Rheinpfalz Ein paar Klatschen

91-81180146.jpg

Mainz. Die Bürde war zugegebenermaßen groß: Im Wahlkreis Südliche Weinstraße hatte der frühere Ministerpräsident Kurt Beck als Direktkandidat stets Traumergebnisse eingefahren: 58,1 Prozent waren es bei der Wahl 2006, dann trotz Schlosshotel- und Nürburgring-Turbulenzen 2011 immerhin noch 53,3 Prozent. Das waren große Fußstapfen für Alexander Schweitzer (42), der als Direktkandidat die Nachfolge Becks antrat. Am Sonntag gewann er zwar das Mandat im Wahlkreis Südliche Weinstraße, aber nur mit vergleichsweise mageren 38,8 Prozent. Seit Ende 2014 ist Schweitzer Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, seit zwei Jahren ist er zudem Chef der pfälzischen SPD. Und die hat bei den Landtagswahlen am Sonntag nicht gut abgeschnitten. Landesweit hat die SPD leicht zugelegt, um 0,5 Prozentpunkte auf 36,2 Prozent. In der Pfalz verlor sie dagegen im Durchschnitt aller Wahlkreise bei den Landesstimmen 2,6 Prozentpunkte. Statt 16 stellt die Pfalz-SPD jetzt nur noch 14 Abgeordnete. Das schmälert den Einfluss in Mainz. Hinter dieser Entwicklung stecken teils Einbußen, die nach deutlichen Klatschen aussehen: In den drei südwestpfälzischen Wahlkreisen Zweibrücken, Pirmasens und Pirmasens-Land sind die Verluste am größten. Das kann man noch regional erklären: Dort sitzt der Frust über die rot-grüne Landesregierung tief, die in den vergangenen Jahren den vierspurigen Ausbau der B 10 ausgebremst hatte und für die der Flughafen Zweibrücken ein Auslaufmodell war. In der Stadt Zweibrücken verlor die SPD sogar 9,9 Prozentpunkte – landesweit das deutlichste Minus für sie bei dieser Wahl. Aber wie kommt es zu den SPD-Verlusten in den anderen Regionen der Pfalz? Unter dem Strich, so sagt Alexander Schweitzer, habe die Pfälzer SPD ihren Teil zum guten Landesergebnis der Sozialdemokraten beigetragen. Allerdings gebe es „Licht und Schatten“, räumt er ein. Positiv bewertet er dabei unter anderem den Gewinn der beiden Wahlkreise in Kaiserslautern und des Wahlkreises Donnersberg. In der Südwestpfalz liege das SPD-Ergebnis deutlich unter dem pfalzweiten Durchschnitt. Der Vorstand der Pfalz-SPD werde den Wahlausgang analysieren, kündigte Schweitzer an. In fünf Jahren müsse es in der Südwestpfalz „wieder anders aussehen“. Eine weitere Auffälligkeit am Wahlergebnis in der Pfalz: Die AfD liegt in allen Wahlkreisen über dem Landesergebnis. Haben die Rechtspopulisten in der Pfalz mehr als sonstwo neben der CDU auch der SPD Wähler abgenommen? Einen solchen Zusammenhang will Schweitzer nicht ausschließen. Der Erfolg der AfD gehe hauptsächlich zulasten der CDU, sei aber auch auf Kosten der SPD erfolgt. Möglicherweise lassen sich die SPD-Verluste in der Pfalz aber auch damit erklären, dass die Genossen dort nicht überall bis zur letzten Minute und bis zum Umfallen gekämpft haben. In Neustadt warf die SPD beispielsweise ein vierseitiges Blättchen in die Briefkästen, das wie eine Schülerzeitung aus den 1960er-Jahren daherkommt. Schon der Titel „Die rote Berta“ klingt ziemlich altmodisch. Auf die Art lassen sich wohl kaum noch Wähler mobilisieren. Dass Malu Dreyer trotz der SPD-Flaute in der Pfalz einen in dieser Höhe zuvor nicht erwarteten Wahlerfolg landen konnte, liegt vor allem an den Ergebnissen in Mainz, Koblenz und Trier sowie in vielen Regionen von Eifel und Hunsrück. Zwischen dem Plus von 10,1 Prozentpunkten im Wahlkreis Mainz I und dem Minus von 7,3 im Wahlkreis Zweibrücken klaffen Welten. Bei keiner anderen Partei liegen bei dieser Landtagswahl Erfolge und Misserfolge an der Basis so weit auseinander. Einer, der zu Malu Dreyers Erfolg kräftig beigetragen hat, ist der Mainzer SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Klomann. In seinem Wahlkreis legte die SPD bei den Landesstimmen jene 10,1 Prozentpunkte zu, die jetzt als Rekordmarke dastehen. Und auch sein eigenes Direktwahlergebnis war Spitze: Nur Malu Dreyer selbst im Wahlkreis Trier (plus 9 Prozentpunkte) und Nico Steinbach im Wahlkreis Bitburg-Prüm (plus 6,6 Prozentpunkte) hatten bei den Wahlkreisstimmen mehr Zuwächse als Klomann (plus 6,5). Der gebürtige Ludwigshafener ackerte im Wahlkampf. Als Ortsvorsteher im Mainzer Ortsbezirk Neustadt hatte er sich eine Basis geschaffen, kennt Menschen und Probleme dort aus dem Effeff. „Nah bei de Leut“ nannte er bezeichnenderweise seine Wahlveranstaltung. In der Pfalz hatte es nur in zwei von 18 Wahlkreisen bei den Landesstimmen Zuwächse für die SPD gegeben: Speyer (plus 0,3) und Bad Dürkheim (plus 2,2). Der im Wahlkreis Bad Dürkheim wiedergewählte Abgeordnete Manfred Geis, einst viele Jahre Geschäftsführer der Pfälzer SPD, rätselt noch über die fast flächendeckenden Einbußen im Süden des Landes: „Ich glaube nicht, dass es ein Pfälzer Thema gibt, an dem man das festmachen kann.“

91-81180148.pdf
Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x