Rheinpfalz Kyle Wang in der Staatskanzlei

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Einige Tage waberten nur Gerüchte durch das Mainzer Regierungsviertel, dann bestätigte ein Tweet von SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer am Mittwochnachmittag, dass sich närrisch Begabte unter den rheinland-pfälzischen Abgeordneten zu einer Fasnachtsfeier getroffen haben. Im Nachhinein fehlt sie scheinbar doch, die über Jahrzehnte gepflegte Landtagsfasnacht im angestammten Deutschhaus, mit dem öffentlichkeitswirksamen Einmarsch der Fraktionen: Ministerpräsidentin Malu Dreyer einst als Commander ihres – abgehobenen – Raumschiffes SPD oder Vorgänger Kurt Beck als Petrus mit Heiligenschein. Vor vier Jahren rückte die CDU als Bautrupp unter Vorarbeiterin Julia Klöckner an. Allein – bis heute haben die Wähler ihr keinen Auftrag für die Baustellen des Landes erteilt. Pure Erinnerungen, denn im Ausweichquartier der Parlamentarier, dem Landesmuseum, ist kein Platz für ein Fest. Nun also eine kleine Feier im Sitzungssaal der SPD-Fraktion, eingeladen waren auch die Grünen, die FDP und die CDU. Nur mit der AfD wollte niemand schunkeln. Dafür holten sich die SPD Donald Trump samt Melania in die Narhalla, alias Landtagsvizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund aus Rheinzabern und Johannes Klomann aus Mainz. Ganz in Trump-Manier verkündeten die Parlamentarier ihren Frohsinn via Twitter. Schweitzer mit blonder Vokuhila-Perücke, Sonnenbrille und Bomberjacke schickte ein Selfie mit der Freiheitsstatue alias Pia Schellhammer, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen. Es kursieren auch Bilder von der Gesangstruppe um den Pfälzer Christdemokraten Christian Baldauf mit Christine Schneider, Marion Scheid und anderen. Der Song? „Wir sind die Tramps vun de Palz, Tramps vun de Palz ...“. Sogar Innenminister Roger Lewentz (SPD) singt mit, obwohl er kein Pfälzer ist. Aber zu seiner Heimat nahe der nicht gebauten Mittelrheinbrücke passt irgendwie die Liedzeile „... uns steht es Wasser immer bis zum Hals“. Eine komplette Abstinenz von Facebook und Co. erlegten sich die Mitarbeiter der Staatskanzlei auf. Sie boten zeitgleich zur Narrenfeier in der SPD-Fraktion ein hochkarätiges Programm, heißt es aus zuverlässiger Quelle. Ein Beamter führte in zu engen Jackett, mit Wuschelfrisur und chinesischem Akzent als Conférencier durch die Veranstaltung. Unverkennbar Kyle Wang, der im vergangenen Jahr den Flughafen Hahn kaufen wollte, aber außer großen Versprechen, einem schillernden Facebook-Profil und Lob für die Ministerpräsidentin nichts zu bieten hatte. Wie es heißt, sollen zwei weitere Beamte den Kulturwandel von Kurt Beck zu Malu Dreyer aufgearbeitet haben: Statt Wein und Wurstplatte gibt es nun Smoothies und Rohkost. Die beiden Frontfrauen der Landespolitik, Dreyer und Klöckner, hatten gestern Abend ihren Auftritt in der Mainzer Fasnacht – als häufig von der Kamera ins Bild gerückte Besucherinnen von „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“. Im Vorfeld verkündeten sie, wer am jeweiligen Tisch sitzen werde. Dabei fällt ein interessanter Männertausch auf: Der Pfälzer Modestar und Regionalpromi Harald Glööckler, im vergangenen Jahr noch Dreyers Gast, wurde nun von Klöckner eingeladen. Dafür saß der FDP-Landeschef Volker Wissing an Dreyers Tisch. In den vergangenen zwei Jahren hatte Klöckner ihn eingeladen. Doch ohne gemeinsames Regieren schunkeln sie auch nicht mehr Seit’ an Seit’. So ist das in der Fernsehfasnacht. | Karin Dauscher

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