Rheinland-Pfalz Ex-Gremium-Rocker in Frankenthal wegen Waffen- und Falschgeldgeschäften angeklagt

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Von einem Aussteiger der Landauer Filiale verpfiffen: 600 Polizisten knöpften sich 2013 bei einer Großrazzia Gremium-Rocker vor. Doch vor Gericht kamen die Beschuldigten zumeist glimpflich davon.

Frankenthal/Landau. Seit Jahren beschäftigen kriminelle Umtriebe verschiedener Landauer Gremium-Rocker die Pfälzer Justiz. Seit Mittwoch steht in Frankenthal ein Mann vor Gericht, dessen Name schon in früheren Prozessen immer wieder fiel. Dabei hat er die Gang längst verlassen – offenbar wurde er rausgeschmissen, weil er sogar den Clubmitgliedern zu unberechenbar war.

Bis unter sein hochgerecktes Kinn reicht der Aktenstapel, den der Protokollant herbeibalanciert und, mit dem Knie von unten nachhelfend, auf den Richtertisch wuchtet. Ein Dutzend rosa Mappen und einen Leitz-Ordner füllt das Material, das mit dem Angeklagten dieses Verfahrens zu tun hat. Immerhin ist der Name des 48-Jährigen immer wieder in einer großen Prozessserie um das kriminelle Treiben Landauer Gremium-Rocker erwähnt worden. Ausgelöst hatte die Ermittlungen ein enttäuschter Aussteiger, der seine ehemaligen Kumpel mit Geschichten über illegale Waffen- und Drogengeschäfte bei der Polizei anschwärzte. Die setzte deshalb im Sommer 2013 gleich 600 Beamte in Marsch, stürmte Gebäude und nahm Clubmitglieder fest. Doch in den folgenden Prozessen kamen die Beschuldigten zumeist glimpflich weg. Denn die Richter misstrauten dem Kronzeugen: Sie verurteilten ihre Angeklagten nur, wenn neben den Aussagen des Aussteigers noch weitere Beweise aufgetaucht waren. Unter den Tisch fiel so zum Beispiel ein angeblicher Angriff auf einen abtrünnigen Rocker in Pirmasens. Mit diesem Vorfall hatte der Kronzeuge unter anderem den 48-Jährigen in Verbindung gebracht, der nun auf der Anklagebank sitzt und empört seinen Kopf schüttelt. Denn ein Staatsanwalt trägt mit volltönender Stimme vor, welche Vorwürfe gegen den Mann aus dem Kreis Germersheim übriggeblieben sind: 2011 habe er einem anderen Rocker in Haßloch zwei Schrotflinten abgekauft, außerdem weitere verbotene Waffen wie einen Schießkugelschreiber besessen. Dass er im Februar 2012 trotz Fahrverbots mit seinem Mercedes vor seinem Haus rangierte, legen ihm die Ermittler nebenbei auch noch zur Last. Außerdem geht es um Falschgeld: Der 48-Jährige soll 2012 zum Beispiel in der Kandeler Großraum-Disco A65 gemeinsam mit Türstehern versucht haben, falsche Fünfziger gegen echtes Geld zu tauschen. Dafür hat ihn das Amtsgericht Speyer auch schon zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Doch dagegen ging er in Berufung, das Landgericht verknüpfte diesen Komplex daraufhin mit den Vorwürfen um illegalen Waffenbesitz. Doch während zu anderen Prozessen gegen Gremium-Mitglieder viele Rocker pilgerten, bleibt der Zuschauerraum diesmal nahezu leer. Der Angeklagte ist längst aus der Truppe ausgeschieden, soll hinausgeworfen worden sein. In den früheren Verfahren war der Verdacht aufgekommen, dass er unter dem Deckmantel des Clubs illegale Geschäfte auf eigene Rechnung gemacht haben könnte. Außerdem gilt der 48-Jährige in der Szene als Hitzkopf – zu unberechenbar, selbst für Gremium-Maßstäbe. Das Landgericht hat nun einen Gutachter engagiert, der den geistigen Zustand dieses Angeklagten beurteilen soll. Der Psychiater wird auch einen Zettel bekommen, mit dem der ansonsten schweigende Ex-Rocker zum Prozessauftakt seine Richter beeindruckt. Auf dem Papier sind jede Menge verschiedenster Medikamente aufgelistet, die der 48-Jährige täglich zu nehmen hat: ein weiteres Blatt für den Aktenstapel, den der Protokollant kurz vorher auf den Richtertisch gewuchtet hat.

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