Rheinland-Pfalz Fahrradwege für die Beamtenstadt

Aus zwei maroden Krankenhäusern entstand das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein. Ob es künftig nur noch den Standort Kemperhof –
Aus zwei maroden Krankenhäusern entstand das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein. Ob es künftig nur noch den Standort Kemperhof – mit einem Neubau – geben wird, ist eine der Zukunftsfragen in Koblenz.

Neben der Bundestagswahl stehen am Sonntag in Rheinland-Pfalz auch mehrere wichtige kommunale Wahlentscheidungen an: In Neustadt, Ludwigshafen und Koblenz werden die Oberbürgermeister neu gewählt, in drei Landkreisen, darunter im Kreis Kaiserslautern, ist der Landrat zu bestimmen. Landesweit sind außerdem 31 hauptamtliche und ehrenamtliche Bürgermeister zu wählen. Unsere Serie beleuchtet die wichtigsten anstehenden Entscheidungen. Heute: die Oberbürgermeisterwahl in Koblenz.

Im Café Milljö in der Koblenzer Altstadt saß David Langner schon als Schüler. „Damals war es nahezu der einzige Ort für junge Leute“, sagt der 42-jährige Staatssekretär im Mainzer Sozialministerium. Jetzt gönnt er sich eine Mittagspause vom Wahlkampf um das Amt des Koblenzer Oberbürgermeisters. Das Café strömt eine aufgeräumte Behaglichkeit aus mit einem Schuss Urbanität. Langner, ein waschechter Koblenzer, hat 2016 für die SPD das Direktmandat bei der Landtagswahl gewonnen, saß neun Jahre im Stadtrat und führte lange den SPD-Kreisverband. Dennoch geht er als unabhängiger Kandidat in die Wahl am Sonntag, vor der auch der CDU-Mann Bert Flöck nicht mit der Parteifarbe wirbt. Langner will die seiner Meinung nach langwierigen Entscheidungsprozesse in Koblenz aufbrechen. Er macht sich stark für bessere Fahrradwege, für bezahlbaren Wohnraum. Damit wären auch schon die am häufigsten genannten Themen des Wahlkampfs umrissen, in dem die vier Kandidaten pfleglich miteinander umgehen und inhaltlich nur wenige Duftmarken setzen. Der Beamtenstadt Koblenz geht es gut. Die Einwohnerzahl von 113.000 bewegt sich nach oben, im vergangenen Jahr war der Haushalt ausgeglichen. Von allen Oberzentren in Rheinland-Pfalz hat die Stadt am Deutschen Eck die geringste Verschuldung, auch wenn es noch 500 Millionen Euro sind. Sie hat beachtliche Großprojekte gestemmt: Die Bundesgartenschau 2011 hat Koblenz herausgeputzt, in der Innenstadt ist das Forum Confluentes entstanden, eine Einkaufsmeile mit Kultureinrichtung. Nicht nur das Stadtbild und die fast zum neuen Markenzeichen gewordene Seilbahn über den Rhein zur Festung Ehrenbreitstein erinnern noch immer an das Blütenjahr, auch der Tourismus läuft gut. Mit der Bewerbung als Kulturhauptstadt will die Stadt schon wieder hoch hinaus. Die Koblenzer bewegt der schon beschlossene Neubau eines Hallenbades, nachdem das alte und marode geschlossen wurde. Ein Zukunftsthema sind außerdem zwei etwa drei Kilometer voneinander entfernte Krankenhäuser, deren Fusion seit vier Jahren besiegelt ist. Die Entscheidung, ob langfristig einer oder zwei Standorte betrieben werden, steht noch aus. Strukturell ist Koblenz kein Terrain für Sozialdemokraten. Beamte, Bundeswehrsoldaten und ausgesprochen selbstbewusste Richter prägen die Stadt, in der es aber auch Studenten und Arbeiter gibt. Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig (SPD), der sich als in seiner Zeit als Kulturstaatssekretär als intelligenter, nimmer ruhender und mit seiner Eitelkeit spielender Landespolitiker einen Namen gemacht hat, wird in Koblenz als würdiges Stadtoberhaupt gesehen. Aber er tritt nicht mehr an. Seine einzige Amtszeit endet am 30. April 2018. Auf Langner lastet der Erwartungsdruck der Landes-SPD, es nicht nur Hofmann-Göttig nachzumachen, sondern auch die Serie verlorener Direktwahlen zu beenden. Die Landratswahlen in Kusel und Mainz-Bingen schmerzen noch immer. Doch der studierte Literatur- und Politikwissenschaftler hat es mit einem starken Bewerberumfeld zu tun. Die CDU, die die stärkste Fraktion im Stadtrat stellt, unterstützt Bert Flöck (59), den Baudezernenten der Stadt. Er gilt als hervorragender Organisator auch von Großprojekten. Manche sagen, ohne Flöck wäre die Bundesgartenschau 2011 nicht möglich gewesen. Er hat eine Verwaltungslaufbahn hinter sich, stand zwei SPD-Oberbürgermeistern loyal zur Seite, viele Jahre an der Schaltstelle als Leiter des Haupt- und Personalamtes. Geht es um die Fähigkeit, im Rampenlicht zu bestehen, dann macht Torsten Schupp, dem Kandidaten der FDP, niemand etwas vor: Der Friseurmeister ist auf den Bühnen in Koblenz und am Schwarzen Meer in Südosteuropa als Stimmungssänger „Torty de Banana“ unterwegs. Der 46-Jährige ist zwar FDP-Fraktionschef im Stadtrat, aber dennoch ein Quereinsteiger in der Politik. Ganz anders als der vierte Bewerber: Hans-Peter Ackermann (61), ein grünes Urgestein. Die Ökopartei stellt nach CDU und SPD die von ihm geführte drittstärkste Fraktion im Stadtrat. In der Alt- und Innenstadt dominieren die Ackermann-Plakate. Mal setzt er sich für bessere Fahrradwege ein, mal – mit Schaffnermütze – für billigeres Busfahren. Der Diplom-Betriebswirt betreibt im Stadtteil Güls ein Gasthaus und macht seit 20 Jahren Kommunalpolitik. Ihm und Schupp werden wenig Chancen eingeräumt, OB zu werden. Aber eine beachtliche Stimmenzahl wird ihnen zugetraut. Wer Koblenz in den nächsten acht Jahren führt, steht wohl erst nach der Stichwahl am 8. Oktober fest. Info Nächste Folge: die Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen.

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