Rheinpfalz Bund will Frischzellen verbieten

MAINZ. Das Bundesgesundheitsministerium will mit einer Verordnung die Herstellung und Anwendung von Frischzellen verbieten. Dies hat eine Sprecherin von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gestern bestätigt.

Die sogenannte Frischzellentherapie ist heftig umstritten. In Rheinland-Pfalz versucht das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSJV) seit mehr als einem Jahr der Privatklinik Villa Medica in Edenkoben zu verbieten, Patienten weiterhin mit tiefgefrorenen Frischzellen zu behandeln. Die Klinik wehrt sich dagegen und hat beim Verwaltungsgericht in Neustadt sowie beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz Teilerfolge erzielt. Beide Instanzen haben dagegen entschieden, dass das Verbot, wie vom Land verfügt, sofort greift. Jetzt liegt der Streit wieder beim Neustadter Verwaltungsgericht. Es muss darüber entscheiden, ob die Frischzellentherapie gesundheitsschädliche Folgen für die Patienten haben kann und deshalb bedenklich im Sinne des Arzneimittelgesetzes ist. Der Präsident des LSJV, Detlef Placzek, sagte gestern, er gehe davon aus, dass das Verbot kommen wird und der Rechtsstreit damit erledigt ist. Die Vorgeschichte: Im August 2014 war in Schafsherden, die beim Neustadter Ortsteil Lachen-Speyerdorf gehalten wurden, das Q-Fieber ausgebrochen. Dabei handelt es sich laut dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) um eine „hochansteckende“ Krankheit, die beim Menschen einen „potenziell schwerwiegenden Verlauf“ nehmen kann. Im Fall Lachen-Speyerdorf infizierten sich nach früheren Behördenangaben etwa drei Dutzend Menschen. Einige von ihnen, darunter auch Nordamerikaner, hatten sich in Edenkoben einer Frischzellen-Therapie unterzogen. Wobei die Zellen von Schafsföten aus den vom Q-Fieber befallenen Herden stammten. Nachdem kanadische und US-Gesundheitsbehörden auf die wahrscheinliche Ursache der Erkrankungen aufmerksam machten, drängte das Mainzer Gesundheitsministerium gegenüber den Therapeuten im Land darauf, nur noch tiefgefrorenes Material zu verwenden. Laut LSJV werden die Zellen durch das Tieffrieren und Wiederauftauen abgetötet. Ende 2015 ging das Landesamt noch einen Schritt weiter und verbot auch die Herstellung und Anwendung der aus Schafsföten gewonnenen „Gefrierzellen“. Begründung: Dabei handele es sich um bedenkliche Arzneimittel. Bei ihnen stünden einem nicht nachweisbaren Nutzen bedeutende Risiken gegenüber. Zu letzteren zählt die Landesbehörde die Übertragung von tierischen Erregern, die „massive immunallergische Reaktionen“ auslösen könnten. In das seit Jahren andauernde Tauziehen um die Frischzellentherapie ist Bewegung gekommen, als das Bundesgesundheitsministerium Ende vergangener Woche zwei Gutachten veröffentlicht hat, die bisher unter Verschluss gehalten wurden. Sowohl das PEI als auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kommen darin zu dem Schluss, der Nutzen der Therapie sei nicht erwiesen, die Risiken der Anwendung hoch. Die Frischzellentherapien seien deshalb bedenklich im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Der Bund will sowohl den Einsatz von Frischzellen als auch von Zellbe-standteilen (xenogene Organextrakte) verbieten. Geplant ist eine Rechtsverordnung, die der Bundesrat absegnen muss. Dies geht aus einem Brief von Gesundheitsstaatssekretär Lutz Stroppe an die Gesundheitsminister der Länder hervor, der der RHEINPFALZ vorliegt. Der Bundesrat hat sich wiederholt für ein Verbot der Frischzellen ausgesprochen. Die Mainzer Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) hat die Ankündigung Gröhes begrüßt. |nob

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