Rheinland-Pfalz In der Pfalz ziemlich weit oben

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„Hoch hinaus – die Pfalz!“ Das ist in diesem Jahr das Thema des großen Fotowettbewerbs für Leserinnen und Leser der RHEINPFALZ. Die schönsten Aufnahmen erscheinen im RHEINPFALZ-Fotokalender 2017. Die zwölf Siegerbilder werden zudem mit Geldpreisen belohnt. Unsere Begleitserie zum Fotowettbewerb zeigt Beispiele, wie und wo es in der Pfalz hoch hinaus geht, welche Hochgefühle und Höhepunkte es gibt. Heute: das höchstgelegene Dorf der Pfalz.

Diejenigen unter uns, die in ihrer Volksschulzeit noch den Heimatkunde-Unterricht genießen durften, mögen sich vielleicht erinnern: Ruppertsecken ist das höchstgelegene Dorf der Pfalz. Damit sollte eigentlich alles geklärt sein. Doch wie das häufig so ist bei scheinbar in Stein gemeißelten Wahrheiten – es lohnt sich fast immer, sie zu hinterfragen. Nicht dass an dieser Stelle Ruppertsecken der Höhenrekord streitig gemacht werden soll. Das im Norden des Donnersberges gelegene Dorf wird auch nach diesem Bericht seine mit Stolz behauptete Spitzenstellung behalten. Aber es erhebt sich immerhin die Frage, wie hoch der Rekord-Ort denn eigentlich liegt. – „498 Meter“ lautet ohne Wenn und Aber dazu die Angabe auf der Internetseite des Dorfes. „498 Meter“ ist auch auf der Internetseite des Donnersberg-Touristik-Verbandes zu lesen. Und „498 Meter“ nennt Wikipedia unter dem Stichwort „Ruppertsecken“. Also alles klar? Keineswegs. Die Häuser in Ruppertsecken erstrecken sich vom Ortsrand bis zum Schlossberg hinauf. Den Namen verdankt diese Erhebung übrigens der Burgruine Ruppertsecken, von der heute nur noch wenige Überreste anzutreffen sind. Wenn also eine Gemeinde wie Ruppertsecken an einem Hang liegt, welcher Bezugspunkt ist dann für eine allgemeine Höhenangabe anzunehmen? Der niedrigste, der höchste oder vielleicht ein Mittelwert? Und wer hat die Kompetenz, für dieses Problem das „richtige“ Verfahren zu bestimmen? – „Mittelwerte für Höhen in Ortslagen sind kein Produkt der Vermessungs- und Katasterverwaltung“, sagt dazu Alice Metzdorf vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz in Koblenz. Ein amtliches oder genormtes Verfahren für die Ermittlung solcher Daten gebe es daher nicht. Das gelte auch für die Ortsmittelpunkte, die für Suchsysteme verwendet werden. Für sie seien markante Punkte ausgewählt worden. Während bei der Landesbehörde folglich keine „amtliche“ Meter-Angabe zu erhalten ist, gibt das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) auf seiner Internetseite die Höhe der Ortslage von Ruppertsecken mit 474 Meter an. Wer das nachprüfen möchte, tippt in Google einfach „Suche geographischer Namen Deutschlands“ ein. Es öffnet sich eine Suchmaske, und nach Eingabe von „Ruppertsecken“ wird man fündig. Bei den 474 Metern handelt es sich um eine „gerechnete Höhe“, erläutert Anja Niederhöfer von der BKG-Stabsstelle in Frankfurt. Dabei werde einer Koordinate – zum Beispiel dem Ortsmittelpunkt – die zugehörige Höhe aus einem Digitalen Geländemodell zugewiesen. „Dabei muss es sich aber nicht zwangsläufig um die offizielle Höhe des Ortes handeln.“ Dass sich die Angabe 474 Meter nicht auf die höchste Stelle in Ruppertsecken beziehen kann, wird deutlich, wenn man im Internet den „Geobasisviewer“ des Koblenzer Landesamtes öffnet. Wer dort die Karte bis zum Maßstab 1:5000 aufzoomt, kann die Höhenlinien in und um das Dorf gut erkennen. Der Höhenunterschied zwischen zwei benachbarten Linien beträgt zehn Meter. In der Karte ist eine Höhenlinie außerhalb des Ortes mit 450 Meter eingezeichnet. Am Dorfrand folgt die nächsthöhere Linie, die somit 460 Meter repräsentiert. Bis zum Schlossberg hinauf sind noch zwei weitere Höhenlinien auszumachen, womit dort zwar gut 480, aber eben nicht die häufig für Ruppertsecken genannten 498 Meter erreicht werden. Noch detailliertere, aber keine amtlichen Werte lassen sich ermitteln, wenn man den Routenplaner von Google Maps zurate zieht. Und zwar nicht den für Autos, sondern den für Fahrräder. Dann lassen sich für bestimmte Straßenadressen im Dorf Höhenangaben zwischen 461 Meter (Hauptstraße am östlichen Ortseingang) und 484 Meter (ganz oben auf dem Schlossberg) ermitteln. Womit wir aber immer noch ein ganzes Stück von den 498 Metern entfernt sind. Auf dem Schlossberg selbst thront ein stattlicher Turm. Dabei handelt es sich nicht um einen Teil der früheren Burgbefestigung, wie man vermuten könnte, sondern um einen neuzeitlichen Wasserhochbehälter, bestätigt Ortsbürgermeister Sigmar Portz. Der Turm ist für die Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich. Aber auch so ist nicht zu übersehen, dass man ganz oben den 498 Metern ziemlich nahe kommen dürfte. Auf den „kleinen Unterschied“ zwischen der Höhenangabe 474 Meter des Bundesamtes und der Angabe 498 Meter auf der Internetseite des Dorfes angesprochen, hat die Frankfurter Behörde nach einer möglichen Erklärung gesucht. In einer früheren Digitalen Topographischen Karte aus dem Jahr 2011 wurde einer ihrer Kollegen fündig, berichtet Anja Niederhöfer: Auf der Burgruine gebe es einen trigonometrischen Punkt, der die Angabe 498 Meter erhalten habe. Bleibt zum besseren Verständnis noch zweierlei anzumerken: Trigonometrische Punkte sind Beobachtungspunkte der Landvermessung. Sie können sich am Boden oder eben auch auf Türmen, Fabrikschloten oder Sendeantennen befinden. Fazit: Selbst wenn man lediglich die 474 Meter des Frankfurter Bundesamtes als Maßstab nehmen würde, muss Ruppertsecken – mit einer kleinen Einschränkung, auf die noch einzugehen ist – die pfälzische Höhen-Konkurrenz nicht fürchten. Allerdings folgt das südwestpfälzische Leimen mit den vom Bundesamt im Internet angegebenen 463 Metern dichtauf. Die 463 Meter dürften zumindest im Pfälzerwald den Höhenrekord für ein Dorf darstellen. Das östlich von Leimen mitten im Pfälzerwald gelegene Hofstätten bringt es laut Bundesamt übrigens auf „nur“ 428 Meter. Da es von der Bundesstraße 48 nur über eine Stichstraße erreichbar ist, kann es für sich den Titel „Höchstgelegenes Sackgassendorf der Pfalz“ für sich beanspruchen. Das schreibt zumindest Dieter Müller, der Wirt des dortigen Landgasthofes „Müllers Lust“, auf seiner Internetseite. Am Ende der Suche nach dem höchstgelegenen Dorf der Pfalz darf ein Hinweis nicht unterschlagen werden. Der südwestlich von Hofstätten gelegene Hermersbergerhof erreicht laut Bundesamt sogar 544 Meter. Die Siedlung mit etwas mehr als einem Dutzend Häusern ist allerdings verwaltungsmäßig Teil der Ortsgemeinde Wilgartswiesen. Wenn man also unter einem „Dorf“ mindestens eine Ortsgemeinde versteht, bleibt Ruppertsecken zumindest in dieser Hinsicht „in der Pfalz ganz oben“. Info Die bisherigen Folgen der Serie: www.rheinpfalz.de (RHEINPFALZ-Fotowettbewerb 2015). Teilnahmebedingungen für den Wettbewerb: www.rheinpfalz.de/fotowettbewerb

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