Rheinpfalz Fruchtgummi-Schnuller als dezenter Hinweis

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Mainz. Längst ist der Mainzer Landtag keine Männerdomäne mehr. Unter den 101 Abgeordneten sind 40 Frauen. Eine davon ist Jaqueline Rauschkolb (SPD). Ihr Wahlkampf unterscheidet sich von dem anderer Parlamentarier: Rauschkolb ist hochschwanger. Ihr Baby erwartet sie mitten in der heißen Phase des Wahlkampfes.

Sie überlegt noch, aber sie könnte es sich durchaus vorstellen, einen Ratgeber zu schreiben: für schwangere Wahlkämpferinnen, erzählt die junge Frau aus Eisenberg (Donnersbergkreis). Sie soll „auf sich selbst hören“. Diesen Rat hätten ihr die Frauenärztin und die Hebamme ans Herz gelegt, sagt Rauschkolb, die Ende 2014 in den Landtag nachgerückt ist. Knapp einen Monat vor der Landtagswahl – und damit genau in der heißen Phase des Wahlkampfs – soll das Kind auf die Welt kommen. Es wird ein Junge, erzählt Rauschkolb. Das wichtigste für sie sei es, ihren Sohn gesund auf die Welt zu bringen. Bis dahin will sie, so gut es geht, Termine wahrnehmen und den Wahlkampf bestreiten. Die ehemalige Juso-Landesvorsitzende räumt aber ein, dass sie dabei auf Unterstützung angewiesen ist. So darf sie beispielsweise selbst keine Plakate aufhängen. Rauschkolb bewirbt sich um das Direktmandat im Wahlkreis 39, der den gesamten Donnersbergkreis und vom Landkreis Bad Dürkheim die Verbandsgemeinde Hettenleidelheim umfasst. Sie erfahre von allen Seiten „viel Verständnis“, dass sie kürzer treten müsse, sagt die Abgeordnete. Beispielsweise absolviere sie deutlich weniger Hausbesuche. Das übernehmen andere Genossen für die angehende Mutter. Ein Wahlkampf ohne Infostand ist fast undenkbar. Auch im Wahlkreis 39 hat die SPD solche Auftritte geplant. Allerdings kommt die Direktkandidatin oft nur für eine Stunde vorbei – nicht für drei. Sie wolle nicht von der (politischen) Bildfläche verschwinden, nur weil sie schwanger sei, betont Rauschkolb. Den Kontakt zu Wählern und Parteigenossen halte sie momentan verstärkt über das Telefon und per Email. Ist der Wahlkampf der richtige Zeitpunkt, um ein Baby zu bekommen? Diese Frage sei ihr bisweilen gestellt worden, erzählt die junge Frau, die für die SPD in drei Kommunalparlamenten sitzt und zudem ehrenamtliche Integrationsbeauftragte im Donnersbergkreis ist. Eine Schwangerschaft sei eben nicht planbar wie ein Autokauf, sagt Rauschkolb. Sie habe ihre Partei vor vollendete Tatsachen gestellt. Ministerpräsidentin Dreyer hat sie von der Schwangerschaft bei einem Auftritt im Wahlkreis erzählt, SPD-Fraktionschef Schweitzer erfuhr es am Telefon. Zwar können Abgeordnete, im Gegensatz zu Arbeitnehmern, keine Elternzeit nehmen, aber Rauschkolb ist sicher, dass sie beides kann: Mandat und Familie. Dabei baut sie nicht zuletzt auf die Unterstützung ihrer Eltern – und natürlich auf ihren Mann. Dessen Eltern reisen extra für sechs Wochen aus Spanien an, um die junge Familie zu unterstützen. Sie kamen einst als Gastarbeiter nach Deutschland, gingen dann wieder zurück in ihre Heimat. An die familiären Wurzeln soll auch der Name von Rauschkolbs Sohn erinnern. Sie verrät ihn zwar noch nicht, deutet aber an, dass er so sein wird, dass ihn auch die Pfälzer schreiben und vor allem aussprechen können. Rauschkolb hat sich mit anderen Genossen etwas einfallen lassen für den Fall, dass im Donnersbergkreis der Wahlkampf tobt, aber die junge Mutter bei ihrem Neugeborenen sein muss: Dann verteilen die Genossen nicht nur Kugelschreiber und Broschüren, sondern auch Fruchtgummis in Schnullerform. Als dezenter Hinweis, warum ihre Direktkandidatin gerade nicht da sein kann.

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