Rheinpfalz Erfinder der knappen Botschaft

91-80290486.jpg

Sie heißen „Heimat“, „Butter“, „Gorilla XL“ oder „Mainzer Ring“ und ihr Auftrag ist Werbung. Ihre Produkte sind seit Wochen landauf, landab zu sehen: Die Wahlplakate der Parteien zur Landtagswahl. Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Agentur und Partei?

MAINZ. Von der Berliner Agentur „Heimat“ ließ sich die FDP beraten. Das Plakat „Unser Mann für Hamburg“ mit dem Bild von Katja Suding, FDP-Spitzenkandidatin in der Hansestadt, wurde bundesweit bekannt. Beim rheinland-pfälzischen Spitzenkandidaten Volker Wissing, der mit Malu Dreyer (SPD), Julia Klöckner (CDU) und Eveline Lemke (Grüne) gleich drei Frauen gegenübersteht, heißt es nun: „Der macht den Haushalt.“ Ein Spiel mit den Klischees und ein Hinweis auf seinen politischen Schwerpunkt. Wissings Porträt in Pop-Art-Manier fällt im Plakate-Dschungel auf. Warum ihn die Agentur so und nicht mit einem Foto inszeniert hat, erklärt FDP-Landesgeschäftsführer Hartmut Höppner mit entwaffnender Offenheit: „Auf den anderen Plakaten seien zwei sehr sympathisch aussehende Frauen, die Ministerpräsidentin und die Oppositionsführerin, abgebildet“. Der Pressesprecher des SPD-Landesverbandes, Oliver Schopp-Steinborn, schwärmt von der Arbeit mit Frank Stauss, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Agentur „Butter“ mit Sitz in Düsseldorf und Berlin. Stauss hat schon für Gerhard Schröder 1998 den SPD-Kanzlerwahlkampf gestaltet, er hat mit Kurt Beck gearbeitet und nun setzt er Malu Dreyer in Szene. Eine „moderne, frische Kampagne“ sei herausgekommen, sagt Schopp-Steinborn. Tatsächlich sehen die SPD-Plakate anders aus als früher. Blau, Grau, Dunkelrot und ein Hellrot mit Tendenz zu Orange sind die dominierenden Farben, das traditionelle SPD-Rot ist nur noch im Schriftzug präsent. Schopp-Steinborn räumt ein, dass manche Genossen damit ihre Schwierigkeiten hätten. „Wir geben die Programminhalte und Schwerpunkte vor, die Agentur macht Vorschläge für die Umsetzung“, sagt er. Ein-Wort-Botschaften zu senden oder „Damit“-Botschaften, sei eine Idee der Agentur gewesen. Im Zusammenwirken mit dem SPD-Wahlkampfteam kamen dann Schlagworte wie „Vertrauen“ oder „Damit Bildung gebührenfrei bleibt“ heraus. Das den Wahlkampf dominierende Thema Flüchtlinge greift die SPD auf ihren Themenplakaten nicht auf. Es ist nach Schopp-Steinborns Worten durch die Oberbegriffe wie Sicherheit und Offenheit abgedeckt. Anders die CDU. Mit der zweiten Plakatierungswelle wurden Großplakate von Spitzenkandidatin Julia Klöckner aufgestellt mit der Aussage: „Flüchtlingszahlen reduzieren. Wissen, wer zu uns kommt. Entscheiden, wer bleiben darf. Zurückschicken, wer gehen muss.“ Nach den Worten von CDU-Generalsekretär und Wahlkampfleiter Patrick Schnieder arbeitet die Partei mit der Agentur „Gorilla XL“ aus Frankfurt zusammen, sieben Agenturen waren zur Präsentation eingeladen. Gorilla XL arbeitete schon mit der CDU in Hessen und in Niedersachsen zusammen. Die Farbe, das CDU-Orange, und die Schriftart gibt die Partei vor. Der runde Punkt auf jedem Plakat sei die Idee der Agentur gewesen. Was die sprachliche Gestaltung betrifft, so wird das bei der CDU als gemeinsamer Prozess beschrieben. Es gibt zu jedem Thema zunächst unterschiedliche Vorschläge, bis ein Slogan wie: „Bessere Bildung: Kein Schreiben nach Gehör“ herauskommt. Wie die SPD setzt auch die CDU auf mehrere Wellen der Plakatierung. Als klassisch gelten drei. Die Grünen setzen wie vor fünf Jahren auf die Agentur „Mainzer Ring“. Anders als damals fehlen Botschaften, bei denen die Betrachter etwas um die Ecke denken müssen. Parteichefin Katharina Binz hatte bei der Vorstellung der Kampagne gesagt, das passe diesmal nicht in die Zeit, die Stimmung sei zu ernst. Agentur-Chef Emanuel Schömer hat dafür die Kampagne entwickelt, die unter dem Arbeitstitel „Komma, Grün“ steht, um Begriffe von der Partei zu besetzen. Etwa „Bildung, Grün“ unter den Schlüsselwörtern „Vor Ort, Gemeinsam, Gebührenfrei“ . Vorgegeben waren Schömer neben den Themen auch zentrale gestalterische Elemente wie das Grün der Grünen und die Schrift, die Schömer als „fast ein wenig Retro-chic“ bezeichnet. Die Linke, die auf Großplakaten den Papst und zuletzt Helmut Kohl zeigen, nutzt die kreativen Köpfe der Agentur DiG in Berlin, die seit der Wiedervereinigung für die Partei arbeitet. Damals hieß die Linke noch PDS und war im Westen noch sehr wenig präsent. Die Serie —In „Wahl spezial“ bisher erschienen: „Schwanger auf Stimmenjagd“ (9. Februar), „Man hat nur so die Macht“ (11. Februar), „Von der Schulbank auf den Abgeordnetensessel“ (17. Februar), „Wahlhilfe aus dem Internet“ (18. Februar), „Einfach nur Richie“ (25. Februar). —Alle RHEINPFALZ-Hintergründe zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: www.rheinpfalz.de/landtagswahl-2016/

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x