Rheinpfalz I-Ah und andere Klangkörper

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Die beiden Leidenschaften von Benedikt Wagner könnten unterschiedlicher kaum sein: Musik und Informatik. Trotzdem hat es der Landauer Schüler geschafft, die Felder zu verbinden. Er hat ein Musikinstrument programmiert, das ganz ohne Berührung funktioniert. Es war ein ungewohntes Bild, das sich den Besuchern des Tages der Offenen Tür am Landauer Eduard-Spranger-Gymnasium vor kurzem bot: Neben einem E-Gitarrenspieler stand der 18 Jahre alte Benedikt Wagner auf der Bühne, in der Big Band spielt er sonst Trompete, diesmal hatte er nur seinen Laptop, eine kleine Box und eine lange Stange dabei. Langsam bewegte er die Hand über der Box auf und ab, der PC wandelte die Bewegungen in Klänge um. „Wir haben ein bisschen improvisiert, das kam gut an“, sagt Benedikt. Mit seiner Erfindung ist der 18-Jährige einer von zehn jungen Wissenschaftlern aus Rheinland-Pfalz, die sich als Landessieger in verschiedenen Kategorien für das Bundesfinale qualifiziert haben. Benedikt kommt aus einer sehr musikalischen Familie: Sein Vater, ein Mathematiker, spielt Akkordeon, Klavier und Orgel, seine Mutter singt viel, die Schwester sitzt gerne am Klavier. Er selbst hat vor sieben Jahren mit dem Trompetenspielen angefangen. In der Schule konzentriert sich Benedikt auf seine zweite Leidenschaft: Seine Leistungskurse sind Mathematik und Informatik, auch für Physik interessiert er sich, vor einem Jahr bestellte er sich „aus Langeweile“ einen Sensor. „Ich wollte einfach ein bisschen damit rumspielen“, sagt er. Der Sensor besteht aus einem Sender, der Ultraschallwellen losschickt und einem Empfänger, der registriert, wann die Wellen zurückkommen. Je nachdem wie lange das dauert, kann errechnet werden, wie weit der Gegenstand entfernt ist, von dem die Wellen reflektiert werden. Genauso funktioniert auch das Echolot von U-Booten. Wie man aus diesem Sensor ein Instrument bastelt? Benedikt hat ein Programm geschrieben, das jeder Entfernung einen bestimmten Ton zuordnen kann. Deswegen auch der Stab über dem Sensor. In kurzen Abständen sind darauf die einzelnen Sprossen einer Tonleiter markiert. „Die Töne stehen aber nur exemplarisch, am PC kann man zwischen verschiedenen Leitern wählen“, sagt Benedikt. Und nicht nur das, mittlerweile hat er das Programm so weit entwickelt, dass der Musiker sich auch unterschiedliche Instrumente aussuchen kann. „Am besten klingen Flöte und Orgel“, sagt Benedikt. Und sein Allround-Instrument kann noch etwas, was die klassische Trompete nicht kann: Mitdenken. Spielt man ein Instrument, kann man sich automatisch von Klavierakkorden begleiten lassen. Über Tasten kann der Musiker bewerten, ob ihm die Begleitung gefallen hat oder nicht. „Das Instrument lernt so dazu“, sagt Benedikt. Außerdem werden die Noten, während sie gespielt werden, in einer Datei mitgeschrieben, die sich dann in ein Komponierprogramm einbauen lässt. Pläne für die Zukunft seines Instruments hat Benedikt noch nicht, er konzentriert sich erst mal auf den Bundesentscheid. Sein großes Ziel ist es, einen der Forschungsaufenthalte im Ausland zu gewinnen, die als Preise ausgeschrieben sind. Schon der Sieg beim Landesentscheid war für den Landauer Schüler ein Erlebnis: Von Ministerpräsidentin Malu Dreyer bekam er einen Sonderpreis überreicht, interviewt wurde er von Überraschungsgast Günther Jauch. (seed) Eine Seniorin hat es der 18-jährigen Mara Lauer angetan. Maultier Nelly ist 28 Jahre alt und musste in ihrem Leben schon viel durchmachen, wurde geschlagen und misshandelt. Wahrscheinlich ist das Tier deshalb genau so geworden, wie man sich einen Esel gemeinhin vorstellt. Sie lässt niemanden an sich heran, ist störrisch und bockig. Vorurteile, die Mara nicht mehr hören kann. Esel und Maultiere ließen sich zu nichts zwingen, findet Mara. „Aber man kann mit ihnen arbeiten, sie lernen“, ist sie überzeugt. Das hat sie nun bewiesen. Wenn Mara und Nelly miteinander Ball spielen, wird schnell klar, dass die junge Frau einen Draht zum Maultier gefunden hat. Es ist ihr gelungen, mittels Clickertraining eine Art Kommunikation aufzubauen und Vertrauen zu gewinnen. Macht das Maultier, was Mara sagt, drückt sie den Knackfrosch in ihrer Hand. Ein „Klick“ als positive Konditionierung, zur Belohnung gibt es zusätzlich ein Leckerli. Im Training mit Eseln war bislang die Belohnung durch Lob weit verbreitet. Doch mit einem „Fein gemacht“ konnte Mara nichts anfangen. „Kuscheln kann man auch einfach so“, sagt sie. Sie verfolgte die These, dass die Tiere durch Clickertrainining besser lernen. Mara übte mit insgesamt neun Tieren auf dem Falkensteiner Eselhof Thomas: Sie teilte die Mulis Jule (18), Elsa (27), Theo (1) und eben Nelly sowie die Esel Flicka (21), Emmely (14), Nayeli (6), Lillith (5) und Elnick (24) in Gruppen ein und verglich die Lernmethoden. Dazu stoppte sie die Zeit, bis die Tiere Zwischenziele erreichten und kleine Kunststücke konnten. Das Ergebnis ist der wissenschaftliche Beleg, dass Clickern schneller und genauer ist. „Es fällt ihnen leichter“, sagt Mara, „weil sie verstehen, was sie machen sollen.“ Eine Hausarbeit, die die Schülerin des Franziskus-Gymnasium in Kaiserslautern zum Thema schrieb, wurde mit 15 MSS-Punkten bewertet. Besser geht es nicht, eine Eins mit Sternchen sozusagen. Ihre Bio-Lehrerin schlug Mara vor, sich bei „Jugend forscht“ zu bewerben. Der Mehrwert ihres Beitrags: Er hat Eingang gefunden in den Hof-Alltag. Wenn der Tierarzt oder der Hufschmied kommt, hält Maultier Nelly dank des Clickerns still. „Früher undenkbar“, sagt Esel-Besitzerin Ute Thomas, „das ist neue Lebensqualität für das Tier.“ Das Tolle sei, dass das Clickern neutral sei: Sprich: Die Tiere sind nicht auf Mara fixiert, sondern auf den Knacklaut. „Alles was man mit Pferden machen kann, kann man auch mit Eseln machen“, sagt Mara. Hinlegen zum Beispiel oder sie auf ein Podest schicken. „Das hat etwas von Zirkus“, gesteht sie. Aber immerhin müssten die Tiere nicht in die Manege und könnten glücklich leben. Als Hobby möchte Mara, die im März ihr Abitur am Franziskus-Gymnasiums in Kaiserslautern ablegte, weiter mit den Tieren arbeiten. Beruflich will sie sich dem Menschen widmen. Humanmedizin soll es werden, die Bewerbungsfrist für einen Studienplatz endet im Juli. „Der Abischnitt sollte passen“, sagt Mara und lächelt. Die Juroren beim Landesentscheid hätten – natürlich – gedacht, dass Esel dümmer sind, erzählt Mara. Umso überraschter seien sie gewesen, was man mit den Tieren alles trainieren kann. So etwas hätten sie ja noch nie gesehen. Mara lacht und hofft auf ein ähnlich positives Urteil beim anstehenden Bundesentscheid. Nelly würde sie gerne dorthin mitnehmen. Ob die BASF mitspielt und das Maultier auf das Gelände lässt, ist noch nicht geklärt. Es wäre jedenfalls eine großes Abenteuer – für die Seniorin und die Eselflüsterin. (svw)

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