Rheinland-Pfalz Im Südwesten was Neues

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Couscous und Saumagenburger, Wasgaumusikanten mit böhmischer Blasmusik und fetziger Rock von Led Zeppelin in einer Westerngitarren-Version: Seit eineinhalb Jahren werden Gaumen und Gehör der „Hohe List“-Besucher mit einer ungewöhnlichen Bandbreite von Genüssen verwöhnt. Darf doch, wer in einer Hütte des Pfälzerwald-Vereins (PWV) einkehrt, normalerweise „än Deller Erbsesupp“ oder die Pfälzer Dreifaltigkeit – e Scheib Saumagen, än Läwwerknedel und e Brodworscht – in sättigender Menge und herzhafter Qualität erwarten. Doch die jüngste Ortsgruppe des über ein Jahrhundert alten Wandervereins zeichnet sich durch überdurchschnittliche Offenheit für Neues aus, ohne darüber die Tradition zu vernachlässigen. Noch vor zwei Jahren schien der zwischen Eppenbrunn und Ludwigswinkel mitten im Wald gelegenen „Hohen List“ das Totenglöcklein zu läuten: Die PWV-Ortsgruppe Ludwigswinkel hatte, wie so manche andere, zunehmend Mühe, genügend Ehrenamtliche für die Hüttendienste in dem ehemaligen Forsthaus zu motivieren. Doch nach einem Hilferuf aus Ludwigswinkel trafen sich Dutzende Südwestpfälzer zu einer Krisensitzung. Dort wurde nicht lange dischbediert, sondern gehandelt. Inzwischen kümmert sich um die anno 1832 errichtete „Hohe List“ eine nach ihr benannte neu gegründete Ortsgruppe. Ihr sagenhafter Erfolg gibt dieser Initiative im Nachhinein Recht. Im Frühjahr wurde sie für den stärksten Mitgliederzuwachs aller 200 PWV-Ortsgruppen ausgezeichnet. Und der Zulauf hält an: Mittlerweile sind es nicht mehr 200 Mitglieder wie damals, sondern über 280. Allein über 70 ehrenamtliche Hüttendienstler wechseln sich an Herd und Tresen ab – davon kann so manche andere Ortsgruppe nur träumen. Obwohl das Haus nur nach einem 15 bis 20 Minuten dauernden Fußmarsch zu erreichen ist, rennen die Besucher an manchen Tagen dem Verein regelrecht die Bude ein: „Bloß gut, dass draußen die Freifläche für die Schlange so groß ist“, findet sich dazu auf Facebook ein ironischer Kommentar. Was ist das Geheimnis des Erfolges, der auch dem Vorsitzenden Stefan Mika manchmal unheimlich wird? – Mund-zu-Mund-Propaganda fällt dem Justizwachtmeister als erstes ein: „War des schä! Do kumme ma nächst Woch wieder“, schwärmt ein Besucher auf der Hütten-Facebookseite. Andere schwelgen in Erinnerungen: „Schon als kleines Mädchen war ich dort und komme auch heute noch gern.“ Ungewöhnlich viele junge Leute nehmen den Fußmarsch hinauf zur 430 Meter hoch gelegenen Hütte auf sich. Gerne greift dann der 52-jährige Vorsitzende zur Klampfe: „Pink Floyd mit ,Wish you were here’ ist der Renner.“ Solche ohne Verstärker dargebotenen Rock-Klassiker finden auch bei den Jungen Anklang. „Wenn die dann sagen: ,Bei Eich gfallts uns’, hol ich die Mitgliedsanträge raus.“ Auch ein Grund, warum die Ortsgruppe etliche Twens in ihren Reihen zählt. Manche wurden vor allem auch deshalb Mitglied, weil sie es toll finden, was der Verein in kurzer Zeit erreicht hat. In die Küche wurde investiert, neue Tische und Bänke wurden aufgestellt, und das denkmalgeschützte Forsthaus erhielt einen frischen Anstrich. Wie in alten Zeiten schmückt das Geweih eines Zwölfenders die Fassade. Auch Thomas-Maria Schmidt findet dieses Engagement großartig. Der Metallgestaltungs-Meister aus Höheischweiler hat deshalb für die Zeit vom 20. bis 24. September ein Schauschmieden bei der Hütte organisiert. Dazu wurden Azubis und Berufskollegen aus der ganzen Republik eingeladen. Sie wollen mit ihren Handwerkskünsten dafür sorgen, dass die „Hohe List“ einen prächtigen schmiedeeisernen Wirtshaus-Ausleger erhält – fer umme. Die alte Leuchtreklame hat dafür schon Platz gemacht.

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