmal das Recht haben, in Wohnungen einzudringen. Und dafür sind die Hürden im Grundgesetz sehr hoch. Einwurf

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